Aus der Wörtersammlung: net

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eine fliege

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india : 6.28 — Eine Flie­ge war unlängst aus gro­ßer Höhe abge­stürzt und vor mir auf den Tisch gefal­len. Die Vor­stel­lung zunächst, das Tier könn­te, noch im Flug befind­lich, aus dem Leben geschie­den sein, dann aber war Bewe­gung im lie­gen­den Kör­per zu erken­nen, zwei der vor­de­ren Flie­gen­bein­chen beweg­ten sich bebend, bald zuck­ten zwei Flü­gel. Die Flie­ge schien benom­men, aber nicht tot gewe­sen zu sein, wes­we­gen sie bald dar­auf erwach­te, eine äußerst schnel­le Bewe­gung und schon hat­te die Flie­ge auf ihren Bei­nen Platz genom­men, das heißt genau­er, auf Fün­fen ihrer sechs Bei­ne Platz genom­men, das lin­ke hin­te­re Bein streck­te die Flie­ge steif von sich. Kei­ne Bewe­gung der Flucht in die­sem Zeit­raum mei­ner Beob­ach­tung. Auch dann, als ich mich mit dem Kopf näher­te, kei­ne Anzei­chen von Beun­ru­hi­gung. Die Flie­ge schien mit sich selbst beschäf­tigt zu sein, tas­te­te mit einem ihrer Hin­ter­bein­chen nach der gestreck­ten Extre­mi­tät, die ver­letzt zu sein schien, gebro­chen, viel­leicht oder gestaucht. Natür­lich stell­te sich sofort die Fra­ge, ob es mög­lich ist, das Bein einer Flie­ge medi­zi­nisch erfolg­reich zu ver­sor­gen, Bewe­gungs­still­stand zu errei­chen, sagen wir, um eine Ope­ra­ti­on zum Bei­spiel, die drin­gend gebo­ten sein könn­te, vor­zu­be­rei­ten. Ich mach­te ein paar Noti­zen von eige­ner Hand, ich notier­te in etwa so: For­schen nach Mikro­skop, Pin­zet­ten, Skal­pel­len, ana­to­mi­schen Auf­zeich­nun­gen, Schrau­ben, Nar­ko­ti­ka und Ver­bands­ma­te­ria­li­en für Ope­ra­ti­on an geöff­ne­ter Cal­li­pho­ra vici­na. Nein, fan­gen wir noch ein­mal von vor­ne an. Unlängst. Eine Flie­ge. — stop
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dair az-zaur

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sier­ra : 7.48 — Das zwan­zigs­te Jahr­hun­dert blickt nie­der auf eine geheim­nis­lo­se Welt. Alle Län­der sind erforscht, die ferns­ten Mee­re zer­pflügt. Land­schaf­ten, die vor einem Men­schen­al­ter noch selig frei im Namen­lo­sen däm­mer­ten, die­nen schon knech­tisch Euro­pas Bedarf, bis zu den Quel­len des Nils, den Lang­ge­such­ten, stre­ben die Damp­fer; die Vik­to­ria­fäl­le, erst vor einem hal­ben Jahr­hun­dert vom ers­ten Euro­pä­er erschaut, mah­len gehor­sam elek­tri­sche Kraft, die letz­te Wild­nis, die Wäl­der des Ama­zo­nas­stro­mes ist gelich­tet, der Gür­tel des ein­zig jung­fräu­li­chen Lan­des, Tibets, gesprengt. Das Wort TERRA INCOGNITA der alten Land­kar­ten und Welt­ku­geln ist von wis­sen­den Hän­den über­zeich­net. – Ste­fan Zweig. In jenen Land­schaf­ten aber Frau­en, Män­ner, Kin­der. Ahnun­gen. Was in der ost­sy­ri­schen Stadt Dair az-Zaur pro­tes­tie­ren­den Men­schen in die­sen Stun­den geschieht, wis­sen wir nicht. – stop
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wintermütze

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kili­man­dscha­ro : 8.55 — Seit Tagen fra­ge ich mich, wel­chen Anblick ich dar­ge­bo­ten haben könn­te, nar­ko­ti­siert, ich, Lou­is, über vier Stun­den Zeit im chir­ur­gi­schen Saal auf einem Tisch. Habe ich gespro­chen? Habe ich mich aus eige­ner Kraft bewegt? Wenn ich sage: Mei­ne schla­fen­den Augen, spre­che ich von Augen, die ich nie gese­hen habe. Kann mich an den Moment des Schla­fens nicht erin­nern, als ob die­ser Moment nie exis­tier­te. Möch­te bald mei­nen, unter Nar­ko­se unsicht­bar gewor­den zu sein. Statt­des­sen war ich sicht­bar, wie ich zuvor nie sicht­bar gewe­sen bin. Mein Ellen­bo­gen, von meh­re­ren Sei­ten her geöff­net, aus­ge­leuch­tet, dar­ge­legt. Einer der Chir­ur­gen, die ope­rier­ten, erzähl­te, man habe, sobald Kap­sel, Bän­der, Mus­keln, Seh­nen sor­tiert und genäht wor­den waren, alle übli­chen Bewe­gun­gen eines Ellen­bo­gen­ge­lenks erfolg­reich aus­pro­biert, ich sol­le mir kei­ne Gedan­ken machen, ich kön­ne bald wie­der schrei­ben von Hand, essen, mei­ne Win­ter­müt­ze auf­set­zen. Im Janu­ar spä­tes­tens das beid­hän­di­ge Wer­fen schwe­rer Kof­fer üben. — stop

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PRÄPARIERSAAL : cerebum

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nord­pol : 8.02 — TONAUFNAHME / Mai 2005 — Yomo : Als wir das Gehirn ent­nah­men, haben wir uns zunächst kei­ne Gedan­ken dar­über gemacht, was für ein fas­zi­nie­ren­des Teil des mensch­li­chen Kör­pers wir gera­de in der Hand hiel­ten. Wir hat­ten das näm­lich so ver­stan­den, dass die Stu­die­ren­den das Gehirn selbst ent­neh­men dür­fen und wir haben das dann auch gemacht. Aber bald haben wir fest­ge­stellt, dass die Assis­ten­ten, nicht die Stu­die­ren­den, das an den ande­ren Tischen mach­ten. Wir hat­ten bei der Ent­nah­me einen Feh­ler gemacht und das Gehirn an der fal­schen Stel­le durch­trennt. Wir waren sofort damit beschäf­tigt, zu über­le­gen, was wir jetzt machen sol­len, um kei­nen Ärger zu bekom­men. Wir haben des­halb in die­ser Situa­ti­on nicht so sehr an das Gehirn gedacht. Zum Glück kam dann aber eine net­te Assis­ten­tin und hat das Gehirn voll­stän­dig ent­nom­men, ohne uns wei­ter Vor­wür­fe zu machen. Sie fand unse­re Art der Ent­nah­me fast noch bes­ser als die vor­ge­ge­be­ne Metho­de, da man vie­le Struk­tu­ren sehen konn­te, die wir anders nicht gese­hen hät­ten. Wir waren auf jeden Fall ziem­lich froh, dass wir kei­nen Ärger bekom­men haben. Ich habe erst etwas spä­ter ein beson­de­res Gefühl gespürt, als ich das Gehirn in den Hän­den hat­te. Viel­leicht lag das auch dar­an, dass wir uns am Anfang auch noch gar nicht so genau mit dem Gehirn aus­kann­ten. Ein paar Din­ge über das Gehirn wuss­te ich zwar schon aus der Schu­le, aber wie genau es auf­ge­baut ist, aus wie vie­len Struk­tu­ren das Gehirn besteht und was man alles an einem Gehirn sehen kann, das habe ich erst in der Ana­to­mie gelernt. So wur­de das Gehirn im Lauf Zeit zu einem immer inter­es­san­te­ren und fas­zi­nie­ren­de­ren Kör­per­teil für mich. An dem Tag, als wir die Sul­ci mit bun­ten Fäden aus­le­gen soll­ten, hat­te ich das Gehirn dann län­ger in der Hand. Das ist jener Tag, an den ich mich beson­ders inten­siv erin­nern kann, da ich ein beson­de­res Gefühl hat­te, als ich das Gehirn in der Hand gehal­ten habe. Ich war ein wenig glück­lich und stolz auch, denn wer hat schon die Mög­lich­keit ein Gehirn in der Hand zu hal­ten. Für mich war kaum vor­stell­bar, dass die­se Struk­tur in mei­ner Hand ein­mal so vie­le und wich­ti­ge Auf­ga­ben erfüllt hatte.

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vorwinterzeit : beobachtung in der warenwelt

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india: 12.05 — Ein wesent­li­ches Merk­mal, das in der Waren­welt eine ver­kau­fen­de Per­son von einer ein­kau­fen­den Per­son unter­schei­det, scheint die Art und Wei­se zu sein, mit Stof­fen, zum Bei­spiel, mit Win­ter­pull­overn umzu­ge­hen. Die einen, jene, die hin­zu­ge­tre­ten sind, weil sie sich, in Ahnung des Win­ters, einen Pull­over wünsch­ten, ent­fal­ten und ver­rü­cken, was ande­re, jene, die schon da gewe­sen sind, weil sie hier arbei­ten, geord­net, das heißt, gefal­tet haben und getürmt. Weil zwi­schen die­sen sich offen­sicht­lich ent­ge­gen­wir­ken­den Per­so­nen­grup­pen ein Gefäl­le besteht, [die einen sind zahl­reich, die ande­ren nicht], han­delt es sich sowohl bei der Fal­tung, als auch bei der Sor­tie­rung der Ware nach Grö­ße, um einen sehr ernst zu neh­men­den und zeit­auf­wen­di­gen Vor­gang. Aus die­sem Grund ins­be­son­de­re scheint der Zustand der fal­tend sor­tie­ren­den Per­so­nen ein sta­tio­nä­rer Zustand zu sein, wäh­rend jene ande­ren ent­fal­ten­den Per­so­nen, Unord­nung sozu­sa­gen im Vor­über­kom­men pro­du­zie­ren. Die­ser gera­de eben erwähn­te Pro­duk­ti­ons­vor­gang ist nun genau genom­men ein Akt der Zer­stö­rung oder aber beschleu­nig­ter Entro­pie. Zer­stört wird, was vor­aus­ge­setzt, was erwar­tet ist, Über­sicht­lich­keit, sagen wir, Bere­chen­bar­keit und Kon­zen­tra­ti­on. Alle roten Pull­over, Kasch­mir­wol­le, lie­gen süd­lich syn­the­ti­scher Model­le von blau­er Far­be auf dem Aus­la­ge­tisch. Weil die einen im Vor­über­ge­hen zer­stö­ren, was die ande­ren mit Lie­be oder pflicht­ge­mäß errich­tet haben, sind letz­te­re weder glück­lich noch zufrie­den, übli­cher­wei­se viel­mehr von einer vor­aus­ah­nen­den Mor­gen­wut oder von einem gut ver­ständ­li­chen Abend­zorn besetzt. — stop

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coleoptera rasura

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tan­go : 10.12 — Eine zier­li­che Frau von hohem Alter. Sie schob einen Roll­wa­gen vor sich her, auf dem zwei Kof­fer ruh­ten. Ele­gan­te Klei­dung, sand­far­ben, leich­te Som­mer­schu­he, links in der Hand eine Tasche von gel­bem Leder, der ein Kabel ent­kam, das ein paar Kopf­hö­rer und ein Mikro­fon mit einem Tele­fon ver­band. Das Tele­fon war nicht sicht­bar gewe­sen, aber die Frau sprach in das Mikro­fon, das sich in der Nähe ihres Mun­des befand, als wür­de sie tele­fo­nie­ren. Hin und wie­der blieb sie ste­hen, ihre wei­ßen Hän­de flat­tern dann in der Luft her­um, als woll­te sie zur Unter­stüt­zung ihrer Zun­ge mit Fin­gern arti­ku­lie­ren. Ich ver­such­te, sie anzu­spre­chen, zu grü­ßen, ihr nahe­zu­kom­men, um hören zu kön­nen, in wel­cher Spra­che sie kor­re­spon­dier­te. Ich sage Euch, sie flüs­ter­te unbe­kann­te Wör­ter. Ein­mal öff­ne­te sie einen ihrer Kof­fer. Sie gab mir ein Zei­chen, ich knie­te nie­der. In dem Kof­fer hock­ten Käfer in Fächern, zwei Käfer je in einem Fach. Ihre Kör­per waren von der Far­be und Zeich­nung der Bruyè­re­höl­zer gewe­sen, und sie brumm­ten, viel­leicht des­halb, weil an der Stel­le, da sich übli­cher­wei­se Käfer­zan­gen befin­den, knö­cher­ne Trom­meln in rasen­der Geschwin­dig­keit rotier­ten. Gegen Vier­tel nach zwei Uhr erwacht. Wol­ken­lo­ser Him­mel, Ster­ne, eis­kal­te Luft nahe der Ber­ge über dem Dach. — stop

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anweisung im umgang mit dienstweihnachtsbäumen

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~ : louis
to : dai­sy und vio­let hilton
sub­ject : WEIHNACHTSBÄUME

Soll­te ich fol­gen­de amt­li­che Anwei­sun­gen im Umgang mit Dienst­weih­nachts­bäu­men bereits ein­mal über­mit­telt haben, ver­zeiht mir bit­te. Ich bin in die­sen Tagen ein wenig ver­gess­lich, viel­leicht des­halb, weil ich lan­ge schla­fe, weil Okto­ber gewor­den ist, eine Art vor­win­ter­li­che Traum­zeit, die weit in die Tage her­über leuch­tet. Hier nun eini­ge Sät­ze, die der Wirk­lich­keit ent­nom­men sind, zur rei­nen Freu­de. Es han­delt sich, das ist denk­bar, um eine neu­ar­ti­ge Gat­tung feins­ter Lite­ra­tur. Ahoi. Euer Lou­is ~ > Arbeits­or­ga­nia­ti­ons­richt­li­ni­en über die Hand­ha­bung und Ver­wen­dung von Nadel­bäu­men klei­ne­ren und mitt­le­ren Wuch­ses, die in Dienst­räu­men Ver­wen­dung als Dienst­weih­nachts­bäu­me fin­den. ~ Begriff: Ein Dienst­weih­nachts­baum (DWB) ist ein Weih­nachts­baum natür­li­chen Ursprungs oder einem natür­li­chen Weih­nachts­baum nach­ge­bil­de­ter Weih­nachts­baum, der zur Weih­nachts­zeit in Dienst­räu­men auf­ge­stellt wird. ~ Auf­stel­len der Weih­nachts­bäu­me: Ein Dienst­weih­nachts­baum (DWB) darf nur von sach­kun­di­gen Per­so­nen nach Anwei­sung des unmit­tel­ba­ren Vor­ge­setz­ten auf­ge­stellt wer­den. Die­ser hat dar­auf zu ach­ten, dass 1. der DWB (Dienst­weih­nachts­baum) mit sei­nem unte­ren der Spit­ze ent­ge­gen gesetz­ten Ende in einen zur Auf­nah­me von Bau­men­den geeig­ne­ten Hal­ter ein­ge­bracht und befes­tigt wird, 2. der DWB in der Hal­te­vor­rich­tung der­art ver­keilt wird, dass er senk­recht steht (in schwie­ri­gen Fäl­len ist ein Offi­zier hin­zu­zu­zie­hen, der die Senk­recht­stel­lung über­wacht. bzw. durch Zuru­fe wie “mehr links”, “mehr rechts” usw. kor­ri­giert), 3. im Umfall­be­reich des DWB kei­ne zer­brech­li­chen oder durch umfal­len­de DWB in ihrer Funk­ti­on zu beein­träch­ti­gen­de Anla­gen vor­han­den sind. ~ Behan­deln der Beleuch­tung: Der DWB ist mit weih­nacht­li­chem Behang nach Maß­ga­be des Dienst­stel­len­lei­ters zu ver­se­hen. Weih­nachts­baum­be­leuch­tung, deren Flam­men­wir­kung auf dem Ver­bren­nen eines Brenn­stof­fes mit Flam­men­wir­kung beruht (soge­nann­te Ker­zen), dür­fen nur Ver­wen­dung fin­den, wenn 1. die Bediens­te­ten über die Gefah­ren von Feu­ers­brüns­ten hin­rei­chend unter­rich­tet sind, 2. wäh­rend der Brenn­zeit der Beleuch­tungs­kör­per ein in der Feu­er­be­kämp­fung unter­wie­se­ner Sol­dat mit Feu­er­lö­scher und Feu­er­pat­sche bereit­steht. ~ Auf­füh­ren von Krip­pen­spie­len und Absin­gen von Weih­nachts­lie­dern: In Dienst­stel­len mit aus­rei­chen­dem Per­so­nal kön­nen Krip­pen­spie­le unter Lei­tung eines erfah­re­nen Vor­ge­setz­ten zur Auf­füh­rung gelan­gen. In der Beset­zung sind fol­gen­de in der Per­so­nal­pla­nung vor­zu­se­hen­de Per­so­nen not­wen­dig: 1. Maria: mög­lichst weib­li­che Bediens­te­te, 2. Josef: län­ger die­nen­der Sol­dat mit Bart, 3. Kind: klein­wüch­si­ger Sol­dat, 4. Esel: geeig­ne­ter Sol­dat, 5. Och­se: wie vor. Die Dar­stel­lung der Hei­li­gen Drei Köni­ge soll­te mög­lichst durch Gene­ral­stabs­of­fi­zie­re, min­des­tens jedoch durch Stabs­of­fi­zie­re erfol­gen. Zum Absin­gen von Weih­nachts­lie­dern stel­len sich die Sol­da­ten unter Anlei­tung eines Vor­ge­setz­ten ganz zwang­los nach Dienst­gra­den geord­net um den DWB auf. Even­tu­ell bei der Dienst­stel­le vor­han­de­ne Weih­nachts­ge­schen­ke kön­nen bei die­ser Gele­gen­heit durch einen Vor­ge­setz­ten in Gestalt eines Weih­nachts­man­nes an die Unter­ge­be­nen ver­teilt wer­den. — stop

gesen­det am
17.10.2011
12.05 MESZ
3082 zeichen

lou­is to dai­sy and violet »

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apfelbaumgalaxie

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char­lie : 8.55 — Berg­schat­ten­licht am frü­hen Mor­gen. Im Gar­ten, im Geäst schrul­li­ger Apfel­bäu­me, schim­mern­de Spinn­web­net­ze wie Gala­xien. Wie­der an Julio Cor­ta­zar gedacht, an Sät­ze, die der Schrift­stel­ler über das Vor­kom­men der Trep­pen­sub­stan­zen notier­te. Die­sen zum Bei­spiel: Jeder­mann wird schon ein­mal beob­ach­tet haben, dass sich der Boden häu­fig fal­tet, der­ge­stalt, dass ein Teil im rech­ten Win­kel zur Boden­ebe­ne ansteigt und der dar­auf fol­gen­de Teil sich par­al­lel zu die­ser Ebe­ne befin­det, um einer neu­en Senk­rech­te Platz zu machen. Oder jenen: Trep­pen steigt man von vorn, da sie sich von hin­ten oder von der Sei­te her als außer­or­dent­lich unbe­quem erwei­sen. — stop

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naturbeobachtung

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india : 8.12 — Sagen wir so, sagen wir: Savan­ne. Sagen wir: Abend. Sagen wir: vor­schrift­li­che Zeit. Dort – zwei Män­ner. Der eine der bei­den Män­ner liegt auf dem Rücken. Die­ser Mann, von Staub bedeckt, – ein toter Mann. Sein Bauch ist geöff­net. Viel­leicht ist der Mann gestürzt, viel­leicht wur­de der Mann von einem Raub­tier ange­fal­len. Der zwei­te vor­ge­stell­te Mann kniet vor dem Toten und betrach­tet die Wun­de. Nun zieht die­ser Mann sei­ne Waf­fe und hebt einen Lap­pen Haut zur Sei­te. Er setzt das Werk­zeug in der Wun­de an und schnei­det so lan­ge in die Mus­ku­la­tur des Bau­ches, bis die Bauch­höh­le des Toten offen liegt. Eine Ges­te der Unter­su­chung, eine Ges­te des Ein­drin­gens, der Inva­si­on, eine vor­sich­ti­ge Bewe­gung ohne ein bestimm­tes Ziel. Da ist der Wunsch, Tie­fe zu gewin­nen, Unsicht­ba­res, Ver­deck­tes, Unbe­kann­tes sicht­bar zu machen. Viel­leicht wird sich die­ser Mann zunächst von dem Toten ent­fer­nen, viel­leicht des­halb, weil eine wei­te­re Raub­kat­ze sich nähert. Viel­leicht wird der Mann, aus der Erin­ne­rung her­aus, den Umriss eines Man­nes, der tot ist, in eine Fels­wand rit­zen. Viel­leicht wird er in die­sen Umriss eines Man­nes, der steht oder liegt, die Form eines Organs ein­tra­gen, – genaue Lage, exak­te Grö­ße. Die Abbil­dung eines Organs, für des­sen Exis­tenz zum Zeit­punkt der Ent­ste­hung weder ein Zei­chen noch ein Begriff erfun­den wur­de. — stop



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