Aus der Wörtersammlung: mensch

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wellen

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tan­go : 6.52 UTC — Viel­leicht kann ich, wenn ich das Meer in den Stra­ßen Vene­digs beob­ach­te, von Wel­len­be­we­gun­gen spre­chen, die einem sehr lang­sa­men Rhyth­mus fol­gen, von Halb­ta­ges­wel­len, von Wel­len, die sich, sobald ich sie jen­seits ihrer eigent­li­chen Zeit betrach­te, wie Palomar’s Sekun­den­wel­len beneh­men. — Wann beginnt und wann genau endet eine Wel­le? Wie vie­le Wel­len kann ein Mensch ertra­gen, wie vie­le Wel­len von einer Wel­len­art, die Kno­chen und Häu­ser zer­trüm­mert? – Däm­me­rung. Stil­le. Nur das Geräusch der trop­fen­den Bäu­me. Eine Nacht voll Regen, glim­men­de Vögel irren am Him­mel, Nacht­vö­gel ohne Füße, Vogel­we­sen, die nie­mals lan­den. — stop
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ai : NIGER

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MENSCHEN IN GEFAHR: „Der mul­ti­na­tio­na­le Ölkon­zern Shell und die Regie­rung des süd­ni­ge­ria­ni­schen Bun­des­staa­tes Rivers haben es ver­säumt, die Bewohner_innen von Oga­le, einer Regi­on außer­halb von Port Har­court, der Haupt­stadt von Rivers, regel­mä­ßig mit siche­rem Trink­was­ser zu ver­sor­gen. Die meis­ten der dort leben­den Men­schen müs­sen ent­we­der Was­ser kau­fen oder Grund­was­ser trin­ken, das laut einer 2011 ver­öf­fent­lich­ten Stu­die der Ver­ein­ten Natio­nen gefähr­lich ver­schmutzt ist./ Die Stu­die des Umwelt­pro­gramms der Ver­ein­ten Natio­nen (United Nati­ons Envi­ron­ment Pro­gram­me, UNEP) ergab, dass die Bewohner_innen von Oga­le Was­ser aus Brun­nen tran­ken, das so stark mit dem bekann­ten Kar­zi­no­gen Ben­zol ver­un­rei­nigt war, dass es den nach inter­na­tio­na­len Richt­li­ni­en fest­ge­leg­ten Grenz­wert um das 900-fache über­schritt. Das Was­ser zu trin­ken wer­de „sicher lang­fris­ti­ge gesund­heit­li­che Fol­gen“ haben. UNEP emp­fahl der nige­ria­ni­schen Regie­rung, unver­züg­lich Maß­nah­men zu ergrei­fen, damit die Men­schen in Oga­le nicht wei­ter­hin Trink­was­ser aus kon­ta­mi­nier­ten Brun­nen trin­ken müs­sen, und ihnen eine alter­na­ti­ve Quel­le für sau­be­res Was­ser zur Ver­fü­gung zu stel­len. Trotz die­ses drin­gen­den Auf­rufs gibt es noch immer kei­nen Zugang zu solch einer Quel­le. / Am 1. Sep­tem­ber 2018 besuch­te Amnes­ty Inter­na­tio­nal Oga­le und sprach mit Anwohner_innen. Die meis­ten von ihnen kau­fen ihr Was­ser für den per­sön­li­chen und häus­li­chen Gebrauch, etwa zum Trin­ken, Kochen und Waschen, obwohl sie es sich eigent­lich nicht leis­ten kön­nen. In eini­gen Fäl­len geben Bewohner_innen ein Drit­tel ihres wöchent­li­chen Ein­kom­mens für Was­ser aus, sodass sie manch­mal statt drei Mahl­zei­ten am Tag nur zwei essen kön­nen. Die­je­ni­gen, die es sich nicht leis­ten kön­nen, Was­ser zu kau­fen, trin­ken und nut­zen das ört­li­che Grund­was­ser – trotz der Warn­schil­der, die dar­auf hin­wei­sen, dass das Was­ser ihre Gesund­heit gefähr­det. Man­che trin­ken Was­ser aus loka­len Brun­nen und Bohr­lö­chern, auch wenn auf dem Was­ser ein öli­ger Film zu sehen ist. Eini­ge Bewohner_innen bezah­len sogar für das Was­ser aus den Bohr­lö­chern. Ande­re nut­zen Regen­was­ser, in dem sich schwar­ze Flöck­chen befin­den. Die Bewohner_innen haben kei­ne ande­re Wahl, da sie nicht das nöti­ge Geld auf­brin­gen kön­nen, um Was­ser von pri­va­ten Anbieter_innen zu kau­fen und die Regie­rung bereits seit über einem Jahr kein sau­be­res Was­ser mehr bereit­stellt. Zeit­gleich mit dem Besuch von Amnes­ty Inter­na­tio­nal in Oga­le wur­den eini­ge der von der Regie­rung regu­lier­ten Was­ser­lei­tun­gen wie­der in Betrieb genom­men. Doch die Bewohner_innen berich­ten, dass die Was­ser­ver­sor­gung ledig­lich eine Stun­de am Mor­gen oder am Nach­mit­tag funk­tio­niert und die zur Ver­fü­gung gestell­te Was­ser­men­ge nicht aus­reicht, um den grund­le­gen­den Was­ser­be­darf zu decken. Amnes­ty Inter­na­tio­nal hat Grund zu der Annah­me, dass auch die­ses Was­ser nicht den Richt­li­ni­en der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on für Trink­was­ser­qua­li­tät ent­spricht.“ - Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen bis spä­tes­tens zum 3.8.2018 unter > ai : urgent action
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academia

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india : 5.16 UTC — Was­ser­bus. Dampf­schiff­chen. Botel­lo. Vapo­ret­to. Erstaun­li­che Wör­ter. — Ein­mal notier­te Roland Bar­thes: Spra­che exis­tiert. Und damit beschäf­ti­gen wir Struk­tu­ra­lis­ten uns, wir den­ken dar­über nach. Die meis­te Zeit reden die Men­schen, ohne zu wis­sen, dass die Spra­che exis­tiert, wir reden, ohne zu wis­sen, dass wir reden. Wir wis­sen nur, dass wir Gedan­ken und Gefüh­le über­mit­teln. Aber wir reden, ohne das Gerings­te über unse­re eige­nen Wor­te zu wis­sen. — Ich höre sehr ger­ne mensch­li­che Stim­men, deren Spra­che ich nicht ver­ste­he wie Musik. Heu­te beob­ach­te­te ich Zahl­zei­chen, die Vapo­ret­tos stolz an ihrem Bug seit­wärts tra­gen. 264 oder 58 oder 182. — stop
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cimitero s. michele

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vic­tor : 22.24 UTC — Auf der Insel Giudec­ca exis­tiert an eine Brü­cke gelehnt ein Auf­zug für Men­schen, die nicht in der Lage sind, Trep­pen zu stei­gen. Der Auf­zug soll nun seit bei­na­he 3 Jah­ren außer Dienst genom­men sein. Ich hät­te davon kei­ne Kennt­nis erhal­ten, wenn ich nicht zufäl­lig hör­te, wie ein alter Mann sich wegen die­ses kran­ken Auf­zu­ges empör­te. Er saß in einem Roll­stuhl auf einem Bal­kon nur weni­ge Meter ent­fernt von der Brü­cke und warf Brot in die Luft, wel­ches von Möwen im Flug auf­ge­fan­gen wur­de. Der Mann schimpf­te in eng­li­scher, bald in fran­zö­si­scher Spra­che, als ob er ganz sicher­ge­hen woll­te, dass jene Men­schen, die die Brü­cke über­quer­ten, sei­ne Nach­richt ver­ste­hen wür­den. An die­sem Abend, da der wüten­de Mann die Admi­nis­tra­ti­on der Stadt Vene­dig ver­damm­te, wäre ich sehr ger­ne sofort in das Was­ser zu mei­nen Füßen gesprun­gen, um den Reiz der Mücken­sti­che, die ich wäh­rend eines Besu­ches des Fried­ho­fes San Miche­le hin­neh­men muss­te, durch Küh­le zu lin­dern. Es war am Nach­mit­tag gewe­sen, ich plan­te das Grab Joseph Brodsky’s zu besu­chen, muss­te aber bald vor dut­zen­den Raub­tie­ren flüch­ten, die sich auf zart schil­lern­den Flü­geln kaum hör­bar näher­ten in einer Wei­se, die mir koor­di­niert zu sein schien. Poli­zis­ten such­ten auf dem Fried­hof nach zwei Frau­en. Ich hat­te kurz zuvor beob­ach­tet, wie sie den Fried­hof betra­ten. Sie tru­gen schwar­ze Klei­der und schwar­ze Stie­fel und schwar­ze Hand­schu­he, auch ihr Haar war schwarz gefärbt und ihre Augen wie von Koh­le umran­det, sie waren voll­stän­dig in Schwarz dar­ge­stellt, aber ihre Haut war weiß gepu­dert. — Vor dem Fens­ter pfei­fen lei­se Vögel wie Spre­chen. — stop

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mercato

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echo : 22.08 UTC — Immer der Nase ent­lang spa­zier­te ich zum Markt, wo nach­mit­tags See­mö­wen stol­zier­ten über den Boden, den sie längst so gründ­lich durch­sucht hat­ten, dass Fisch gera­de noch als Erin­ne­rung feins­ter Mole­kü­le in der Luft zu fin­den war. Da lag noch etwas Eis auf dem Boden, erstaun­lich. In die­sem Augen­blick erin­ner­te ich mich an einen frü­hen Mor­gen vor vie­len Jah­ren. Ich trat damals zur Zeit der Däm­me­rung auf den Mar­kus­platz. So dicht ruh­te Nebel über der Lagu­ne, dass ich nur weni­ge Meter weit sehen konn­te. Ich ging sehr vor­sich­tig vor­an. Vor einem Kaf­fee­haus hielt ich an, setz­te mich auf einen Stuhl und war­te­te. Im Luft­was­ser­zim­mer, in dem ich Platz genom­men hat­te, hör­te ich Stim­men von Män­nern, die mit­ein­an­der spra­chen. Auch waren immer wie­der Pfif­fe zu hören, wie Rada­re oder Signal­tö­ne. Es waren Män­ner mit ver­mut­lich Rei­sig­be­sen, die den rie­si­gen Platz kraft ihrer Arme und Hän­de feg­ten. Auch Melo­dien waren zu hören gewe­sen. Ich war­te­te unge­fähr eine Stun­de und lausch­te. Nie habe ich einen die­ser Män­ner gese­hen, aber ich habe von ihnen viel­fach erzählt. Es scheint über­haupt die Zeit, da man sich in Vene­dig noch ver­lau­fen konn­te, vor­über zu sein für alle Men­schen, die über eine Schreib­ma­schi­ne mit GPS-Ver­bin­dung ver­fü­gen. Es ist, glaubt mir, ein Ver­gnü­gen, die­se Radar­schreib­ma­schi­ne aus­zu­schal­ten und los­zu­ge­hen und nach da und dort zu lau­fen, stets in dem Glau­ben, man wüss­te, wo man sich befin­det. Es bleibt dann nichts wei­ter zu tun, als nach einer hal­ben Stun­de die Schreib­ma­schi­ne her­vor­zu­ho­len und nach­zu­se­hen und sich zu wun­dern und zu freu­en. — stop
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san marco

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echo : 8.15 UTC — In der ver­gan­ge­nen Nacht habe ich geträumt, wun­der­ba­re 5 Jah­re lang geschla­fen zu haben. Als ich erwach­te, fühl­te ich mich wohl, dann bemerk­te ich, dass ich im Was­ser stand bis zum Bauch. Das Was­ser war warm, es roch nach Tang und nach Salz und nach Öl in die­sem Augen­blick des Erwa­chens. Ich hör­te vor dem Fens­ter die Stim­men spie­len­der Kin­der. Ich sah mich um und dach­te: Was für ein schö­ner Anblick, all die­se Lich­ter, es muss Nacht sein, Schif­fe fah­ren her­um, die von Vögeln gezo­gen wer­den, als wären sie Pfer­de. Dann erwach­te ich erneut. Es war frü­her Mor­gen, anstatt Kin­der­stim­men, hör­te ich die hell pfei­fen­den Stim­men eini­ger See­mö­wen. Ich trat an ein Fens­ter, sah auf den Hof. Da waren tat­säch­lich Möwen. Sie ver­such­ten, Müll­tü­ten zu öff­nen. Man­che der Müll­tü­ten lagen auf dem Boden, ande­re hin­gen in den Bäu­men. Ich fand, die Möwen waren nicht sehr geschickt im Öff­nen der Müll­tü­ten. Plötz­lich hüpf­ten Kin­der auf der Gas­se her­um. Sie tru­gen Schul­ran­zen auf dem Rücken und Tele­fo­ne mit Bild­schir­men in ihren Hän­den. Immer wie­der blie­ben sie ste­hen und steck­ten die Köp­fe zusam­men und lach­ten. Ich bemerk­te, dass der Ole­an­der vor dem West­fens­ter im Hof zu blü­hen begann. Es waren rote Blü­ten. Ges­tern Abend habe ich Men­schen beob­ach­tet, die auf dem Mar­kus­platz um eine Öff­nung im Boden stan­den, aus wel­cher Was­ser sicker­te. Sie foto­gra­fier­ten, aber das Was­ser war sehr wenig, wes­we­gen sie her­an­zoo­men muss­ten. Auch waren da Men­schen, die Tan­go tanz­ten nach Melo­dien eines Kaf­fee­haus-Orches­ters. — stop

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alberoni

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india : 22.06 UTC — Regen­wind­tü­cher wan­dern in der Fer­ne vor Ber­gen, die sich am Hori­zont deut­lich abbil­den. Vom Lido aus, an der Meer­enge zur Insel­zun­ge Pal­estri­na, öff­net sich ein wei­ter Blick nord­wärts über die Lagu­ne hin. Das Meer noch beru­higt, Muschel­fang­sta­tio­nen set­zen wie gezeich­net fei­ne Akzen­te, höl­zer­ne Fin­ger, zu Rei­hen grup­piert, jen­seits der Was­ser­bah­nen, die mit­tels mäch­ti­ger Boh­len mar­kiert wor­den sind. In Albe­ro­ni stei­ge ich aus, spa­zie­re an Leucht­tür­men vor­bei, eine Mole ent­lang, mäch­ti­ge Stei­ne. Da sind ein wil­der Wald und sump­fi­ge Mul­den, in wel­chen Fisch­chen blit­zen, Wol­ken­struk­tu­ren, die des Him­mels und die der Schup­pen­haut­schwär­me. Ich nähe­re mich Schritt für Schritt, irgend­wo da unten in der Tie­fe der Was­ser­stra­ße hin zum offe­nen Meer soll sich M.O.S.E. befin­den. Eine jun­ge Vene­zia­ne­rin erklär­te noch: Bad Pro­jekt! Und wie sich ihre Augen ange­sichts des Bösen ver­dun­kel­ten, mein­te ich mei­nen Wunsch, M.O.S.E zu besu­chen, ver­tei­di­gen zu müs­sen. Die Son­ne geht lang­sam unter. Röt­lich glim­men­de Stä­be nahe dem schma­len Mund zur Lagu­ne erschei­nen, als wür­den sie in der Nacht auf die Exis­tenz des schla­fen­den Schutz­rie­sen unter der Was­ser­ober­flä­che ver­wei­sen. Da liegt ein ver­las­se­ner Kin­der­spiel­platz in Mee­res­nä­he unter Ole­an­der­bäu­men. Ein san­di­ger Strand, Muscheln, höl­zer­nes Treib­gut, drei Möwen, ein Ang­ler, Fuß­spu­ren im feuch­ten Sand, die die auf­kom­men­de Flut bald ver­schlin­gen wird. Im Was­ser selbst drei mensch­li­che Köp­fe, die lachen, und ein wei­te­rer Kopf, der sich par­al­lel zur Küs­te schwim­mend hin und her bewegt, nur nicht die tie­fe­re Zone die­ses Mee­res berüh­ren, in dem so vie­le Men­schen bereits ertrun­ken sind. In einem Regal des Kin­der­spiel­plat­zes ent­de­cke ich heim­wärts gehend eini­ge Bücher, kurz dar­auf einen Fuß­ab­druck, den ich selbst hin­ter­las­sen haben könn­te. — stop

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lido santa maria elisabetta

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tan­go : 22.06 UTC — Eine Welt ohne Auto­mo­bi­le ken­ne ich nicht. Auch eine Welt ohne Strom ist mir nicht bekannt. Nach Stun­den der Fahrt mit­tels Was­ser­bus­sen hin und her und her­um, muss ich des­halb an Land gehen, muss mei­ne Schreib­ma­schi­ne mit Strom ver­sor­gen, um arbei­ten zu kön­nen. Ich stell­te mir ein­mal vor, wie ich unter Vene­zia­ne­rin­nen und Vene­zia­nern sit­ze mit einer klap­pern­den Olym­pia­schreib­ma­schi­ne auf den Knien. Oder das Notie­ren von Hand in ein Notiz­buch auf schwan­ken­den Sitz­ge­le­gen­hei­ten der Dampf­schiff­chen rei­send. Man kann nie­mals erah­nen, in wel­che Rich­tung sich die Welt bewe­gen wird. Plötz­lich fährt die Stift­spit­ze unter der Hand sprung­haft vor­wärts oder rück­wärts, zieht eine Linie jen­seits geplan­ter Schrift­zei­chen, bil­det die Bewe­gung des Mee­res auf Notiz­pa­pie­ren nach. In der digi­ta­len Zeit wer­den ver­rück­te Zei­chen, Fol­ge der Mee­res­be­we­gung von dem Kor­rek­tur­ge­dächt­nis der elek­tri­schen Schreib­ma­schi­ne unver­züg­lich kor­ri­giert. Eine wun­der­ba­re Beob­ach­tung ist, wie ich siche­rer wer­de im Ste­hen auf dem Was­ser im Bus. Beob­ach­te­te hun­der­te Male Kno­ten­bin­dung in dem Moment, da sich das Batel­lo dem Lan­de nähert, da es anzu­le­gen wünscht, sodass es für einen kur­zen Moment selbst zu Land wird. Wie wir Men­schen dann über Brü­cken gehen, wie tan­zen. Am Abend ein­mal spür­te ich die uralte Stadt selbst unter mir schwan­ken. Da ich mich in die­sem Augen­blick dem Lido nähe­re, bemer­ke ich, dass ich die Erfin­dung der Auto­mo­bi­le bereits nach weni­gen Tagen ver­ges­sen habe. — stop
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palanca

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echo : 22.52 UTC — Abends von der Vapo­ret­to­sta­ti­on Palan­ca her die Küs­te nach Zitel­le spa­ziert, dann wie­der ein klei­nes Stück zurück. Es ist bald spät gewor­den, kurz nach 10 Uhr. Lang­sam, von Schlep­pern gezo­gen, bewegt sich in die­sem Augen­blick das Per­so­nen­fracht­schiff Queen Mary 2 durch den Giudec­ca Canal ost­wärts in Rich­tung des offe­nen Mee­res. Da ste­hen Men­schen weit oben an Deck hin­ter der Reling, die so klein sind, dass man, ohne ein Fern­rohr zu ver­wen­den, nicht zu erken­nen ver­mag, ob sie viel­leicht win­ken, man könn­te sie für arm­lo­se Wesen hal­ten. Weit links, zur Sei­te gerückt in den Schat­ten einer Brüs­tung, hockt auf einer Stu­fe der Stein­trep­pe zur Chie­sa del San­tis­si­mo Reden­to­re hin­auf, eine jun­ge Frau, die etwas durch­ein­an­der zu sein scheint. Da ist ein Kof­fer, geöff­net. Sie hat den Inhalt des Kof­fers, Klei­der, Schu­he, einen blin­ken­den Kamm, und Blu­sen, auch einen Som­mer­hut, um sich her­um aus­ge­brei­tet. Sie sitzt dort im Kreis ihrer Besitz­tü­mer wie in einem Nest, trinkt aus einer Fla­sche Wein, und flucht mit­tels ita­lie­ni­scher Spra­che zu dem Schiff hin­auf, dass es eine wah­re Freu­de ist. Man wird sie dort oben in der Fer­ne kaum hören, nur ich ver­mut­lich, der in ihrer Nähe hockt und das Was­ser beob­ach­tet, das dun­kel schim­mert. Es die Zeit der Flut bereits. Das Was­ser berührt die Kro­nen der Quais, da und dort geht es an Land, um über das uralte Pflas­ter zu zün­geln. Eine Grup­pe von Amei­sen­schat­ten pas­siert mich west­wärts, eine hal­be Stun­de spä­ter kom­men sie mit ein paar Bro­sa­men zurück. Bestän­di­ges Brum­men. Ges­tern war ein son­ni­ger Mor­gen gewe­sen, da wur­de ich von einem hel­len Pfei­fen geweckt. Ich öff­ne­te das Fens­ter, eine Frau grüß­te vom gegen­über­lie­gen­den Haus her­über, sie brach­te an einem Seil, das ein Räd­chen an der Fas­sa­de mei­nes Hau­ses beweg­te, gera­de feuch­te Tücher aus, so haben wir Kin­der noch Seil­bah­nen von Haus zu Haus gezo­gen. — stop

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s.alvise

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nord­pol : 15.55 UTC — Heu­te Mor­gen ist mir etwas Selt­sa­mes mit mir selbst pas­siert. Ich war näm­lich Ein­kau­fen in einem Super­markt. Eine alte Dame, sehr freund­lich, weck­te mich, in dem sie mir erklär­te, wo genau ich Plas­tik­hand­schu­he fin­den kön­ne, um Apfel­si­nen oder Melo­nen in mei­ne Hän­de neh­men zu dür­fen. Ich muss mich schla­fend nach Hand­schu­hen erkun­digt haben oder aber habe Äpfel und Bir­nen bar­hän­dig berührt. Die alte Dame war sehr für­sorg­lich und lei­se, als ob sie seit Jahr­hun­der­ten mit schla­fen­den Men­schen im Super­markt Umgang pfleg­te. Ich kauf­te für zwei Tage Obst, Krab­ben und Lin­sen, und auch etwas Was­ser und Kaf­fee, trat dann aus dem Super­markt hin­aus in die war­me, hel­le Son­ne, ein Vapo­ret­to fuhr in weni­gen Metern Ent­fer­nung an mir vor­bei, und ich sah sehr deut­lich mich selbst an Bord des Schiff­chens ste­hen, wie ich viel­leicht gera­de die Echo­lo­te einer Twit­ter­nach­richt beob­ach­te­te, wel­che ich eine Stun­de zuvor gesen­det hat­te. Eine Eidech­se flitz­te über uraltes Pflas­ter land­ein­wärts, zwei jun­ge See­mö­wen war­te­ten pfei­fend auf die Ankunft ihrer Eltern, und das Was­ser zu mei­nen Füßen blink­te, als sen­de­te es Bot­schaf­ten irgend­wo­hin. Nach­mit­tags dann war ich spa­zie­ren im Can­n­a­re­gio. Ich glau­be, ich habe ein Haus ent­deckt, das über kei­ner­lei Türen ver­fügt, oder aber viel­leicht über eine Tür auf dem Dach, eine Dach­tür. Ob viel­leicht in die­ser merk­wür­di­gen Stadt Men­schen exis­tie­ren, die zu flie­gen, in der Lage sind? — stop



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