Aus der Wörtersammlung: batterie

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lichtpelze

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del­ta

~ : louis
to : dai­sy und vio­let hilton
sub­ject : LICHTPELZE

Ich habe Euch, lie­be Dai­sy, lie­be Vio­let, fol­gen­des zu berich­ten. Es schneit heu­te Nacht, weil es schnei­en muss. Licht­pel­ze, kaum Wind, sie schau­keln an mei­nem Fens­ter aus dem Nebel­dun­kel kom­mend vor­bei. Ich glau­be, ich habe Euch schon erzählt, dass ich mir vor Wochen eine klei­ne Maschi­ne vor­ge­stellt habe, die flie­gen kann. Die­se vor­ge­stell­te Maschi­ne ist nun eine tat­säch­lich sehr klei­ne Maschi­ne gewor­den, nicht grö­ßer als eine Mur­mel in Kin­der­hand. Zar­tes­te Räd­chen und Schrau­ben und Gewin­de sind in ihrem Innern zu fin­den, Bat­te­rien von der Grö­ße eines Berg­schne­cken­her­zens wei­ter­hin, sowie eine äußerst fili­gra­ne Funk­an­ten­ne, ein Lin­sen­au­ge und Mikro­fo­ne oder Ohren, die in der Nähe des Auges der­art mon­tiert wor­den sind, dass sie in der Lage sein könn­ten, Geräu­sche auf­zu­zeich­nen. In weni­gen Minu­ten, wenn ich mei­nen Brief an Euch auf­ge­ge­ben haben wer­de, soll­tet Ihr mir zuse­hen, wie ich das Fens­ter öff­nen und mein flie­gen­des Auge auf sei­ne ers­te Rei­se schi­cken wer­de. Ich habe mir einen Flug süd­wärts vor­ge­nom­men. Zunächst abwärts 24 Stock­wer­ke, dann die 72. Stra­ße ost­wärts bis hin zur Lex­ing­ton Ave­nue, wir wer­den ihr bis zum Ende fol­gen. Am Gra­mer­cy Park bie­gen wir in Rich­tung Third Ave­nue ab, spa­zie­ren schwe­bend wei­ter, neh­men die Bowery, Saint James Place und kurz dar­auf die Brook­lyn Bridge. Eini­ge Stun­den wer­den sicher ver­ge­hen, ehe wir nach 15 Mei­len Brigh­ton Beach erreicht haben wer­den, ein Aben­teu­er. Wel­che Höhe wird eine geeig­ne­te Rei­se­hö­he sein? Was wer­den die Vögel auf der gro­ßen Brü­cke unter­neh­men, sobald sie uns erken­nen? Ich habe mei­ne Fern­steue­rung bereits in der Hand. Es ist jetzt 7 Uhr und 55 Minu­ten. Ich flie­ge durch eine von Schnee und dich­tem Nebel fast unsicht­ba­re Stadt. – Ahoi! Euer Louis

gesen­det am
29.08.2012
2.01 MESZ
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lou­is to dai­sy and violet »

ping

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buenos aires

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oli­mam­bo : 6.42 — Ich stel­le mir eine Maschi­ne vor, die flie­gen kann, eine klei­ne Maschi­ne, nicht grö­ßer als eine Mur­mel in Kin­der­hand. Zar­tes­te Räd­chen und Schrau­ben und Gewin­de sind in ihrem Innern zu fin­den, Bat­te­rien von der Grö­ße eines Berg­schne­cken­her­zens wei­ter­hin, sowie eine äußerst fili­gra­ne Funk­an­ten­ne, ein Lin­sen­au­ge und Mikro­fo­ne oder Ohren, die in der Nähe des Auges der­art mon­tiert wor­den sind, dass sie in der Lage sein könn­ten, eben genau jene Geräu­sche auf­zu­zeich­nen, die sich vor dem Auge des Flug­we­sens ein­mal abspie­len wer­den. Viel­leicht darf ich ver­ra­ten, dass es vor­neh­me Auf­ga­be der Maschi­ne sein wird, zu schau­en und eben zu flie­gen. Man fliegt mit­tels Pro­pel­lern, die sich so schnell bewe­gen, dass kein mensch­li­ches Auge sie wahr­neh­men kann. Ein hel­les Sum­men oder Pfei­fen ist in der Luft, und ich dach­te, man könn­te sich viel­leicht an Mos­kit­o­f­lie­gen erin­nert füh­len, sobald sich eine der klei­nen Maschi­nen näher­te, obgleich sie nie­mals ste­chen, nur Licht­pro­ben neh­men. Dar­über hin­aus gehend stell­te ich mir Läden vor, die sich wie Stütz­punk­te für Flug­ma­schi­nen beneh­men, Maga­zi­ne, die über­all in unse­rer Welt exis­tie­ren wer­den. Für drei oder vier Dol­lar die Stun­de könn­te ich mir von mei­nem Com­pu­ter aus ein flie­gen­des Auge lei­hen, um an einem schö­nen Som­mer­abend, im Novem­ber zum Bei­spiel, in Bue­nos Aires durch die Luft zu spa­zie­ren. – stop

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ein beamter unterirdischer musikabspielgeräte

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nord­pol : 0.25 — Als der Beam­te, der für das Fried­hofs­we­sen zustän­dig ist, win­kend eine Wie­se über­quer­te, stand ich mit einem Gärt­ner unter einer blatt­lo­sen Ulme. Der Mann rauch­te einen Ziga­ril­lo. Spä­ter Nach­mit­tag. Flü­gel­tie­re, gold­far­be­ne Gespens­ter, flat­ter­ten in der Luft her­um. Ich hat­te gera­de die Fra­ge gestellt, ob der Baum, unter dem wir war­te­ten, noch am Leben sei, als uns der Beam­te erreich­te. Er war etwas außer Atem und lach­te, weil ich ein altes Eisen­kreuz in mei­nen Hän­den dreh­te. Er sag­te sofort, dass die­ses Kreuz an Ort und Stel­le denk­bar sei. Das kön­nen sie hier auf­stel­len! Also waren wir sehr zufrie­den alle, wir hat­ten in gemein­sa­mer Gegen­wart kaum drei­fach geat­met und schon konn­ten wir wie­der aus­ein­an­der­ge­hen, wenn da nicht jener Baum gewe­sen wäre ohne Blät­ter, wes­we­gen wir über das Wet­ter zu spre­chen began­nen, über Win­ter­ta­ge, die kei­ne mehr sind. Und über Som­mer­zei­ten, die den Herbst­zei­ten von Jahr zu Jahr ähn­li­cher zu wer­den schei­nen. Ein Eich­hörn­chen toll­te über ein Grab in unse­rer Nähe, grub sich in die Erde, Stei­ne flo­gen durch die Luft. Viel­leicht weil sich das klei­ne Tier sicht­bar in die Tie­fe vor­an arbei­te­te, hat­te ich die Idee, mei­ne Vor­stel­lung unter­ir­di­scher Musik vor­zu­tra­gen, die ich vor Mona­ten bereits ein­mal notier­te. Und so erzähl­te ich, wie ich geschrie­ben hat­te, dass näm­lich auf mei­ner letz­ten Ruhe­stät­te ein­mal ein Wind­rad ste­hen könn­te. Das Rad wür­de, in dem es sich dreh­te, Strom erzeu­gen. Mit­tels eines Kabels wür­de die­ser Strom zu einer Bat­te­rie unter die Erde geführt. Sobald nun durch kräf­ti­ge Win­de aus­rei­chen­de Men­gen von Strom gesam­melt sein wer­den, wür­de sich ein Musikab­spiel­ge­rät in Bewe­gung set­zen, um etwas Char­lie Par­ker oder Ben­ny Good­man zu spie­len. Eine rei­zen­de Vor­stel­lung, sag­te ich, eine Über­le­gung, die mich seit dem ver­gan­ge­nen April täg­lich beglei­tet. Und wie nun der Fried­hofs­gärt­ner anfing zu lachen, ein Lachen, das wärm­te, und wie aus dem Beam­ten der klei­nen Stadt, ein Beam­ter für unter­ir­di­sche Musik zu wer­den begann. — stop

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luftgespräch

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tan­go : 15.01 — Eine Notiz wie­der­ge­fun­den, die Mr. Sal­ter vor eini­gen Jah­ren unter dem Titel Ele­phan­tis­land notier­te. Er schrieb Fol­gen­des: Kurz nach acht Uhr. Kal­te, tro­cke­ne Luft, ich notie­re mit klam­men Hän­den. Um 7 Uhr heu­te Mor­gen haben wir bei stür­mi­scher See Ele­phan­tis­land erreicht. Suche nach Mil­ler unver­züg­lich auf­ge­nom­men. Süd­west­li­che Bewe­gung die Küs­te ent­lang. Gegen 9 Uhr ers­te grö­ße­re See­ele­fan­ten­grup­pen gesich­tet. Hef­ti­ger Schnee­fall. Mit­tags dann auf mensch­li­che Spu­ren gesto­ßen. Eine Mul­de von zwei Fuß Tie­fe im gro­ben Unter­grund, hüft­ho­her Stein­wall nord­wärts. Im Wind­schat­ten: drei gebleich­te Wal­kno­chen, ein hal­bes Dut­zend fin­ger­di­cker Haut­stü­cke, ein Kamm, zwei ros­ti­ge Kugel­schrei­ber, eine Blech­t­as­se, zwölf Pin­gu­in­schnä­bel, fünf Bat­te­rien, drei Klum­pen ran­zi­gen Fet­tes, Bruch­stü­cke eines Son­nen­eil­lek­tors und einer Schreib­ma­schi­ne. Das Werk­zeug war in einer Wei­se sorg­fäl­tig demo­liert, als sei eine Dampf­wal­ze dar­über hin und her gefah­ren. Dann wei­te­re zehn Minu­ten die Küs­te ent­lang, dann auf Mil­ler gesto­ßen. Der Dich­ter stand mit dem Rücken zu einem Fel­sen hin und rich­te­te ein Mes­ser gegen einen See­ele­fan­ten. Das Tier, das sehr gewal­tig vor unse­rem Mann in den Him­mel rag­te, war nur noch zwei Armes­län­gen ent­fernt und scheu­er­te mit dem Rücken über den Fel­sen. Eigen­ar­ti­ge Geräu­sche. Geräu­sche wohl der Lust. Geräu­sche, als habe das Tier eine ver­beul­te Trom­pe­te ver­schluckt. Geräu­sche auch von Mil­ler. Hel­le Geräu­sche, krei­schen­de, irre Töne. Wir haben zu die­sem Zeit­punkt das Fol­gen­de über Mil­ler zu sagen: Unser Mann ist ent­kräf­tet und stark ver­schmutzt. Zwei Fin­ger der lin­ken Hand sind erfro­ren. Kopf­wärts wan­dern­de Spu­ren von Dehy­dra­ti­on. Mil­ler spricht nur einen Satz: All for not­hing. Wir haben den Rück­weg ange­tre­ten, indes­sen, bei genaue­rer Betrach­tung unse­rer Umge­bung, auf Fels­for­ma­tio­nen ent­lang der Küs­te Frag­men­te von Zei­chen­ket­ten ent­deckt. Ein­deu­tig Mil­lers Hand­schrift. Brin­gen Dich­ter Mil­ler jetzt nach Hau­se. — Mitt­woch: Ein wis­pern­der, knat­tern­der, sin­gen­der, knir­schen­der, lirr­pen­der, pfei­fen­der, sir­ren­der Bauch. Tie­re von Luft sind zu Besuch gekom­men, hüp­fen, sprin­gen, sei­len unter dem Zwerg­fell­dach. Gesprä­che tat­säch­lich, die ich hören kann. — stop

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jackson avenue

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romeo : 1.28 — New York. Sub­way Linie 7 Rich­tung Queens. Ein Herr mit Akten­kof­fer steigt Sta­ti­on Jack­son Ave­nue in den Zug, setzt sich, legt sei­nen Kof­fer auf die Knie, öff­net den Kof­fer und ent­nimmt ein Gerät, das nicht sehr viel grö­ßer ist als eine Streich­holz­schach­tel. Bald wer­den Bat­te­rien sicht­bar, eine Ver­samm­lung von vier Bat­te­rien, 1.5 Volt, die mit­tels eines Gum­mi­ban­des anein­an­der befes­tigt sind. Dräh­te füh­ren in die Luft, sie beben in der Bewe­gung des Zuges, wer­den in die­sem Moment von gleich­falls beben­den Fin­gern des Man­nes ein­ge­fan­gen, mehr­fach verz­wir­belt und vor­sich­tig mit dem klei­nen Gerät, das der Mann sei­nem Kof­fer zunächst ent­nom­men hat­te, ver­bun­den. Ein Jun­ge mit Gitar­re schlen­dert indes­sen musi­zie­rend durch den Zug, breit­bei­nig, in der Art der Matro­sen auf hoher See. Fahr­gäs­te in der Nähe des Man­nes mit dem Akten­kof­fer beob­ach­ten inter­es­siert wie der Mann aus der lin­ken Tasche sei­nes Jacketts eine Kur­bel hebt, fili­gra­nes Werk­zeug, Wel­le von Metall, höl­zer­ner Griff. Er steckt die Kur­bel in den Streich­holz­kas­ten und beginnt vor­sich­tig an ihr zu dre­hen. Jetzt schließt er sei­ne Augen, kur­belt wei­ter. Eini­ge Meter ent­fernt sitzt ein Mäd­chen auf einer grell­bun­ten Rei­se­toi­let­te. Auch das Mäd­chen, wäh­rend es war­tet, beob­ach­tet den Mann und sei­ne Kur­bel­ma­schi­ne vol­ler Hin­ga­be. In die­ser Sekun­de schließt auch das Mäd­chen, wie der Mann, andäch­tig die Augen. – stop

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zeitjazz

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sier­ra : 3.32 — An einer ande­ren Stel­le habe ich bereits von mei­nem Wunsch erzählt, man möge auf mei­ner letz­ten Ruhe­stät­te ein­mal ein Wind­rad errich­ten. Ich hat­te notiert, das Rad, indem es rotier­te, könn­te Strom erzeu­gen. Mit­tels eines Kabels wür­de die­ser Strom zu einer Bat­te­rie unter die Erde geführt und ein Musikab­spiel­ge­rät in Bewe­gung gesetzt, um etwas Char­lie Par­ker oder Ben­ny Good­man zu spie­len. Eine fas­zi­nie­ren­de Vor­stel­lung immer noch, eine Idee, die mich in Gedan­ken jedes Mal gegen einen Zeit­raum führt, der nicht ganz ein­fach vor­zu­stel­len ist, weil ich in ihm nicht wirk­lich vor­kom­men wer­de, es sein denn als eine Per­son, die man zu den Toten zählt. Man wird viel­leicht irgend­wann ein­mal sagen, die­ser hier, der dort unter Erde liegt, war einer, der zur Lebens­zeit die Idee ver­folg­te, ein Wind­rad auf sei­nem Grab zu errich­ten. Sein Name ist Lou­is gewe­sen, er konn­te sich vor­stel­len, wie das Wind­rad sich dre­hen wird und Strom erzeu­gen, aber er konn­te sich nicht wirk­lich vor­stel­len, wie es sein wird, in der Nähe die­ses Wind­ra­des ohne Leben zu sein. Gera­de fällt mir ein, dass ich ein­mal hör­te, es wer­de viel­leicht bald mög­lich sein, das Wis­sen, das Bewusst­sein, das Wesen einer Per­son in das digi­ta­le Gehirn eines Com­pu­ters zu über­tra­gen. Dem­zu­fol­ge ist denk­bar gewor­den, neben orga­ni­schen Bestand­tei­len eines Ver­stor­be­nen sein Bewusst­sein bei­zu­set­zen und mit­tels eines Wind­ra­des mit Strom zu ver­sor­gen. Wenn nun Wind­stil­le herrsch­te, wür­de das Bewusst­sein schla­fen, und wenn es stür­misch gewor­den ist, da drau­ßen, da oben im Herbst, bei­spiels­wei­se, wür­de es im rasen­den Den­ken ver­ge­hen vor Glück. – Es ist kurz nach drei Uhr. Auto­mo­bi­le der Poli­zei schlei­chen in Kolon­nen mit Blau­licht durch die Stra­ße, in der ich woh­ne. — stop

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five dollars

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romeo : 0.05 — In einer Sub­way Sta­ti­on unter dem Times Squa­re kau­er­te im Febru­ar ein dun­kel­häu­ti­ger Mann, der sei­ne Hän­de so schnell über eine Bat­te­rie von Eimern beweg­te, dass sie kaum noch wahr­nehm­bar waren, Schat­ten in der Luft, Unschär­fen. Der Mann war etwa 50 Jah­re alt, Drum­mer, ein Per­kus­sio­nist von Bedeu­tung. Hun­der­te Men­schen umring­ten ihn, klatsch­ten, tanz­ten, san­gen zu sei­nen wil­den Rhyth­men. Auf dem Boden vor dem Mann aus­ge­brei­tet lag ein Tuch der New Yor­ker Metro­po­li­tan Trans­por­ta­ti­on Aut­ho­ri­ty, Arts for Tran­sit, Muny, ein Zei­chen, das ihn als einen von der Stadt geschütz­ten Künst­ler aus­wies. Die­ser zier­li­che Schlag­zeu­ger nun ist mir nicht allein sei­ner Kunst wegen in Erin­ne­rung geblie­ben, son­dern auch des­halb, weil er eine sehr wir­kungs­vol­le Metho­de ent­deckt hat­te, Geld ein­zu­neh­men. Sobald näm­lich einer der Zuhö­rer sei­ne Foto­ka­me­ra auf ihn rich­te­te, unter­brach er sein Spiel, deu­te­te mit einem Fin­ger auf den Appa­rat und rief: 5 Dol­lars. Man kann sich das viel­leicht vor­stel­len, die­se Stil­le, die von einer Sekun­de zur ande­ren Sekun­de herrsch­te, wie der Foto­gra­fie­ren­de vom Publi­kum mah­nend ins Auge genom­men wur­de, wenn die Zah­lung nicht unver­züg­lich erfolg­te. Indes­sen war auch eine Flucht mit Kame­ra für die ver­sam­mel­te Gemein­schaft der Genie­ßen­den nicht wirk­lich nütz­lich, weil selbst dann, wenn einer der ange­spro­che­nen Räu­ber mit sei­nem digi­ta­len Bild in der Auf­nah­me­ma­schi­ne flüch­te­te, spiel­te der Schlag­zeu­ger nicht wei­ter. Er hielt so lan­ge inne, bis ein wei­te­rer, ein Zuhö­rer ohne Kame­ra viel­leicht, die offe­ne Rech­nung des Ver­schwun­de­nen bezahl­te. Ein klei­nes Wun­der, eine Art Geld ansau­gen­der Pum­pe, die einen Unter­druck mit­tels aus­blei­ben­dem Geräu­sches erzeug­te. It works. — stop

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windrad

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bamako : 8.05 — Auf mei­ner letz­ten Ruhe­stät­te könnt ein­mal ein Wind­rad ste­hen. Das Rad wür­de, in dem es sich dreh­te, Strom erzeu­gen. Mit­tels eines Kabels wür­de die­ser Strom zu einer Bat­te­rie unter die Erde geführt. Sobald nun durch kräf­ti­ge Win­de aus­rei­chen­de Men­gen von Strom gesam­melt sein wer­den, wür­de sich ein Musikab­spiel­ge­rät in Bewe­gung set­zen, um etwas Char­lie Par­ker oder Ben­ny Good­man zu spie­len. Eine rei­zen­de Vor­stel­lung. Ob man vom Musik­ge­räusch etwas ver­neh­men könn­te an der Erd­ober­flä­che? Wie wür­den Eich­hörn­chen reagie­ren? Ob sie sich viel­leicht um die Musik, die aus dem Boden kommt, ver­sam­meln wer­den? All die­se Fra­gen. — stop

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denkbare wesen

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india : 6.01 — Im Traum die Spur einer Fäh­re von Man­hat­tan nach Ellis Island beob­ach­tet. Das Schiff droh­te zu sin­ken. Men­schen hin­gen in Kör­per­trau­ben von der Reling ins Was­ser, sie san­gen, sie lach­ten. Schep­pern­de Musik von Laut­spre­chern her, auch Stim­men, die unver­ständ­li­che Sät­ze for­mu­lier­ten. Stei­ne reg­ne­ten vom Him­mel. Möwen, rie­si­ge, dun­kel­graue Vögel, gel­be Säbel­schnä­bel, rote Augen, bejag­ten den Luft­raum um das Schiff. Beob­ach­te­te schla­fend das Gesche­hen vom Ufer aus. Tau­ben­grau­er Him­mel. Män­ner kau­er­ten in der Nähe auf eige­nen Füßen. Funk­feu­er­kon­so­len in ihren Hän­den steu­er­ten sie den Raub­vo­gel­schwarm über die spie­gel­glat­te Upper Bay. Ein­mal lan­de­te eine Möwe neben mir. Der Mann, zu dem die Möwe gehör­te, strich ihr behut­sam über den Kopf. Sie schloss ihre Augen, indem der Mann ihren Kopf öff­ne­te, um ein künst­li­ches Gehirn her­aus­zu­neh­men, Schalt­krei­se, Bat­te­rien, feins­tes Werk. Bald warf er sei­nen Vogel zurück in die Luft. Das war prä­zi­se in dem Moment gewe­sen, als ich erwach­te, mon­tags, also am Nach­mit­tag, eine Stun­de gegen fünf. Um sechs Uhr bereits war deut­lich gewor­den, dass Möwen die­ser funk­ge­steu­er­ten Art auch im Wachen denk­ba­re Wesen sind. — stop

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elephantisland

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echo

~ : rob salter
to : louis
sub­ject : ELEPHANTISLAND
date : june 2 09 8.58 p.m.

Kurz nach acht Uhr. Kal­te, tro­cke­ne Luft, ich notie­re mit klam­men Hän­den. Um 7 Uhr heu­te Mor­gen haben wir bei stür­mi­scher See Ele­phan­tis­land erreicht. Suche nach Mil­ler unver­züg­lich auf­ge­nom­men. Süd­west­li­che Bewe­gung die Küs­te ent­lang. Gegen 9 Uhr ers­te grö­ße­re See­ele­fan­ten­grup­pen gesich­tet. Hef­ti­ger Schnee­fall. Mit­tags dann auf mensch­li­che Spu­ren gesto­ßen. Eine Mul­de von zwei Fuß Tie­fe im gro­ben Unter­grund, hüft­ho­her Stein­wall nord­wärts. Im Wind­schat­ten: drei gebleich­te Wal­kno­chen, ein hal­bes Duzend fin­ger­di­cker Haut­stü­cke, ein Kamm, zwei ros­ti­ge Kugel­schrei­ber, eine Blech­t­as­se, zwölf Pin­gu­in­schnä­bel, fünf Bat­te­rien, drei Klum­pen ran­zi­gen Fet­tes, Bruch­stü­cke eines Son­nen­kol­lek­tors und einer Schreib­ma­schi­ne. Das Werk­zeug war in einer Wei­se sorg­fäl­tig demo­liert, als sei eine Dampf­wal­ze dar­über hin und her gefah­ren. Dann wei­te­re zehn Minu­ten die Küs­te ent­lang, dann auf Mil­ler gesto­ßen. Der Dich­ter stand mit dem Rücken zu einem Fel­sen hin und rich­te­te ein Mes­ser gegen einen See­ele­fan­ten. Das Tier, das sehr gewal­tig vor unse­rem Mann in den Him­mel rag­te, war nur noch zwei Armes­län­gen ent­fernt und scheu­er­te mit dem Rücken über den Fel­sen. Eigen­ar­ti­ge Geräu­sche. Geräu­sche wohl der Lust. Geräu­sche, als habe das Tier eine ver­beul­te Trom­pe­te ver­schluckt. Geräu­sche auch von Mil­ler. Hel­le Geräu­sche, krei­schen­de, irre Töne. Wir haben zu die­sem Zeit­punkt das Fol­gen­de über Mil­ler zu sagen: Unser Mann ist ent­kräf­tet und stark ver­schmutzt. Zwei Fin­ger der lin­ken Hand sind erfro­ren. Kopf­wärts wan­dern­de Spu­ren von Dehy­dra­ti­on. Mil­ler spricht nur einen Satz: All for not­hing. Wir haben den Rück­weg ange­tre­ten, indes­sen, bei genaue­rer Betrach­tung unse­rer Umge­bung, auf Fels­for­ma­tio­nen ent­lang der Küs­te Frag­men­te von Zei­chen­ket­ten ent­deckt. Ein­deu­tig Mil­lers Hand­schrift. Brin­gen Dich­ter Mil­ler jetzt nach Hause.

ein­ge­fan­gen
22.57 UTC
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