MENSCHEN IN GEFAHR: „Zwei Mitglieder der presbyterianischen Kirche im Südsudan, Reverend Yat Michael und Reverend Peter Yen, sind am 1. März auf der Grundlage des sudanesischen Strafgesetzbuchs in acht Punkten unter Anklage gestellt worden. Zwei der ihnen zur Last gelegten Straftaten können die Todesstrafe nach sich ziehen. Reverend Yat Michael und Reverend Peter Yen waren am 21. Dezember 2014 bzw. am 11. Januar 2015 vom sudanesischen Geheimdienst (NISS) festgenommen worden und wurden bis zum 2. März 2015 ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Sie wurden am 1. März auf der Grundlage des Strafgesetzbuchs von 1991 unter Anklage gestellt. Die ihnen zur Last gelegten Straftaten sind “gemeinsame Handlungen zur Planung einer kriminellen Handlung”, “Unterwanderung der verfassungsmäßigen Ordnung”, “Krieg gegen den Staat”, “Spionage gegen das Land”, “Enthüllung und Erhalt von Informationen und offiziellen Dokumenten”, “Schüren von Hass zwischen religiösen Gruppen”, “Störung des öffentlichen Friedens” und “Beleidigung von religiösen Überzeugungen”. Auf der Grundlage des sudanesischen Strafgesetzbuchs können die Straftatbestände “Krieg gegen den Staat” und “Untergrabung der verfassungsmäßigen Ordnung” mit der Todesstrafe geahndet werden, während die übrigen sechs Straftatbestände eine Prügelstrafe nach sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass die beiden Geistlichen wegen ihrer religiösen Überzeugungen festgenommen und angeklagt wurden. Der NISS hielt die Gefangenen bis zum 2. März ohne Kontakt zur Außenwelt fest. An diesem Tag wurden sie ins Gefängnis Kober in Khartum verlegt, und man gestattete ihnen erste Familienbesuche.Reverend Yat Michael und Reverend Peter Yen traten am 28. und 29. März zwei Tage in den Hungerstreik, um gegen ihre fortgesetzte Inhaftierung und die Verweigerung des Zugangs zu Rechtsbeiständen zu protestieren. Sie werden derzeit von einem pro bono tätigen Anwaltsteam vertreten. Am 19. und am 31. Mai haben bereits Anhörungen im Fall der beiden Geistlichen stattgefunden. Am 15. Juni soll ihre Verfahren fortgesetzt werden. Amnesty International betrachtet Reverend Yat Michael und Reverend Peter Yen als gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung festgenommen, inhaftiert und angeklagt wurden.” — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 21. Juli hinaus, unter »> ai : urgent action
Aus der Wörtersammlung: anis
am radio
zoulou : 0.08 — Als ich das Radio einschaltete, hörte ich, bei Ryanair, einer Fluggesellschaft, sollen die Stückkosten, demzufolge die Kosten je transportierten Passagiers, erneut dramatisch gesunken sein. Weiterhin würden in einem Land des Fernen Ostens bald Züge über das Land rasen, die stets sehr pünktlich sein werden, da sie auch von sich selbst mordenden Menschen niemals aufzuhalten sind, sie fahren immer weiter und weiter zu. Auf der ersten Seite einer spanischen Provinzzeitung sei ein leichtgewichtiger Hund zu sehen, der im Moment seiner Aufnahme von einer Elektrodrohne über ein Hausdach befördert wurde. Die Zahl der hungernden Menschen auf dieser Welt würde im kommenden Jahr erfreulicherweise um 10 Millionen auf unter 800 Millionen Menschen sinken. Das war gestern. — stop
winterherz
alpha : 6.52 — Nehmen wir einmal an, es existierten Menschen, die je über ein schlagendes, also ein aktives Herz verfügen und außerdem über ein wartendes Herz, das ganz still im Brustkorb liegt, klein, gefaltet, ein Altersherz oder ein Winterherz. Von dieser Vorstellung wollte ich in der vergangenen Nacht einem kleinen Mann iranischer Herkunft erzählen. Aber kaum hatte ich Luft geholt und meinen ersten Satz zu Ende gesprochen, begann der kleine Mann seinerseits eine Geschichte zu erzählen. Er sagte, er habe Merkwürdiges erlebt, das Festnetztelefon seiner Wohnung sei gestört gewesen, er habe deshalb die Telefongesellschaft über sein Mobiltelefon angerufen. Eine weibliche Stimme habe sich bald gemeldet, die sich sehr freundlich mit ihm unterhalten habe in der Art und Weise, dass sie Fragen stellte. Sie fragte zum Beispiel: Könnten Sie bitte Ihr Problem genau beschreiben. Oder sie erkundigte sich, ob seine Internetverbindung noch funktionieren würde, ob sein Telefon über ausreichende Stromversorgung verfüge, wie lange Zeit er in etwa nicht mit seinem Telefon telefoniert habe. Das Gespräch dauerte, so erzählte der kleine Mann, einige Minuten, bis er bemerkte, dass tatsächlich eine Maschinenstimme zu ihm sprach. Weitere drei Minuten verstrichen, dann habe er sich vorsichtig erkundigt, ob er mit einem menschlichen Wesen der Telefonzentrale verbunden werden könnte. In diesem Moment brach das Programm die Unterhaltung ab. Es wurde still am Telefon, keine Fragen, keine Antworten, kurz darauf war ein Pfeifen zu hören. Und das soll nun einer am frühen Morgen noch verstehen. Der Himmel leicht bewölkt. — stop
vor neufundland 1.16.28 uhr : kirschblüten
zoulou : 0.08 — Die Nachricht, ein afrikanischer Mann von der Elfenbeinküste habe bereits am vergangenen Mittwoch seinen 8 Jahre alten Sohn in einem Rollkoffer über die marokkanisch – spanische Grenze nach Europa transferiert. Das Kind wurde während einer Kofferdurchleuchtung lebend entdeckt, sein Vater festgenommen. Ich erinnere mich, vor zwanzig Jahren einmal beobachtet zu haben, wie am Zentralbahnhof ein Kind in ein Gepäckschließfach kletterte, eine Frau, vielleicht die Mutter des Kindes, klappte die Tür des Schließfaches zu, wartete einige Sekunden, dann öffnete sie die Tür wieder und das Kind kletterte aus dem Fach. Das Kind lachte. — Meldung von Noe aus 805 Fuß Meerestiefe vor Neufundland. ANFANG 01.14.02 | | | > s t o p habe das wort sommerzeit notiert. s t o p kurz darauf eingeschlafen. s t o p als ich erwache liegt meine hand noch auf der tastatur der maschine. s t o p ein gelber fisch. s t o p behutsam. s t o p als ob er mit meinem handschuh sprechen wollte. s t o p werde bald ohne luft sein. s t o p das ist denkbar, s t o p ohne erinnerung. h u n t i n g r e d f i s h f r o m a b o v e. s t o p planlos. s t o p ein lautloses ende. s t o p der duft der kirschblüten. s t o p von einem atemzug zum anderen. s t o p stark. s t o p süß. s t o p vielleicht flieder? t w o y e l l o w f i s h e s l e f t h a n d. s t o p | | | ENDE 01.16.28
ai : SUDAN
MENSCH IN GEFAHR: „Sandara Farouq Kadouda wurde am 12. April vermutlich von Angehörigen des sudanesischen Geheimdienstes entführt. Der Verbleib der Ärztin und zweifachen Mutter ist unbekannt. Sandara Farouq Kadouda war am 12. April zu einer Veranstaltung in Omdurman unterwegs, die von der politischen Opposition in den Räumlichkeiten der National Umma Party organisiert worden war. Kurz nach 17.00 Uhr wurde ihr Wagen von einigen Männern in Zivilkleidung angehalten, die allem Anschein nach Angehörige des Geheimdienstes (National Intelligence Security Service — NISS) waren. Die Männer nahmen ihr das Handy ab, als sie gerade mit einer Freundin telefonierte. Diese hörte laute Stimmen, als Sandara Farouq Kadouda jemanden nach seinem Ausweis fragte. Kurz darauf wurde das Handy abgestellt. Der Wagen von Sandara Farouq Kadouda wurde 30 Minuten später an der Straße gefunden, er war verlassen und die Schlüssel steckten noch. Die Familie von Sandara Farouq Kadouda zeigte den Vorfall bei der Polizei und dem NISS an. Bisher weigern sich die Behörden jedoch, Informationen über ihren Verbleib und ihren Gesundheitszustand preiszugeben. Sandara Farouq Kadouda hat keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihrer Familie. Sie leidet an chronischer Unterzuckerung und muss daher einen speziellen Ernährungsplan einhalten und täglich Medikamente einnehmen. Allerdings ist unklar, ob sie Zugang zu der benötigten medizinischen Versorgung hat. Sie ist zudem in Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 25. Mai hinaus, unter »> ai : urgent action
ai : KONGO
MENSCHEN IN GEFAHR: „Zahlreiche Menschenrechtsverteidiger werden in der Demokratischen Republik Kongo seit dem 15. März ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Sie hatten im Eloko-Makasi-Jugendzentrum in der Hauptstadt Kinshasa eine Pressekonferenz gegeben, die von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst wurde. / Am 15. März stürmten Sicherheitskräfte eine Pressekonferenz im Eloko-Makasi Jugendzentrum in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Sie nahmen etwa 30 Personen fest, darunter Mitglieder der kongolesischen Jugendorganisation Lutte pour le Changement (LUCHA), der senegalesischen Bewegung Y’en a Marre, der burkinischen Gruppe Balai Citoyen, sowie einen US-amerikanischen Diplomaten und anwesende Journalist_innen. Die Pressekonferenz wurde im Anschluss an einen Workshop über die Beteiligung von Jugendlichen an politischen Prozessen im Vorfeld der anstehenden Wahlen im Land abgehalten. Veranstalter waren die örtlichen NGOs la Jeunesse pour une Nouvelle Société (JNS), le Forum National de la Jeunesse pour l’Excellence (FNJE) und Lutte pour le Changement (LUCHA). / Amnesty International liegen Informationen darüber vor, dass einige Personen während der Festnahme von den Sicherheitskräften misshandelt wurden. Ein Augenzeuge berichtete, dass Personen von den Sicherheitskräften schikaniert und grob behandelt wurden, bevor man sie an unbekannte Orte verbrachte. Der US-amerikanische Diplomat und die ausländischen Journalist_innen wurden noch am selben Tag wieder freigelassen, die senegalesischen und burkinischen Aktivist_innen wurden ausgewiesen. Weitere kongolesische Menschenrechtler_innen befinden sich nach wie vor ohne Kontakt zur Außenwelt an unbekannten Orten in Haft. Ihnen drohen Folter und andere Misshandlungen. / Amnesty International sieht diese Angriffe auf die Meinungs‑, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit mit großer Sorge.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 4. Mai hinaus, unter »> ai : urgent action
masuleh
nordpol : 15.08 — Folgende E‑Mail, die ein Mann namens Lorenz geschrieben haben könnte, erreichte mich in der vergangenen Nacht um 2.07.15 Uhr: fd gmzinliqj ceyojii dy intiai laimisuuv tiehurehn dw. Ich wunderte mich, weil ich Lorenz nicht kenne. Weder war ein Link zu finden, noch konnte ein Übersetzungsprogramm den Text erschließen. Auch mittels der fehlenden Zeichen im Text, die für einen kompletten Datensatz unseres Alphabetes unverzichtbar wären, ließ sich keine verständliche Nachricht entziffern: b k p x. Sobald ich Lorenz antwortete, erhielt ich den Hinweis, mein Schreiben sei nicht zustellbar. Denkbar ist, dass ich einen verschlüsselten Text empfangen habe, oder einen Brief ohne jeden Sinn, ein Partikel vom Hintergrundrauschen, das zunehmen, das immer lauter werden könnte. — An alten, hölzernen Türen der iranischen Stadt Masuleh sollen je zwei Türklopfer befestigt sein, einer für männliche, der andere für weibliche Menschen. — stop
ai : IRAN
MENSCH IN GEFAHR: „Die gewaltlose politische Gefangene Atena Farghadani befindet sich seit dem 9. Februar im Iran im Hungerstreik, um gegen ihre Haft zu protestieren. Nun schwebt sie in Lebensgefahr. Die Künstlerin befindet sich wegen ihrer friedlichen Aktivitäten in Haft, unter anderem hatte sie in einer Karikatur Parlamentsabgeordnete kritisiert. Die iranische Malerin Atena Farghadani trat am 9. Februar in einen Hungerstreik. Sie nahm fortan nur noch Wasser, jedoch keine Nahrung mehr zu sich. Hiermit will sie gegen die Fortdauer ihrer Haft im Gharchak-Gefängnis in der Stadt Varamin protestieren, in dem es keinen Trakt für politische Gefangene gibt und in dem die Haftbedingungen äußerst schlecht sind. Am 25. Februar gab ihr Rechtsbeistand an, dass Atena Farghadani als Folge ihres Hungerstreiks einen Herzinfarkt erlitten und kurzzeitig das Bewusstsein verloren habe. Sie gab an, ihren Hungerstreik solange nicht zu beenden, bis die Behörden ihrem Antrag nachkommen, sie in das Evin-Gefängnis in Teheran zu verlegen. Am 26. Februar wurde sie in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses gebracht. Atena Farghadani wurde zum ersten Mal am 23. August 2014 wegen ihrer friedlichen Aktivitäten festgenommen. Sie hatte Familien von politischen Gefangenen besucht und in einer Karikatur Parlamentsabgeordnete kritisiert, die einen Gesetzentwurf eingebracht hatten, der freiwillig durchgeführte Sterilisationen unter Strafe gestellt hätte und der Teil eines groß angelegten Plans ist, den Zugang zu Verhütungsmitteln und Dienstleistungen bezüglich der Familienplanung zu beschränken. Sie wurde fast zwei Monate lang im Trakt 2A des Evin-Gefängnisses festgehalten, davon 15 Tage in Einzelhaft. Zu ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand durfte sie keinen Kontakt aufnehmen. Am 6. November 2014 wurde sie gegen Zahlung einer Kaution freigelassen. Ihre neuerliche Festnahme am 10. Januar erfolgte nach der Vorladung eines Revolutionsgerichts, möglicherweise als Vergeltungsmaßnahme für ein Video, das sie nach ihrer Haftentlassung veröffentlicht und in dem sie erklärt hatte, wie Gefängnisaufseherinnen sie geschlagen und erniedrigenden Leibesvisitationen unterzogen sowie anderen Misshandlungen ausgesetzt hatten. Ihre Eltern gaben in Interviews an, dass Atena Farghadani vor ihrer Überführung ins Gharchak-Gefängnis noch im Gerichtssaal geschlagen wurde. Die Anklagen gegen sie lauteten auf “Verbreitung von Propaganda gegen das System”, “Beleidigung von Parlamentsabgeordneten durch Zeichnungen” und “Beleidigung des Religionsführers.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und bis spätestens 10. April, unter »> ai : urgent action
rose
sierra : 18.15 — In einem schattigen Laden nahe der Roosevelt Island Tramway Basisstation West wartete ein alter Mann hinter einem Tresen. Er war vermutlich amerikanischer Staatsbürger, aber eher chinesischen Ursprungs. Als ich von dem kleinen Park her, dessen Lindenbäume Kühle spendeten, in den Laden trat, verbeugte sich der Mann, grüsste, er kannte mich bereits, wusste, dass ich mich für Schnecken interessiere, für Wasserschnecken präzise, auch für wandernde Seeanemonenbäume, und für Pralinen, die unter der Wasseroberfläche, also im Wasser, hübsch anzusehen sind, schwebende Versuchungen, ohne sich je von selbst aufzulösen. An diesem heißen Sommerabend kamen wir sofort ins Gespräch. Ich erzählte dem alten Mann, ich würde nach einem besonderen Geschenk suchen für ein Kiemenmädchen namens Rose. Sie sei zehn Jahre alt und nicht sehr glücklich, da sie schon lange Zeit den Wunsch verspürte, wie andere Kinder ihres Alters zur Schule zu gehen, leibhaftig am Unterricht teilzunehmen, nicht über einen Bildschirm mit einem fernen Klassenraum verbunden. Ich glaube, ich war genau zu dem richtigen Zeitpunkt in den Laden gekommen, denn der alte, chinesisch wirkende Mann, freute sich. Er machte einen hellen, pfeifenden Ton, verschwand in seinen Magazinen, um kurz darauf eine Reihe von Spieldosen auf den Tresen abzustellen. Das waren Walzen- und Lochplattenspieldosen mit Kurbelwerken, die der Ladung einer Federspannung dienten. Vor einer Stunde geliefert, sagte der alte Mann, sie machen schauerlich schöne Geräusche im Wasser! Man könne, setzte er hinzu, sofern man sich in dem selben Wasser der Spieldosen befände, die feinen Stöße ihrer mechanischen Werke überall auf dem Körper spüren. Bald legte er eine der Dosen in ein Aquarium ab, in welchem Zwergseerosen siedelten. Kurz darauf fuhr ich mit der Tram nach Roosevelt Island rüber. Das Musikwerk, Benny Goodman, das ich für Rose erstanden hatte, war in das Gehäuse einer Jakobsmuschel versenkt. Die Schnecke lebte, weswegen ich tropfte, weil der Beutel, in dem ich Roses Geschenk transportierte, über eine undichte Stelle verfügte. Gegen Mitternacht, ich war gerade eingeschlafen, öffnete tief in meinem rechten Ohr knisternd eine Zwergseerose ihre Blüte. — stop
simon
sierra : 10.15 — Ich hörte, gestern sei in der Nähe meines Hauses am Rand der Straße in einem Vorgarten ein Mann afrikanischer Herkunft erfroren. Von einem meiner Fenster aus kann ich die Stelle sehen, wo der junge Mann sich in seinen Schlafsack gelegt haben soll. Am Abend zuvor habe er noch gelebt, das erzählte ein Bekannter, er habe dem Liegenden ein paar Münzen neben die Hände gelegt, auf welchen der Kopf des afrikanischen Mannes ruhte. Er habe gesagte, ihm sei kalt, das war um kurz vor zehn Uhr bei minus 4 Grad Celsius gewesen. Vielleicht waren diese Worte die letzten, die der junge Mann zu einem weiteren menschlichen Wesen sagte. Morgens Blaulicht. Ich erinnere mich, zwei Stunden später der Anruf meines Bekannten, der sehr aufgeregt gewesen war. Er sagte, er habe noch mit sich selbst gesprochen, es habe gesagt, die Nacht sei eigentlich viel zu kalt, um im Freien auf dem Boden zu schlafen. Morgens sei er auf die Straße geeilt, ein Polizist habe in diesem Moment nach den Papieren des jungen Mannes gesucht, ein Arzt wartete etwas abseits. Der leblose Körper, wenn man ihn bewegte, sei merkwürdig in seinem Verhalten gewesen. Kurz darauf habe der Polizist einen Namen gesagt, nur einen Vornamen, er sagte: Das ist Simon. — Nachmittag. Ich kann die Stelle von einem meiner Fenster aus erkennen, wo Simon in einem Vorgarten erfroren ist. — stop