Aus der Wörtersammlung: zunge

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im central park

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nord­pol : 20.05 UTC — Ich war spa­zie­ren an einem win­di­gen Tag. Wie ich unter dem Regen­schirm west­wärts ging, beob­ach­te­te ich mei­ne Schu­he, die sich vor­wärts beweg­ten, als gehör­ten sie nicht zu mir. In die­sem Moment hat­te ich den Ein­druck, durch den Cen­tral Park zu gehen. Das war näm­lich so, dass ich an dem ers­ten Tag, den ich in der Stadt New York ver­brach­te, unter einem Regen­schirm durch den Cen­tral Park wan­der­te und mei­ne Schu­he beob­ach­te­te. Es war damals Mai und recht kalt gewe­sen. Von Zeit zu Zeit war ich ste­hen geblie­ben, um eines der Eich­hörn­chen zu betrach­ten, die groß sind in Nord­ame­ri­ka und unge­stüm. Ich erin­ner­te mich noch gut an die­sen Augen­blick, da ich im Cen­tral Park spa­zie­rend wie­der­um eine Pan­ther­ge­schich­te erin­ner­te, die ich ein­mal notiert hat­te über einen wei­te­ren Park, in des­sen Nach­bar­schaft ich lebe. In der Erin­ne­rung an mei­nen Spa­zier­gang in New York kehr­te die Pan­ther­ge­schich­te zurück, ich dreh­te um und ging nach Hau­se, um nach der Geschich­te zu suchen. Ich habe sie sofort gefun­den. Pan­ther­ge­schich­te: Da ist mir doch tat­säch­lich ein jun­ger Pan­ther zuge­laufen, ein zier­li­ches Wesen, das mühe­los vom Boden her auf mei­ne Schul­ter sprin­gen kann, ohne dabei auch nur den gerings­ten Anlauf neh­men zu müs­sen. Sei­ne Zun­ge ist rau, sei­ne Zäh­ne kühl, ich bin stark, auch im Gesicht, gezeich­net von sei­nen wil­den Gefüh­len. Der Pan­ther schläft, unter­dessen ich arbei­te. So glück­lich sieht er dort aus, auf der Decke unter der Lam­pe lie­gend, dass ich selbst ein wenig schläf­rig wer­de, auch wenn ich nur an ihn den­ke, an das Licht sei­ner Augen, das gelb ist, wie er zu mir her­über­schaut bis in den Kopf. Spät­abends, wenn es lan­ge schon dun­kel gewor­den ist, gehen wir spa­zie­ren. Ich lege mein Ohr an die Tür und lau­sche, das ist das Zei­chen. Gleich neben mir hat er sich aufge­richtet, schärft an der Wand sei­ne Kral­len, dann fegt er hin­aus über die Stra­ße, um einen vom Nacht­licht schon müden Vögel zu ver­spei­sen. Dar­an sind wir gewöhnt, an das lei­se Kra­chen der Gebei­ne, an schau­kelnde Federn in der Luft. Dann wei­ter die heim­liche Rou­te unter der Stern­warte hin­durch in den Palmen­garten. Es ist ein gro­ßes Glück, ihm beim Jagen zuhö­ren zu dür­fen. Ich sit­ze, die Bei­ne über­ein­ander geschla­gen, auf einer Bank am See, schaue gegen die Ster­ne, und ver­neh­me Geräu­sche der Wande­rung des klei­nen Jägers ent­lang der Ufer­strecke. Ein Rascheln. Ein Kräch­zen. Ein Schlag ins Was­ser. Wenn der Pan­ther genug hat, gehen wir nach Hau­se. — stop
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ai : RUSSISCHE FÖDERATION

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MENSCH IN GEFAHR: „Der Spre­cher des tsche­tsche­ni­schen Par­la­ments hat am 6. Janu­ar sei­nen Insta­gram-Account benutzt, um den bekann­ten Jour­na­lis­ten Gri­go­ry Shve­dov zu bedro­hen. Gri­go­ry Shve­dov ist der Chef­re­dak­teur des Kau­ka­si­schen Kno­tens, einer unab­hän­gi­gen Web­site, die über die Lage im Kau­ka­sus berich­tet. / Gri­go­ry Shve­dov ist der Mit­be­grün­der und Chef­re­dak­teur der Web­sei­te Kau­ka­si­scher Kno­ten, einer der seriö­ses­ten Nach­rich­ten­quel­len zur kau­ka­si­schen Regi­on. Das Medi­en­un­ter­neh­men und des­sen Ange­stell­te erhal­ten regel­mä­ßig Dro­hun­gen und wer­den im Zusam­men­hang mit ihrer Arbeit schi­ka­niert und tät­lich ange­grif­fen, ins­be­son­de­re weil sie über die Men­schen­rechts­si­tua­ti­on im Nord­kau­ka­sus und über Tsche­tsche­ni­en berich­ten. / Am 6. Janu­ar rich­te­te Mago­med Dau­dov, der Spre­cher des tsche­tsche­ni­schen Par­la­ments und einer der mäch­tigs­ten tsche­tsche­ni­schen Beam­ten, eine kaum kaschier­te Dro­hung gegen Gri­go­ry Shve­dov. Mago­med Dau­dov ver­öf­fent­lich­te auf sei­nem Insta­gram-Kon­to das Bild eines Hun­des mit einem Kno­ten in der Zun­ge, das den Unter­ti­tel trug: “Kau­ka­si­scher Kno­ten?” In der Bild­un­ter­schrift bezeich­ne­te er den Hund als “Shved” und sagt, dass er “statt nütz­li­che Arbeit zu tun, an Kämp­fen zwi­schen Hun­den ande­rer Ras­sen teil­neh­me”, und eine “beson­de­re Schwä­che für den kau­ka­si­schen Schä­fer­hund hat”. Er schlug vor, dass “Shveds” Zun­ge auf eine nor­ma­le Grö­ße zurück­ge­schnit­ten und sei­ne Zäh­ne gezo­gen wer­den sol­len. Mago­med Dau­dov ist ein enger Mit­ar­bei­ter des Prä­si­den­ten von Tsche­tsche­ni­en Ram­zan Kady­rov. Der Pres­se­spre­cher der tsche­tsche­ni­schen Ver­wal­tung hat abge­strit­ten, dass der Post Dro­hun­gen beinhal­te. / Journalist_innen, die über die Situa­ti­on in Tsche­tsche­ni­en berich­ten, wer­den häu­fig bedroht und eini­ge wur­den bereits getö­tet. So wur­de Nata­lya Est­emi­ro­va, die häu­fig Bei­trä­ge auf der Web­sei­te Kau­ka­si­scher Kno­ten ver­öf­fent­lich­te, im Juli 2009 in Tsche­tsche­ni­en ent­führt und ermor­det. Anna Polit­kovs­ka­ya, die eben­falls über Tsche­tsche­ni­en berich­te­te, wur­de im Okto­ber 2006 vor ihrer Mos­kau­er Woh­nung erschos­sen.“ — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 20. Febru­ar 2017 hin­aus, unter > ai : urgent action

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abschnitt neufundland

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Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 102, Luft­fahrt — 24, Auto­mo­bi­le — 503], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 2, 19. Jahr­hun­dert – 18, 20. Jahr­hun­dert – 326, 21. Jahr­hun­dert — 788 ], Trol­ley­kof­fer [ blau : 3, rot : 77, gelb : 8, schwarz : 866 ] phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 166, gelöscht : 12 ], See­not­ret­tungs­wes­ten : [ 6788 ], Amei­sen [ Arbei­ter ] auf Treib­holz [ 10 ], Brumm­krei­sel : 3, Öle [ 0.88 Ton­nen ], Hör­rausch­ge­rä­te Typ Audi­fon Sue­no T : 2, Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 6, Knie­ge­len­ke – 698, Hüft­ku­geln – 12, Bril­len – 77 ], Halb­schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 551, Grö­ßen 38 — 45 : 43 ], Plas­tik­san­da­len [ 8722 ], Rei­se­do­ku­men­te [ 108 ], Kühl­schrän­ke [ 1 ], Tele­fo­ne [ 536 ], Pup­pen­köp­fe [ 18 ] Gas­mas­ken [ 6 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 1, mit Tau­cher – 2 ], Engels­zun­gen [ 101 ] | stop |

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ai : TÜRKEI

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MENSCH IN GEFAHR: „Der syri­sche Flücht­ling F.M. befin­det sich seit dem 15. März 2015 unter unmensch­li­chen Bedin­gun­gen im Flug­ha­fen Istan­bul-Ata­türk will­kür­lich in Haft. Er läuft wei­ter­hin Gefahr, jeder­zeit nach Syri­en abge­scho­ben zu wer­den. / Der Syrer F.M. ist im August 2012 aus Syri­en geflo­hen, um dem Wehr­dienst zu ent­ge­hen. Er wird seit dem 15. März 2015 in einem “Raum für pro­ble­ma­ti­sche Pas­sa­gie­re” im Flug­ha­fen Istan­bul-Ata­türk fest­ge­hal­ten. Im Novem­ber 2015 war er in den Liba­non geflo­gen, wo ihm die Ein­rei­se jedoch ver­wei­gert wur­de, wor­auf­hin er in die Tür­kei zurück­reis­te. Die Inhaf­tie­rung von F.M. im Flug­ha­fen scheint will­kür­lich zu sein und jeg­li­cher recht­li­chen Grund­la­ge zu ent­beh­ren. Der Rechts­bei­stand von F.M. hat einen Antrag auf Frei­las­sung gestellt, bis zum 4. März 2016 ist jedoch noch kei­ne Ent­schei­dung getrof­fen wor­den. / In dem “Raum für pro­ble­ma­ti­sche Pas­sa­gie­re” gibt es ledig­lich künst­li­ches Licht, das 24 Stun­den am Tag ein­ge­schal­tet ist. Zudem gibt es kei­ne Bet­ten und kei­ne Pri­vat­sphä­re. Die Bedin­gun­gen ent­spre­chen einer grau­sa­men, unmensch­li­chen und ernied­ri­gen­den Behand­lung und es ver­stößt gegen die Recht­spre­chung des Lan­des und gegen das Völ­ker­recht, wenn Per­so­nen in sol­chen Ein­rich­tun­gen für einen län­ge­ren Zeit­raum — in die­sem Fall seit einem Jahr — fest­ge­hal­ten wer­den. / F.M. hat Ver­wand­te in ande­ren Län­dern, die ver­su­chen, ihn finan­zi­ell bei der Bean­tra­gung eines Visums zu unter­stüt­zen. Amnes­ty Inter­na­tio­nal vor­lie­gen­den Infor­ma­tio­nen zufol­ge hat jedoch bis­lang kein Ver­tre­ter einer aus­län­di­schen Bot­schaft F.M. in Haft besucht, um ihn für den Antrag zu befra­gen. Es ist aller­dings unklar, ob dies dar­an liegt, dass der Kon­takt durch die tür­ki­schen Behör­den ver­wei­gert wur­de, oder ob tat­säch­lich kein Ver­such von Sei­ten der Bot­schaf­ten unter­nom­men wur­de. / F.M. ist in Gefahr, jeder­zeit nach Syri­en zurück­ge­schickt zu wer­den. Es ist bekannt, dass die tür­ki­schen Behör­den Rück­füh­run­gen von Flücht­lin­gen nach Syri­en und in den Irak durch­füh­ren, wo ihnen schwe­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen dro­hen. Dies stellt einen Ver­stoß gegen den für die Tür­kei bin­den­den Grund­satz der Nicht­zu­rück­wei­sung (Non-Refou­le­ment) gemäß dem natio­na­len Recht und dem Völ­ker­recht dar. Es sind außer­dem Fäl­le bekannt, in denen Flücht­lin­ge von den tür­ki­schen Behör­den unter Druck gesetzt wur­den, in ihr Hei­mat­land zurück­zu­keh­ren, indem man ihnen mit einer unbe­fris­te­ten Inhaf­tie­rung gedroht hat. F.M. hat Ver­wand­ten gegen­über gesagt, dass er in Erwä­gung zieht, einer Rück­kehr nach Syri­en zuzu­stim­men. Er sag­te: “Dort ster­be ich wenigs­tens sofort und es ist vor­bei, anstatt jeden Tag, den ich hier ver­brin­ge, ein biss­chen mehr zu ster­ben.“ — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 21. April 2016 hin­aus, unter > ai : urgent action

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abschnitt neufundland

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Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 112, Luft­fahrt — 86, Auto­mo­bi­le — 231], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 0, 19. Jahr­hun­dert – 32, 20. Jahr­hun­dert – 1458, 21. Jahr­hun­dert — 532 ], Trol­ley­kof­fer [ blau : 5, rot : 88, gelb : 67, schwarz : 1231 ] phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 3256, gelöscht : 355 ], See­not­ret­tungs­wes­ten : [ 2477 ], Amei­sen [ Arbei­ter ] auf Treib­holz [ 5 ], Brumm­krei­sel : 2, Öle [ 0.18 Ton­nen ], Matrosch­ka — Pup­pen von Bir­ken­holz : 3, Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 3, Knie­ge­len­ke – 1455, Hüft­ku­geln – 87, Bril­len – 236 ], Halb­schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 778, Grö­ßen 38 — 45 : 201 ], Plas­tik­san­da­len [ 5786 ], Rei­se­do­ku­men­te [ 1205 ], Kühl­schrän­ke [ 3 ], Tele­fo­ne [ 386 ], Pup­pen­köp­fe [ 52 ] Gas­mas­ken [ 8 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 2, mit Tau­cher – 5 ], Engels­zun­gen [ 88 ] | stop |

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tintenfinger

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lima : 0.55 — Mit dem lang­sa­men Ver­schwin­den der Brie­fe flüch­ten unse­re Post­wert­zei­chen in Schach­tel­be­häl­ter, in Alben, in Muse­en, kost­ba­re, bun­te Wesen von Papier, die wir noch mit unse­ren Zun­gen befeuch­te­ten, um sie mit Brief­um­schlä­gen für immer zu ver­bin­den. Auch Ges­ten, die den Brie­fen zuge­ord­net sind, wer­den sich nach und nach ver­lie­ren. Die Ges­te des Zer­rei­ßens bei­spiels­wei­se, oder die Ges­te des Zer­knül­lens. Wann habe ich zuletzt beob­ach­tet, wie der Emp­fän­ger eines Brie­fes sich dem geöff­ne­ten Doku­ment mit der Nase näher­te, um von der Luft der gelieb­ten schrei­ben­den Per­son zu atmen, die mit dem Brief gereist sein könn­te? Ver­lo­ren die Abdrü­cke der Tin­ten­fin­ger, die Rän­der einer Brief­sei­te zier­ten, ver­lo­ren auch das fei­ne Geräusch der Skal­pel­le, indem sie tei­lend durch das sei­de­ne Fut­ter der Kuvert­kof­fer zie­hen. Ein absur­der Gedan­ke mög­li­cher­wei­se, wie ich den E‑Mailbrief einer Behör­de, der mich zor­nig wer­den lässt, aus­dru­cke, wie ich ihn in einen Umschlag ste­cke, wie ich ihn für eini­ge Sekun­den in Hän­den hal­te, wie ich mich kon­zen­trie­re, wie ich den Brief genuss­voll in win­zi­ge Tei­le zer­le­ge. — stop

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propellerzunge

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tan­go : 2.01 – Wie­der der Ver­such, den Klang mensch­li­cher Stim­men vor­zu­stel­len, wie sie sich unter einer Was­ser­ober­flä­che arti­ku­lie­ren. Eine schwie­ri­ge Auf­ga­be, ins­be­son­de­re des­halb, weil ich einer­seits anneh­me, ein authen­ti­sches Sprech­ge­räusch, wel­ches sich unter Was­ser ereig­net, in mei­nem Kopf jeder­zeit erzeu­gen zu kön­nen, ande­rer­seits jedoch über kei­ner­lei Wör­ter ver­fü­ge, die­ses Geräusch ange­mes­sen zu beschrei­ben. Ein Pro­blem der Über­set­zung scheint vor­zu­lie­gen, ein Raum zwi­schen geis­ti­gem Hören und dem annä­hernd kor­rek­ten Aus­druck in der Spra­che mei­nes Mun­des oder mei­ner Hän­de auf Tas­ta­tu­ren, der auch in die­ser Nacht, nach Jah­ren inten­si­ver Ver­su­che, nicht zu über­win­den ist. Ich neh­me an, Pho­ne­me, die eine aus­ge­dehn­te Öff­nung des Mun­des erfor­dern in der Spra­che unter der Was­ser­ober­flä­che spre­chen­der Lun­gen­men­schen, wer­den im Lau­fe der Jahr­hun­der­te sel­te­ner wer­den, Arti­ku­la­ti­on indes­sen mit­tels gespitz­ter Lip­pen, pfei­fen­de Lau­te, eine Ent­wick­lung in die­se Rich­tung, das ist denk­bar. — Leich­ter Regen. — stop

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von teefliegen

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india : 3.22 — Seit Stun­den sit­ze ich wie­der ein­mal im Dun­keln, weil ich her­aus­zu­fin­den wün­sche, ob Libel­len auch in licht­lee­ren Räu­men flie­gen, schwe­ben, jagen. Als ich ges­tern näm­lich gegen den Mit­tag zu erwach­te, balan­cier­te eine Libel­le, mari­ne­blau, auf dem Rand einer Karaf­fe Tee, die ich neben mei­nem Bett abge­stellt hat­te, sie schau­te mir beim Auf­wa­chen zu und nasch­te, indem sie rhyth­misch mit einer sehr lan­gen Zun­ge bis auf den Grund des zimt­far­be­nen Gewäs­sers tauch­te. Viel­leicht jag­te sie nach Fischen oder Lar­ven oder klei­nen Flie­gen, nach Tee­flie­gen, kochend heiß, die küh­ler gewor­den sein moch­ten, wäh­rend ich schlief. Oder aber sie hat­te end­lich Geschmack gefun­den auch an süßen Din­gen des Lebens, wes­halb ich kurz vor Mit­ter­nacht einen Löf­fel Honig erhitz­te und auf die Fens­ter­bank trop­fen ließ, um dann sofort das Licht zu löschen. Und so war­te ich nun bereits seit drei Stun­den und höre selt­sa­me Geräu­sche, von Men­schen viel­leicht oder ande­ren wil­den Tie­ren. — stop

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abschnitt neufundland

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Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 108, Luft­fahrt — 322, Auto­mo­bi­le — 16], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 17, 19. Jahr­hun­dert – 75, 20. Jahr­hun­dert – 988, 21. Jahr­hun­dert — 532 ], Trol­ley­kof­fer [ blau : 143, rot : 643, gelb : 88, schwarz : 1734 ] phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 1186, gelöscht : 34 ], See­not­ret­tungs­wes­ten : [ 1801 ], Amei­sen [ Arbei­ter ] auf Treib­holz [ 1453 ], Brumm­krei­sel : 5, Öle [ 0.06 Ton­nen ], Matrosch­ka — Pup­pen von Bir­ken­holz : 5, Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 77, Knie­ge­len­ke – 345, Hüft­ku­geln – 16, Bril­len – 6754 ], Halb­schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 133, Grö­ßen 38 — 45 : 766 ], Plas­tik­san­da­len [ 1562 ], Kühl­schrän­ke [ 1 ], Tele­fo­ne [ 874 ], Pup­pen­köp­fe [ 102 ] Gas­mas­ken [ 2 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 3, mit Tau­cher – 1 ], Engels­zun­gen [ 56 ] | stop |

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ai : USA

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MENSCH IN GEFAHR: „In den frü­hen Mor­gen­stun­den des 13. Febru­ar 1994 ent­deck­te ein Poli­zist in einem Super­markt in Colum­bia im US-Bun­des­staat Mis­sou­ri die Lei­chen der 44-jäh­ri­gen Mary Brat­cher, des 58-jäh­ri­gen Fred Jones und der 57-jäh­ri­gen Mabel Scruggs. Alle drei hat­ten in dem Super­markt gear­bei­tet und waren an Kopf­ver­let­zun­gen gestor­ben. Ernest Lee John­son, der regel­mä­ßig in dem Super­markt ein­ge­kauft hat­te, wur­de fest­ge­nom­men und wegen drei­fa­chen Mor­des ange­klagt. Man stell­te ihn im Mai 1995 vor Gericht, sprach ihn schul­dig und ver­ur­teil­te ihn zum Tode. / 1998 ord­ne­te der Obers­te Gerichts­hof von Mis­sou­ri eine neue Straf­zu­mes­sung an. Grund dafür war, dass der Rechts­bei­stand von Ernest Lee John­son es ver­säumt hat­te, die Aus­sa­ge eines Psych­ia­ters vor­zu­brin­gen, wel­cher sei­nen Man­dan­ten unter­sucht hat­te. Das Gericht erklär­te, dass sich der “ein­deu­ti­ge und nach­drück­li­che Ein­druck gefes­tigt” habe, dass die­se Aus­sa­ge “die Erwä­gun­gen der Geschwo­re­nen beein­flusst hät­te”. Nach Ansicht des Gerichts hät­ten sich die Geschwo­ren in der Fol­ge mög­li­cher­wei­se für eine lebens­lan­ge Haft­stra­fe aus­ge­spro­chen. / Bei der erneu­ten Fest­le­gung des Straf­ma­ßes 1999 wur­de gegen Ernest Lee John­son jedoch wie­der die Todes­stra­fe ver­hängt. 2002 ent­schied der Obers­te Gerichts­hof der USA, dass die Hin­rich­tung von Men­schen mit einer geis­ti­gen Behin­de­rung (intellec­tu­al disa­bi­li­ty / men­tal retar­da­ti­on) ver­fas­sungs­wid­rig ist. 2003 ord­ne­te der Obers­te Gerichts­hof des Bun­des­staa­tes Mis­sou­ri aber­mals eine neue Straf­zu­mes­sung im Fall von Ernest Lee John­son an. Dies­mal, weil Bewei­se für eine geis­ti­ge Behin­de­rung nicht ange­mes­sen dar­ge­legt wor­den waren. Sein Intel­li­genz­quo­ti­ent (IQ) war im Lau­fe sei­nes Lebens mehr­fach bestimmt wor­den. Bei einem IQ-Test im Alter von acht Jah­ren ergab sich ein IQ von 77, bei einem Test im Alter von zwölf Jah­ren betrug der gemes­se­ne IQ 63. Ernest Lee John­son hat­te Pro­ble­me in der Schu­le und besuch­te eine Son­der­schu­le. Bei ihm wur­de außer­dem eine Alko­hol­em­bryo­pa­thie dia­gnos­ti­ziert. Dabei han­delt es sich um eine Schä­di­gung des Kin­des, wel­che durch Alko­hol­kon­sum der Mut­ter wäh­rend der Schwan­ger­schaft ent­stan­den ist und unter ande­rem zu geis­ti­gen Ent­wick­lungs­schä­di­gun­gen führt. Außer­dem hat Ernest Lee John­son wäh­rend sei­ner Kind­heit zwei schwe­re Kopf­ver­let­zun­gen erlit­ten. / 2006 wur­de Ernest Lee John­son zum drit­ten Mal zum Tode ver­ur­teilt. Die Geschwo­re­nen waren der Ansicht, dass es kei­ne aus­rei­chen­den Bewei­se für eine geis­ti­ge Behin­de­rung gäbe. Ernest Lee John­sons Ver­tei­di­gung hat­te erklärt, dass die Beweis­last nicht bei ihrem Man­dan­ten lie­gen dür­fe und der Staat bewei­sen müs­se, dass er kei­ne geis­ti­ge Behin­de­rung auf­weist. Zwei Expert_innen der Ver­tei­di­gung hat­ten wäh­rend des Ver­fah­rens eine geis­ti­ge Behin­de­rung bestä­tigt. Einer von ihnen hat­te den IQ von Ernest Lee John­son bestimmt und erklärt, dass die­ser bei 67 läge. Zudem sag­ten bei­de, dass er in ver­schie­de­nen Berei­chen Anpas­sungs­schwie­rig­kei­ten habe und sich sei­ne geis­ti­ge Behin­de­rung bereits vor Voll­endung des 18. Lebens­jahrs mani­fes­tiert habe. Der Mit­ar­bei­ter des hin­zu­ge­zo­ge­nen staat­li­chen Exper­ten ermit­tel­te zwar eben­falls einen IQ von 67, die­ser gab jedoch an, Ernest Lee John­son wür­de simu­lie­ren. Der Exper­te der Ver­tei­di­gung stritt dies wie­der­rum ab und gab an, mit­hil­fe von Unter­su­chun­gen aus­ge­schlos­sen zu haben, dass Ernest Lee John­son simu­liert. Die Staats­an­walt­schaft erklär­te gegen­über den Geschwo­re­nen, dass “anzu­neh­men, dass es wahr­schein­li­cher ist, dass die­ser Mann eine geis­ti­ge Behin­de­rung hat, als dass er gesund ist, eine Belei­di­gung ist, eine Belei­dung der Opfer”. Der Obers­te Gerichts­hof von Mis­sou­ri bestä­tig­te das Todes­ur­teil 2008 und erklär­te, dass “die Ent­schei­dung der Geschwo­re­nen respek­tiert” wer­den müs­se. Drei der sie­ben Richter_innen wider­spra­chen dem jedoch und argu­men­tier­ten, dass die Tat­sa­che, “dass der Ange­klag­te bewei­sen muss­te, dass er geis­tig behin­dert ist, die Ent­schei­dung — ob John­son zum Tode ver­ur­teilt wer­den soll­te — will­kür­lich erschei­nen lässt” und dass die wider­sprüch­li­chen Fak­ten in die­sem Fall “zei­gen, dass das Ergeb­nis — Leben oder Tod — durch­aus davon abhän­gen kann, bei wel­cher Sei­te die Beweis­last liegt“. / Amnes­ty Inter­na­tio­nal wen­det sich in allen Fäl­len, welt­weit und aus­nahms­los gegen die Todes­stra­fe. — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 3. Novem­ber 2015 hin­aus, unter »> ai : urgent action

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