Aus der Wörtersammlung: material

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frankie

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echo

~ : malcolm
to : louis
sub­ject : FRANKIE
date : june 9 12 0.05 a.m.

Sams­tag. Nacht. Gute Nach­rich­ten sind zu über­mit­teln. End­lich haben wir ein Eich­hörn­chen gefan­gen, Cen­tral Park, Höhe 76. Stra­ße, ein gro­ßes, grau­es Tier. Wir haben ihm dem Namen Fran­kie ver­passt. In die­sem Moment schläft Fran­kie tief und fest. Es ist kaum zu glau­ben, dass wir sei­nen klei­nen run­den Bauch, der sich vor unse­ren Augen hebt und senkt, in weni­gen Stun­den öff­nen wer­den. Arme und Bei­ne sind bereits am Tisch befes­tigt, ein Anblick, der nicht gut zu ertra­gen ist. Fran­kie wirkt hilf­los, erbärm­lich, wie er hin­ge­streckt vor unse­ren Augen ruht. Als wir ihn bade­ten, wach­te er vom Was­ser auf, das er viel­leicht nicht gewöhnt ist, und zeig­te sei­ne kräf­ti­gen Zäh­ne. Ich neh­me an, er wird in die­sem Moment weder hören, noch sehen, nur träu­men oder auch nicht. Da wir nun alles auf das Sorg­fäl­tigs­te vor­be­rei­tet haben, Satel­li­ten­sen­der wie USB-Daten­trä­ger lie­gen bereit, bit­ten wir um prä­zi­se ana­to­mi­sche Anwei­sung, in wel­che Tie­fe wir das Mate­ri­al in Fran­kies Kör­per zu ver­sen­ken haben. Wie lan­ge Zeit soll­ten wir Fran­kie nach Ope­ra­ti­on nar­ko­ti­sie­ren? Wann könn­ten wir ihn wie­der in die Frei­heit ent­las­sen? Ant­wor­ten Sie bit­te rasch! Ihr Mal­colm / code­wort : hibiskusblüte

emp­fan­gen am
9.06.2012
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falterherz

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lima : 5.48 — Ich erin­ne­re mich, im August des Jah­res 2008 einen Strauß Fra­gen notiert zu haben. Ich woll­te wis­sen, ob es Men­schen mög­lich ist, einen alt und müde gewor­de­nen Fal­ter am offe­nen Her­zen solan­ge zu ope­rie­ren, bis er wie­der flie­gen kann? Wie also betäubt, wie beatmet man einen Fal­ter? Mit wel­chen Mate­ria­li­en wer­den geöff­ne­te Fal­ter­brüs­te güns­ti­ger­wei­se wie­der geschlos­sen? Ich habe auf die­se Fra­gen bis­her kei­ne Ant­wor­ten gefun­den. Manch­mal den­ke ich, dass das Sam­meln sel­te­ner Fra­gen an sich ein gro­ßes Ver­gnü­gen bedeu­tet. Mei­ne Fal­ter­herz­fra­gen haben jeden­falls einen der­art nach­hal­ti­gen Ein­druck hin­ter­las­sen, dass ich kei­nen Fal­ter, der seit­her nachts zu mir zu Besuch gekom­men ist, betrach­ten konn­te, ohne sofort an die Mög­lich­keit einer Not­ope­ra­ti­on zu den­ken. – Frei­tag. Regen. Küh­le Luft. — stop
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seelenkästchen

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zou­lou : 0.02 — Ich balan­cie­re das Kreuz, das aus Eisen gedreht wur­de, im Zug zwi­schen den Hän­den. Sehr schö­ne wei­ße Ber­ge am Hori­zont, ent­lang der Stre­cke blü­hen Apfel­bäu­me. Der Mann, der sich das Kreuz anse­hen will, ist Künst­ler. Er arbei­tet aus­schließ­lich an Kreu­zen. Das Kreuz mei­nes Vaters soll kost­bar, soll über 200 Jah­re alt sein, wird er bald erzäh­len, wir haben es in Süd­ti­rol auf einem Schutt­berg gefun­den. In der Hal­le fla­ckern offe­ne Feu­er. Es ist still. Ein paar Flie­gen sind im war­men Licht in der Luft zu erken­nen und die Hand des Schmie­des, klein und weich. Sie fährt die fei­nen Schmuck­li­ni­en des Kreu­zes ent­lang, da und dort feh­len Spit­zen. Jede der feh­len­den Spit­zen wird geschätzt, wie sie wohl aus­ge­se­hen haben mag und was sie viel­leicht kos­ten wird. Es ist nicht das Mate­ri­al, sagt der Mann, es ist heut­zu­ta­ge die Zeit, ver­ste­hen Sie, die Arbeits­zeit. Er öff­net behut­sam die Tür eines Gehäu­ses, das sich im Zen­trum des Kreu­zes befin­det. Jetzt schließt er es wie­der, tritt einen Schritt zur Sei­te und erkun­digt sich, ob ich den wis­se, dass die­ses Gehäu­se, ein soge­nann­tes See­len­käst­chen sei, ein Ort, an dem sich die See­le eines ver­stor­be­nen Men­schen aus­ru­hen kön­ne, bis sie wei­ter him­mel­wärts auf­stei­gen wür­de. Eine wun­der­vol­le Erfin­dung. Es ist für mich die ers­te Begeg­nung mit einer Form, die eine kon­kre­te Vor­stel­lung der Grö­ße einer Men­schen­see­le sofort ent­ste­hen lässt. Ich sage zu dem Mann, der dicht neben mir steht, dass sie doch klei­ne Wesen sind, die See­len der Men­schen. Und dann geh ich wie­der. Es ist schon hal­ber Nach­mit­tag. – stop

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eine fliege

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india : 6.28 — Eine Flie­ge war unlängst aus gro­ßer Höhe abge­stürzt und vor mir auf den Tisch gefal­len. Die Vor­stel­lung zunächst, das Tier könn­te, noch im Flug befind­lich, aus dem Leben geschie­den sein, dann aber war Bewe­gung im lie­gen­den Kör­per zu erken­nen, zwei der vor­de­ren Flie­gen­bein­chen beweg­ten sich bebend, bald zuck­ten zwei Flü­gel. Die Flie­ge schien benom­men, aber nicht tot gewe­sen zu sein, wes­we­gen sie bald dar­auf erwach­te, eine äußerst schnel­le Bewe­gung und schon hat­te die Flie­ge auf ihren Bei­nen Platz genom­men, das heißt genau­er, auf fün­fen ihrer sechs Bei­ne Platz genom­men, das lin­ke hin­te­re Bein streck­te die Flie­ge steif von sich. Kei­ne Bewe­gung der Flucht in die­sem Zeit­raum mei­ner Beob­ach­tung. Auch dann, als ich mich mit dem Kopf näher­te, kei­ne Anzei­chen von Beun­ru­hi­gung. Die Flie­ge schien mit sich selbst beschäf­tigt zu sein, tas­te­te mit einem ihrer Hin­ter­bein­chen nach der gestreck­ten Extre­mi­tät, die ver­letzt zu sein schien, gebro­chen viel­leicht oder gestaucht. Natür­lich stell­te sich sofort die Fra­ge, ob es mög­lich ist, das Bein einer Flie­ge medi­zi­nisch erfolg­reich zu ver­sor­gen, Bewe­gungs­still­stand zu errei­chen, sagen wir, um eine Ope­ra­ti­on zum Bei­spiel, die drin­gend gebo­ten sein könn­te, vor­zu­be­rei­ten. Ich mach­te ein paar Noti­zen von eige­ner Hand, ich notier­te in etwa so: For­schen nach Mikro­skop, Pin­zet­ten, Skal­pel­len, ana­to­mi­schen Auf­zeich­nun­gen, Schrau­ben, Nar­ko­ti­ka und Ver­bands­ma­te­ria­li­en für Ope­ra­ti­on an geöff­ne­ter Cal­li­pho­ra vici­na. Nein, fan­gen wir noch ein­mal von vor­ne an. Unlängst. Eine Flie­ge. — stop
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alpenregen

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echo

~ : oe som
to : louis
sub­ject : ALPENREGEN
date : okt 31 11 10.52 p.m.

Bes­ten Dank, lie­ber Lou­is, für das fei­ne Ton­ma­te­ri­al, das Du uns gesen­det hast. Wir haben Dei­ne Alpen­re­gen­ge­räu­sche am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag zu Noe in die Tie­fe über­mit­telt. Gro­ße Freu­de! Gleich­wohl sehnt Noe sich nach wie vor eine Uhr her­bei, die wir ihm lei­der nicht gewäh­ren kön­nen. Es ist nun fol­gen­des gesche­hen. Noe press­te, viel­leicht zunächst ohne einen Vor­satz, sei­ne rech­te Hand gegen die Innen­sei­te sei­nes Tau­cher­an­zu­ges und konn­te in die­ser Wei­se Puls­be­we­gun­gen erspü­ren. Von die­sem Moment an zähl­te Noe die Schlä­ge sei­nes Her­zens, er zähl­te bis er die Zahl 70 erreich­te, eine Minu­te Zeit, seit zwei Tagen immer­zu der sel­be Pro­zess der Zäh­lung mit lau­ter Stim­me, eine Demons­tra­ti­on sei­ner Wil­lens­stär­ke, die uns nach und nach unheim­lich wird, Noe, eine Uhr, auch schla­fend, däm­mernd, träu­mend, eine Uhr, ver­dammt, ich war mehr­fach ver­sucht gewe­sen, Noes Mikro­phon aus­zu­schal­ten, Ruhe an Bord, eine Gewalt­tat, die Bewe­gung eines klei­nen Fin­gers nur, Stil­le, und doch nicht Stil­le, weil ich die Fort­set­zung des Zäh­lens in der Tie­fe anneh­men müss­te, ein­und­fünf­zig, zwei­und­fünf­zig, drei­und­fünf­zig. Kurz nach 10 Uhr, eis­kal­te Nacht, auf­kom­men­der Wind von Nord­west, wir haben schwe­ren See­gang zu erwar­ten. Dein OE SOM — Ahoi!

gesen­det am
31.10.2011
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prypjat

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echo : 5.57 — Die Stadt Pryp­jat an einem son­ni­gen April­tag des Jah­res 1986. Duns­ti­ge Haut lag über far­bi­gen Bil­dern des Films, spie­len­de Kin­der vor Häu­ser­blocks, ein Karus­sell, ein Rie­sen­rad, fla­nie­ren­de Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, All­tag, Frie­den. Man­che der Men­schen tru­gen Taschen, ande­re hiel­ten ihre Söh­ne und Töch­ter an der Hand, ein Drei­rad glaub­te ich gese­hen zu haben, Bäu­me von hel­lem Grün, und den Him­mel, wol­ken­los. Aber da war noch etwas ande­res gewe­sen, etwas Unheim­li­ches, da waren Punk­te, Krei­se, hel­le Erschei­nun­gen, in Bruch­tei­len rasen­der Zeit tauch­ten sie auf und waren sofort wie­der ver­schwun­den. So rasch und so uner­war­tet tra­ten sie aus der Bewe­gung des Fil­mes her­vor, dass ein mensch­li­cher Betrach­ter nicht sicher sein konn­te, ob die Erschei­nung, die er gera­de wahr­ge­nom­men hat­te, tat­säch­lich zu sehen oder nicht ein Irr­tum sei­nes Gehirns gewe­sen war, hel­le Schir­me, pel­zig, weich. Die­ses blit­zen­de Licht, das ich vor eini­gen Jah­ren beob­ach­te­te, zeig­te Ver­let­zun­gen des bild­tra­gen­den Mate­ri­als an, Ver­hee­run­gen, die durch strah­len­de Teil­chen des bren­nen­den Gra­phit­re­ak­tors zu Tscher­no­byl ver­ur­sacht wur­den, Teil­chen­spur­licht, des­halb so unheim­lich, so tra­gisch, weil die­ses Licht in den Augen des Film­be­trach­ters von einer spä­te­ren Wirk­lich­keit aus wahr­ge­nom­men wer­den konn­te, nicht aber von jenen Men­schen, die sich in der Wirk­lich­keit der Auf­nah­me vor der Kame­ra beweg­ten durch einen lebens­ge­fähr­li­chen Tag, den sie für einen glück­li­chen Tag ihres Lebens gehal­ten haben moch­ten, weil nie­mand sie vor der unsicht­ba­ren Bedro­hung, die sich in der Atmo­sphä­re befand, warn­te. — Ich muss mei­ne Erin­ne­rung sofort überprüfen.

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bellevue

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ulys­ses : 6.08 — Vor Jah­ren ein­mal ent­deck­te ich nach stun­den­lan­ger Suche in den Archi­ven der Baye­ri­schen Staats­bi­blio­thek eine Foto­gra­fie auf einem Mikro­film­strei­fen und ich wuss­te sofort, dass ich die­ses Licht­bild besit­zen muss­te. Ich bat eine Biblio­the­ka­rin, aus dem Mate­ri­al das Bes­te her­aus­zu­ho­len, höchs­te Auf­lö­sung, wes­we­gen ich bald einen klei­nen Sta­pel Papiers ent­ge­gen­neh­men konn­te, den ich im Arbeits­zim­mer an einer Wand zum Bild zurück­sor­tier­te, zur Ansicht einer Stra­ße des Jah­res 1934 prä­zi­se, einer Stra­ße nahe des Bel­le­vue Hos­pi­tals zu New York. Stau­bi­ge Bäu­me, eilen­de Men­schen­schat­ten, die Sil­hou­et­te einer alten, in den Kno­chen gebeug­ten Frau, der Wagen eines Eis­ver­käu­fers, ros­ti­ge Hydran­ten, die sprö­de Stein­haut der Stra­ße, zwei Vögel unbe­kann­ter Gat­tung, Spu­ren von Hit­ze, und ich erin­ne­re mich noch gut, dass ich eine Zei­le von links nach rechts auf das Papier notier­te: Die­se Stra­ße könn­te Mal­colm Lowry über­quert haben, an einem Tag viel­leicht, als er sich auf den Weg mach­te, sei­nem Kör­per den Alko­hol zu ent­zie­hen. Und weil ich schon ein­mal damit begon­nen hat­te, das Bild zu ver­fei­nern, zeich­ne­te ich in Wor­ten wei­te­re Sub­stan­zen auf das Papier, Unsicht­ba­res oder Mög­li­ches. Einen Schuh notier­te ich west­wärts: Hier flüch­tet Jan Gabri­el, weil sie Mr. Lowrys Lie­be nicht län­ger glau­ben konn­te. Da lag ein Notiz­buch im Schat­ten eines Bau­mes und ich sag­te: Die­ses Notiz­buch wird Mal­colm Lowry fin­den von Zeit zu Zeit, er wird es auf­he­ben und mit zit­tern­den Hän­den in sei­ne Hosen­ta­sche ste­cken. Schon segel­ten fie­bern­de Wale über den East River, der zwi­schen zwei Häu­sern schim­mer­te, ein Schwarm irrer Bie­nen tropf­te von einer Fens­ter­bank, und da waren noch zwei Mäd­chen, bar­fuss, — oder tru­gen sie doch Strümp­fe, doch Schu­he? — sie spiel­ten Him­mel und Höl­le, ihre fröh­li­chen Stim­men. Ich geste­he, dass Dai­sy und Vio­let nicht damals, son­dern in die­ser letz­ten Stun­de einer hei­te­ren Arbeits­nacht ins Bild gekom­men sind.

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glücklicher brief an vladimir nabokov : propeller

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marim­ba

~ : louis
to : Mr. vla­di­mir nabokov
sub­ject : PROPELLER

Lie­ber Mr. Nabo­kov, ges­tern Abend, nach einem lan­gen Spa­zier­gang und dem Besuch einer Bar, in der ein paar halb­wegs betrun­ke­ne Freun­de saßen, hab ich mich an ihre Vor­le­sung­über Franz Kaf­kas Ver­wand­lung erin­nert, an Ihre lie­be­vol­le und akri­bisch genaue Unter­su­chung des Tex­tes, an ihre Käfer­zeich­nun­gen von eige­ner Hand, mit wel­chen Sie ver­such­ten eine Vor­stel­lung zu gewin­nen von Wesen und Gestalt jener Hül­le, in die Gre­gor Samsa ein­ge­schlos­sen wor­den war. Ja, die Genau­ig­keit, mit der man sich erfin­dend einem Gegen­stand nähert oder die Genau­ig­keit, mit der man einen erfun­de­nen Gegen­stand sezie­ren kann, immer wie­der begeg­ne ich wäh­rend mei­ner Arbeit Ihren Unter­su­chun­gen, Ihrer Metho­de. Vor­ges­tern hat­te ich bei einer ers­ten Annä­he­rung an eine Geschich­te, die von leben­den Papie­ren erzäh­len wird, das Wort Pro­pel­ler­flü­gel in den Mund genom­men, ohne zu ahnen, dass Pro­pel­ler in der Welt leben­der Orga­nis­men nur sehr schwer zu ver­wirk­li­chen sind, weil ein Pro­pel­ler sich doch frei bewe­gen muss, dre­hend in einer Fas­sung, die ihn lose hält, sodass ein leben­der Orga­nis­mus aus einem wei­te­ren Kör­per bestehen müss­te, der ganz zu ihm gehö­ren wür­de und doch nicht ganz zu ihm gehö­ren kann. Nun habe ich beschlos­sen, die Vor­stel­lung der Pro­pel­ler­flü­gel nicht so ohne wei­te­res auf­zu­ge­ben. Ich habe mir gedacht, dass ein Pro­pel­ler, der aus orga­ni­schen Mate­ria­len bestehen wird, viel­leicht auf ato­ma­rer Ebe­ne einem flug­fä­hi­gen Kör­per ver­bun­den sein könn­te, ver­bun­den durch Mole­kü­le, die im Moment einer Flug­be­we­gung, den Rotor von Haut und Kno­chen einer­seits anzu­trei­ben in der Lage sind und ande­rer­seits je für einen kur­zen Moment in die Frei­heit ent­las­sen. Und jetzt bin ich glück­lich und hof­fe, dass sie an mei­nem Ent­wurf Gefal­len fin­den wer­den. – mit aller­bes­ten Grü­ßen Ihr Louis

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gedankengeschichte

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romeo : 16.25 — Mit einer jun­gen Ärz­tin im Gespräch über Men­schen, die sich aus modi­schen Grün­den von klei­ne­ren Tei­len ihrer Wan­gen tren­nen, um sie durch edels­te Höl­zer zu erset­zen, je nach Teint, stell­te ich mir vor, hel­le­re oder etwas dunk­le­re Mate­ria­li­en, die man polie­ren kann, die glü­hen wie die Sub­stan­zen fei­ner Pfei­fen­köp­fe. Ich erzähl­te die­se Gedan­ken­ge­schich­te bei einer Tas­se Scho­ko­la­de, rück­te mit mei­ner Phan­ta­sie lang­sam vor­wärts, weil ich erwar­te­te, sie wür­de viel­leicht auf­sprin­gen und sich ent­fer­nen wol­len. Statt­des­sen stell­te sie die Fra­ge, ob man die Mate­ria­li­en des Wal­des, über die ich nach­ge­dacht hat­te, als Schmuck­wa­re betrach­ten soll­te, die im Fleisch des Kör­pers schwim­men wür­de, oder eher um Bojen­kör­per, wel­che mit einem der Gesichts­kno­chen ver­bun­den sein müss­ten. Sie mach­te eine klei­ne Pau­se und noch ehe ich ant­wor­ten konn­te, stell­te sie nüch­tern fest: Die Rän­der der Natür­lich­keit sind ein Pro­blem. stop. Kurz nach vier Uhr und fast schon dun­kel. Seit einer Stun­de Regen. Er kommt in einer Wei­se vom Him­mel gefal­len, dass ich ihn wie­der hören kann. — stop

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lucie

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sier­ra : 6.02 — Das sind lus­ti­ge Tage, Tage wie die­ser hier nach durch­ar­bei­te­ter Nacht. Noch immer, drin­nen wie drau­ßen, sehr war­me und feuch­te Hit­ze. In der Däm­me­rung schloss ich die Fens­ter. Auf das Bett waren leich­te Tücher gelegt, das luf­tigs­te Mate­ri­al, das zu fin­den gewe­sen ist, die Fens­ter ver­dun­kelt, alles bereit den begin­nen­den Tag sofort zur Nacht zu machen. Ich lag bald unterm Buch, das mir den Kopf müde mach­te,  dach­te, dass ich nichts den­ken soll­te, schau­te nach Lich­tern, die unter den Lidern in Schlaf­au­gen wan­dern. Fast war ich weg­ge­kom­men, als eine Flie­ge auf mei­ner Schul­ter lan­de­te und sofort mit dem Munds­tem­pel nach Salz und ande­ren Din­gen zu for­schen begann. Ich sag­te, bit­te, bit­te nicht, Lucie, heu­te bit­te nicht, ich muss schla­fen. Und so erhob sich Lucie in die Luft und ich hör­te, wie sie eine lang­sa­me, trau­rig sum­men­de Run­de links­her­um durch mein Zim­mer flog. Dann schlief ich ein und träum­te zwei blaue Schne­cken. Sie waren von küh­ler Tem­pe­ra­tur und hat­ten sich wie Polar­füch­se in einer Schnee­höh­le, in mei­ne Augen­höh­len gelegt. Als ich wach wur­de, als ich zunächst wach gewor­den war, wie immer mit geschlos­se­nen Augen, hör­te ich Gewit­ter­don­ner, dann ent­deck­te ich Lucie in nächs­ter Nähe. Sie hat­te sich, wäh­rend ich träum­te, vor­sich­tig auf den Rücken mei­ner lin­ken Hand gesetzt und ihre Bei­ne ange­zo­gen, so dass sie nicht saß, viel­mehr auf mir lag. Ja ist es denn Flie­gen mög­lich, die Augen zu schliessen?

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