Aus der Wörtersammlung: louis

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lucie

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sier­ra : 6.02 — Das sind lus­ti­ge Tage, Tage wie die­ser hier nach durch­ar­bei­te­ter Nacht. Noch immer, drin­nen wie drau­ßen, sehr war­me und feuch­te Hit­ze. In der Däm­me­rung schloss ich die Fens­ter. Auf das Bett waren leich­te Tücher gelegt, das luf­tigs­te Mate­ri­al, das zu fin­den gewe­sen ist, die Fens­ter ver­dun­kelt, alles bereit, den begin­nen­den Tag sofort zur Nacht zu machen. Ich lag bald unterm Buch, das mir den Kopf müde mach­t. Ich dach­te, dass ich nichts den­ken soll­te, schau­te nach Lich­tern, die unter den Lidern in Schlaf­au­gen wan­dern. Fast war ich weg­ge­kom­men, als eine Flie­ge auf mei­ner Schul­ter lan­de­te und sofort mit dem Munds­tem­pel nach Salz und ande­ren Din­gen zu for­schen begann. Ich sag­te, bit­te, bit­te nicht, Lucie, heu­te bit­te nicht, ich muss schla­fen. Und so erhob sich Lucie in die Luft und ich hör­te, wie sie eine lang­sa­me, trau­rig sum­men­de Run­de links­her­um durch mein Zim­mer flog. Dann schlief ich ein und träum­te zwei blaue Schne­cken. Sie waren von küh­ler Tem­pe­ra­tur und hat­ten sich wie Polar­füch­se in einer Schnee­höh­le, in mei­ne Augen­höh­len gelegt. Als ich wach wur­de, als ich zunächst wach gewor­den war, wie immer mit geschlos­se­nen Augen, hör­te ich Gewit­ter­don­ner, dann ent­deck­te ich Lucie in nächs­ter Nähe. Sie hat­te sich, wäh­rend ich träum­te, vor­sich­tig auf den Rücken mei­ner lin­ken Hand gesetzt und ihre Bei­ne ange­zo­gen, sodass sie nicht saß, viel­mehr auf mir lag. Ja, ist es denn Flie­gentieren mög­lich, die Augen zu schlie­ßen? — stop

 

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torero

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marim­ba : 4.52 — Dich­te Flie­gen­wol­ken in der Gewit­ter­luft überm Pal­men­gar­ten­see. Man müss­te als Vogel mit auf­ge­ris­se­nem Schna­bel nur zwei oder drei­mal knapp über das Was­ser rasen, schon hät­te man sich den Magen ver­dor­ben. In genau die­sem Zusam­men­hang beob­ach­te­te ich ver­gan­ge­ne Woche einen Fal­ter, der sich über der Was­ser­ober­flä­che wie ein Tore­ro ver­hielt. Rasan­te Flug­ma­nö­ver lock­ten einen angrei­fen­den Sper­ling immer wie­der ins Lee­re. Mit Span­nung auf den Absturz des Vogels ins Was­ser gewar­tet. Aber dann führ­te ein mini­ma­ler Wind­stoß in der fal­schen Sekun­de doch noch zum Ende des Fal­ters, der ein ver­we­ge­nes Tag­pfau­en­au­ge gewe­sen war. — Es ist jetzt 4 Uhr und noch immer Nacht, weil es dun­kel ist. Ich habe gera­de eine Notiz seziert, die ich auf einem sehr alten Zet­tel wie­der ent­deck­te. Ich kann mich an den Moment der Notiz nicht erin­nern, aber die Schrift ist mei­ne Hand­schrift. Sie ist zwan­zig Jah­re alt. Ein merk­wür­di­ger Anblick, als wür­de ich die Gedan­ken eines Frem­den betrach­ten, der mir doch ver­traut ist. Der Frem­de schrieb: Ein­mal für eine Stun­de lang über einer gro­ßen Stadt unter einem Zep­pe­lin auf der Stel­le schwe­ben, für die­se eine Stun­de nur, da die Gedan­ken der Men­schen in der Stadt hör­bar wer­den, die stren­gen, die leich­ten, die erin­ner­ten, die rasen­den Gedan­ken einer Stadt. — Ein Rau­schen viel­leicht. — stop

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yanuk : frogs

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sier­ra

~ : yanuk le
to : louis
sub­ject : LIGHT
date : july 12 08 6.15 p.m.

Lie­ber Mr. Lou­is, ich schreib Dir noch rasch, bevor die Dun­kel­heit wie ein nas­ses Tuch vom Him­mel fal­len wird. Ist Dir bekannt, dass ich seit bald zwei­hun­dert Tagen auf Baum No 728XZ sit­ze, ohne ein­mal den Erd­bo­den berührt zu haben? Viel Zeit habe ich in den ver­gan­ge­nen Wochen damit ver­bracht, mein Zelt gegen das Licht der Son­ne abzu­dich­ten. Wer­de fort­an ver­su­chen, am Tag zu schla­fen und nachts mei­nen For­schungs­ar­bei­ten nach­zu­ge­hen. Bin zufrie­den, habe vie­le neue Wesen ent­deckt, aber die Hit­ze setzt mir zu, und das Licht scheint doch eine Flüs­sig­keit zu sein, die durch den kleins­ten Spalt flie­ßen und mein Zelt aus­zu­fül­len ver­mag. Viel­leicht ist das Licht des­halb nicht aus­zu­schal­ten, weil ich weiß, dass es dort drau­ßen, vor mei­nem Zelt unter dem Man­tel von Blät­tern, hell ist, oder weil Licht in mei­nem Kopf brennt, das ich nicht zu Ende den­ken kann. Und doch, mein lie­ber Lou­is, bin ich glück­lich. Dank Dir herz­lich für den fei­nen Sim­mons Text. Das ers­te Buch, das ich per E‑Mail erhal­ten habe. Ich bin natür­lich bis­lang nicht sehr geübt im Lesen vor Bild­schir­men und die Fal­ter set­zen mir zu. Sie haben die Grö­ße mei­ner Hän­de, sind stau­big und zu schwer für die Zun­gen der Frö­sche, die in mei­ner Nähe sit­zen und war­ten, dass ich mit mei­nen Selbst­ge­sprä­chen begin­nen wer­de. Manch­mal habe ich das Gefühl, bereits selt­sam gewor­den zu sein. Viel­leicht bin ich ein erfun­de­nes Geschöpf? Wirst Du schrei­ben, sobald Du etwas Ver­rückt­heit bei mir fin­dest? – 6.12 p.m. 32 °C. 97 Pro­zent Luft­feuch­te. Posi­ti­on 1°38’S 61°42’W — Yanuk

 

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22.05 UTC
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geraldine : limonade

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echo

~ : geraldine
to : louis
sub­ject : LIMONADE

Lie­ber Mr. Lou­is, stel­len Sie sich vor, heu­te habe ich einen Vogel gefüt­tert. Ich lag, wie jeden Tag seit wir New York ver­las­sen haben, auf einer Lie­ge an Deck und habe geschla­fen. Als ich mei­ne Augen öff­ne­te, saß eine Möwe vor mir auf der Reling. Ich habe mich vor­sich­tig auf­ge­setzt und etwas Brot in die Luft gewor­fen und die Möwe hat das Brot gefan­gen und ist sofort wei­ter­ge­flo­gen. Seit ges­tern haben wir viel Wind. Papa kommt immer wie­der vor­bei und schaut nach mir, aber es geht ihm nicht gut, ihm ist übel und auch Mama liegt im Bett, weil sie bei­de see­krank sind. Ich glau­be, sie wis­sen jetzt, wie ich mich füh­le, immer­zu füh­le. Sie sehen bei­de gar nicht gut aus. Mir aber schei­nen die hohen Wel­len nichts aus­zu­ma­chen, ich sit­ze oder lie­ge und schaue auf das Meer und hof­fe, dass die Son­ne nicht unter­ge­hen wird, bis wir in Euro­pa sein wer­den. Die Möwen sind still hier drau­ßen. Viel­leicht wird ihr Schrei­en vom Wind fort­ge­tra­gen. Ein wirk­lich kräf­ti­ger und küh­ler Wind, und der jun­ge Kell­ner, der Ste­wart, wie man hier sagt, muss sich gegen ihn stem­men, wenn er über das Deck zu mir kommt. Er kennt mei­nen Namen. Er sagt, Mrs. Geral­di­ne, ich soll mich um Sie küm­mern, wol­len Sie eine Limo­na­de. Ja, und immer will ich sofort eine Limo­na­de. Sie ist blau, Mr. Lou­is, noch nie zuvor habe ich blaue Limo­na­de getrun­ken, sehr süße blaue Limo­na­de, die nach Lakrit­ze schmeckt. Ich sehe ger­ne sei­nen Hän­den zu, wie er die Fla­sche für mich öff­net, weil ich doch kaum Kraft habe die Fla­sche selbst zu öff­nen. Er hat mir ges­tern gesagt, Mr. Lou­is, dass ich schön sei, fast durch­sich­tig, und dass er sich sehr ger­ne mit mir unter­hal­ten wür­de. Sein Blick ist trau­rig, ich kann nicht sagen, war­um er so trau­rig ist, wenn er mich anschaut. Manch­mal schlägt er die Augen nie­der, wenn ich ihn anse­he. Ich habe mir gedacht, dass er viel­leicht sei­ne Gedan­ken vor mir ver­ber­gen möch­te. Ich weiß jetzt, dass ich nicht schrei­en wer­de, wenn er mich bald ein­mal küs­sen wird. Ich bin so müde, Mr. Lou­is, ich bin 20 Jah­re alt, aber ich bin unend­lich müde. Höre auf zu schrei­ben für heu­te: Ich grü­ße Sie herz­lich. Ihre Geral­di­ne auf hoher See.

notiert im Jah­re 1962
an Bord der Queen Mary
auf­ge­fan­gen am 24.6.2008
22.15 MESZ

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yanuk : lichtmaschine

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india

~ : yanuk le
to : louis
sub­ject : FROGS
date : june 1 08 8.15 p.m.

Lie­ber Mr. Lou­is, seit acht Tagen Regen. Ver­brach­te zuletzt sechs Stun­den an den Stamm mei­nes Bau­mes gefes­selt, um nicht vom Sturm in die Tie­fe geris­sen zu wer­den. Ges­tern, sehr früh in der Mor­gen­däm­me­rung, dann auf Höhe 152 zurück­ge­kehrt. Das Lager, ram­po­niert. Ein paar Affen, Tama­ri­ne, haben sich breit gemacht, muss­te kämp­fen, ehe sie die Platt­form räum­ten. Habe mei­ne Vor­rä­te zum Trock­nen aus­ge­brei­tet, Nüs­se, vor­wie­gend Nüs­se, und ein paar Fleisch­kon­ser­ven sind da noch und etwas Brot, das hof­fent­lich nicht schim­meln wird. Bin jetzt ohne Licht­ma­schi­ne, der Sturm hat sie mit sich fort­ge­ris­sen. Aber die Amei­sen sind zurück, Du erin­nerst Dich, trä­ge Amei­sen­tie­re, die nach Lan­gus­ten schme­cken. Des­halb ohne Furcht, habe Trink­was­ser im Über­fluss. Wer­de mor­gen wei­ter zu den Frö­schen spre­chen. Wie selt­sam, mei­ne Stim­me aus ihren Schall­beu­teln zu ver­neh­men. So deut­lich flüs­tern sie mir nach, als ob kei­ne ande­re, als die mensch­li­che Spra­che, ihnen je zu Ohren gekom­men wäre. Erstaun­li­che Ent­de­ckung. Wel­chen Namen, fra­ge ich Dich, soll ich ihrer Gat­tung geben? — Yanuk

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20.57 UTC
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flaubert

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india

~ : louis
to : Mr. gust­ave flaubert
sub­ject : MEMPHIS

Ver­ehr­ter Mr. Flau­bert, ges­tern, am spä­ten Nach­mit­tag, knis­ter­te ein fei­ner Regen ans Dach­fens­ter mei­nes Zim­mers und ich habe mich auf den Rücken gelegt und ihr ägyp­ti­sches Rei­se­ta­ge­buch geöff­net, eine sehr fei­ne Arbeit, detail­liert, das Abschied­neh­men, ihre vor­aus rei­sen­den Kof­fer. Wäh­rend Sie gera­de an Bord der Can­ja Mem­phis pas­sier­ten, bin ich ein­ge­schla­fen, viel­leicht weil ich müde war von einer viel zu kur­zen Nacht. Als ich wie­der wach wur­de, knis­ter­te der Regen noch immer gegen das Fens­ter, und ich erin­ner­te mich, ihnen erzäh­len zu wol­len, dass ich seit vor­ges­tern, 15 Uhr mit­tel­eu­ro­päi­scher Som­mer­zeit, Augen­paa­re samm­le, die mei­ne elek­tri­sche Sei­te besu­chen. Ver­mut­lich wer­den Sie mich für einen selt­sa­men Vogel hal­ten, weil ich Augen paar­wei­se zäh­le, ihre Exis­tenz und woher sie kom­men und wel­che Bril­len sie tra­gen und die Zeit mes­se, die sie mit mei­nen Wör­tern ver­brach­ten. Ges­tern Abend um 22 Uhr 17 Minu­ten und 11 Sekun­den hat­te ich Besuch aus Shang­hai. In gro­ßer Ent­fer­nung lur­ten also ein paar Augen, ver­weil­ten, kaum zu glau­ben, sechs Sekun­den auf mei­nen Zei­len, dann waren sie wie­der weg. Ich habe mir gedacht, dass die­se has­ti­gen Augen viel­leicht mei­ne Schrift­zei­chen nicht ent­zif­fern konn­ten, dass sie des­halb nur zwei oder drei Atem­zü­ge lang bei mir ver­weil­ten. Ja, lie­ber Flau­bert, das könn­te sein, nein, ich hof­fe, dass es so gewe­sen ist. Spä­ter Abend schon wie­der. Wer­de jetzt wei­ter lesen in Ihrer ägyp­ti­schen Rei­se, wäh­rend die Augen­zähl­ma­schi­ne arbei­tet, ohne dass ich mich auch nur ein­mal für sie bewe­gen müss­te. Ihr Lou­is, mit aller­bes­ten Grüßen.

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johnny got his gun

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echo : 2.55 — Ich will heu­te nichts tun, als mich von dem Film John­ny got his gun erho­len. Sit­ze im Licht der Com­pu­ter­ma­schi­ne und ver­zeich­ne mit einem Blei­stift Wege, die mei­ne Spring­spin­ne über den Schreib­tisch spa­ziert, auf ein Blatt Papier. stop. Selt­sa­me Figu­ren. stop. stop. Ana­to­misch betrach­tet, zeigt sich die Weg­stre­cke des olym­pi­schen Feu­ers als offen lie­gen­de Ner­ven­bahn einer Dik­ta­tur. — Zwei Uhr eins. Nacht in Ran­gen, Bur­ma. — stop

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sames salter

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~ : louis
to : Mr. james salter
sub­ject : MARIT

Lie­ber James Sal­ter, als ich heu­te Nacht am Schreib­tisch saß und in Ihren wun­der­ba­ren Erzäh­lun­gen las, habe ich eine klei­ne Spin­ne bemerkt, die mich beob­ach­te­te, jawohl, sie saß auf dem Feins­ten der Blatt­haa­re eines Ele­fan­ten­fuß­bau­mes, der neben mei­ner Com­pu­ter­ma­schi­ne steht, und beob­ach­te­te mich aus meh­re­ren win­zi­gen schwar­zen Augen. Ich habe über­legt, was die­ses Wesen wohl in mir sieht. Für einen wei­te­ren kur­zen Moment habe ich dar­über nach­ge­dacht, ob Spin­nen viel­leicht hören, — ich lese oft laut vor mich hin, das soll­ten sie wis­sen -, und so wun­der­te ich mich, dass ich vie­le Jah­re gelebt habe, ohne der Fra­ge nach­zu­ge­hen, ob Spin­nen über Ohren­paa­re oder doch wenigs­tens über einen zen­tra­len Gehör­gang, wo auch immer, ver­fü­gen. Ich saß also am Schreib­tisch, ich las und die klei­ne geti­ger­te Spin­ne, von der ich Ihnen erzäh­le, seil­te sich zur Tas­ta­tur mei­ner Com­pu­ter­ma­schi­ne ab. Ich hat­te den Ein­druck, dass ihr die­se Luft­num­mer Freu­de mach­te, weil sie ihre Lan­dung immer wie­der hin­aus­zö­ger­te, indem sie den Faden, der aus ihr selbst her­aus­ge­kom­men war, ver­speis­te, dem­zu­fol­ge ver­kürz­te. Viel­leicht hat­te sie bemerkt, dass ich sie betrach­te­te, das ist denk­bar, weil ich auf­ge­hört hat­te, laut zu lesen für einen Moment, um nach­zu­den­ken, viel­leicht woll­te sie, um sich mir dar­zu­stel­len, auf mei­ner Augen­hö­he blei­ben. Das war genau in dem Moment als Marit nach ihrer letz­ten Nacht auf unsi­che­ren Bei­nen die Trep­pe her­un­ter­ge­kom­men war, Marit, die doch eigent­lich seit Stun­den schon tot gewe­sen sein muss­te. Marit setz­te sich auf eine Trep­pe und begann zu wei­nen. Sicher wer­den Sie sich erin­nern an Marit, wie sie auf der Trep­pe sitzt und weint, weil sie wuss­te, dass sie eine wei­te­re letz­te Nacht vor sich haben wür­de. Als ich las, dass Marit lebt und weint, habe ich eine Pau­se gemacht, weil ich erschüt­tert war, weil das Gift nicht gewirkt hat­te. Ich saß vor mei­nem Schreib­tisch und über­leg­te, ob auch sie, James Sal­ter, erschüt­tert waren, als Marit so lang­sam, auf unsi­che­ren Bei­nen die Trep­pe her­un­ter­kam. Und wäh­rend ich an Sie und Ihre Schreib­ma­schi­ne dach­te, beob­ach­te­te ich die Spin­ne, die mit ihren sehr klei­nen Bei­nen, den Faden, an dem sie hing, betas­te­te. Ist das nicht ein Wun­der, eine Spin­ne wie die­se Spin­ne? Haben Sie schon ein­mal bemerkt, dass es nicht mög­lich ist mit einer elek­tri­schen Schreib­ma­schi­ne zwei Buch­sta­ben zur glei­chen Zeit, also über­ein­an­der, auf das Papier oder den Bild­schirm zu schrei­ben? Immer ist einer vor, nie­mals unter dem ande­ren. Mit herz­li­chen Grü­ßen. Louis.

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louis armstrong

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5.15 — Ges­tern, in den frü­hen Abend­stun­den, eine zau­ber­haf­te Text­pas­sa­ge erin­nert, die ich vor lan­ger Zeit ein­mal gele­sen habe. Sie erzähl­te etwas von der Lie­be zu Honig­bro­ten und von der Ruhe eines Mor­gens vor einem lee­ren Schreib­tisch und von Lou­is Arm­strongs knur­ren­der und schnar­ren­der Stim­me, und weil ich gera­de in einem Super­markt unter­wegs gewe­sen war, habe ich mir ein Glas Honig gekauft. Ich woll­te der Kas­sie­re­rin erzäh­len, wes­halb ich mir Honig kau­fe und dass die­ses Glas das ers­te Glas Honig sei, das ich seit Jah­ren mit mir nach Hau­se neh­men wür­de, und dass man, wenn es reg­net, zu Hau­se her­um­sit­zen kön­ne und Geor­ge Gershwins Sum­mer­ti­me hören in 20 Varia­tio­nen. Dann wahr­ge­nom­men, wie müde, wie erschöpft die Frau gewe­sen ist. Anstatt zu spre­chen, etwas Scho­ko­la­de ange­bo­ten. Ihr selt­sa­mer Blick ins rote Licht des Scan­ners. — Wenn man jah­re­lang Bom­ben unter Men­schen wirft, genügt die Behaup­tung einer Bom­be, um eine Men­schen­men­ge in eine töd­lich wir­ken­de Panik zu ver­set­zen. — stop

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trompetenkäfer

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~ : louis
to : Mr. eliot
sub­ject : TROMPETENKÄFER

Lie­ber Eli­ot, bei uns ist jetzt schon Diens­tag. Ges­tern, also am Mon­tag noch, war ich spa­zie­ren im schöns­ten Gar­ten der Stadt. Stür­mi­sche Luft, alles ging ver­kehrt her­um, es reg­ne­te aus dem Boden, die Son­ne war auch irgend­wo da unten und ich konn­te nicht notie­ren, weil mir mein Notiz­buch davon geflo­gen war. Ich habe Dir des­halb nicht viel zu berich­ten, weil ich ohne mein Notiz­buch nicht anfan­ge zu den­ken. An den letz­ten Gedan­ken, den ich in mein Notiz­buch notier­te, ehe es an den Wind ver­lo­ren ging, kann ich mich gera­de noch erin­nern. Das also sollst Du wis­sen, ich habe ent­deckt, dass ich, sobald ich einen Trom­pe­ten­kä­fer zu ent­wer­fen wün­sche, über die Lun­ge die­ses Wesens, genau­er über sei­ne Luft­pum­pe und ihre Posi­ti­on in den Zusam­men­hän­gen eines Käfer­kör­pers nach­zu­den­ken habe, ande­rer­seits, aus vor­wie­gend phy­si­ka­li­schen Grün­den, über die Füße des Käfers, die der­art zu kon­zi­pie­ren sind, dass der Käfer, sobald er einen Trom­pe­ten­ton zu erzeu­gen wünscht, in der Lage sein wird, sich zunächst fest auf dem Boden, einem Blü­ten­blatt oder einem mensch­li­chen Fin­ger zu ver­an­kern, um dem Rück­stoß, den wir sehr sicher erwar­ten dür­fen, Wider­stand ent­ge­gen­set­zen zu kön­nen. Zu wei­te­ren Gedan­ken, lie­ber Eli­ot, war ich ges­tern nicht in der Lage. Bald wird der Sturm auch zu Euch her­über­ge­kom­men sein. Die­se E‑Mail ist schnel­ler als der Wind. Dein Louis

gesen­det am
11.03.2008
22.56 MEZ
1068 Zeichen

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