sierra : 16.28 — Gestern Abend, im Flughafenzug, erzählte Galina, die seit zehn Jahren in der Bundesrepublik Deutschland lebt, sie sei vor wenigen Wochen mit ihrer 85-jährigen Großmutter nach Ägypten ans Meer geflogen, ein Wagnis, ein Abenteuer, weil ihre Großmutter, eine federleichte Person, kaum noch auf ihren eigenen Füßen gehen könne. Man habe sie in einem kleinen, offenen Elektroautomobil vor das Flugzeug gefahren und das „uralte Mädchen“ mittels einer speziellen Hebebühne zu einer besonderen Tür am Heck des Flugzeuges transportiert. Dort sei sie winkend verschwunden, um ihrer Enkelin kurz darauf freudestrahlend mittels eines Rollators im Gang des Flugzeuges entgegenzukommen, als hätten sie sich Jahre nicht gesehen. Die alte Frau, deren Name Galina nicht erwähnte, soll in ihrem Leben weit herumgekommen sein. Sie lebte in der Ukraine nahe Donezk, einige Jahre später zog sie nach Kirgisien weiter, auch dort, nahe der chinesischen Grenze, wurde die deutsche Sprache in einer Weise gesprochen, dass ich sie nur mit Mühe verstehen würde, bemerkte Galina. In Ägypten habe ihre Großmutter stundenlang bis zu den Schultern mit Wasser bedeckt im Meer gestanden, sie habe sich an einem Schwimmbrett festgehalten und gesummt und gewartet, dass die Fische zu ihr kommen. Ihr dreieckiges Kopftuch, das sie immerzu trage, habe sie indessen so gebunden, wie sie es von Grace Kelly lernte. Abends saßen die junge und die alte Frau in lindgrüne Bademäntel gehüllt im Hotelzimmer vor dem Bildschirm eines Notebooks. Sie waren via Skype mit Familienangehörigen in Donezk verbunden, immer wieder sei die Verbindung unterbrochen worden, einmal seien Detonationen zu hören gewesen, da habe sich ihre Großmutter ins Bett gelegt. Am nächsten Morgen schwebte die alte Frau wieder lange Zeit im Meer dahin. — stop
Aus der Wörtersammlung: fische
eine uhr mit pendel nahe garten
echo : 0.08 — Eine alte Dame am Morgen, wie sie vor einer Uhr steht. Es handelt sich um eine große, schwere Standuhr, Zifferblatt und Zeiger lungern in einer Höhe von 1 Meter 80 über dem Boden. Nahe der Stelle, da die Achsen der Zeiger sich in das Uhrwerk vertiefen, befindet sich eine Öffnung für einen Schlüssel, mit welchem die Uhr aufgezogen werden kann. Ein Pendel setzt sich dann nach leichtem Stoß in dauerhafte Bewegung, die Uhr scheint leise zu atmen, kaum ein tickendes Geräusch ist zu vernehmen, aber zur vollen Stunde, ja, zur vollen Stunde, im Garten fliegen die Vögel von den Bäumen auf, Frösche verschwinden kopfüber im Teich, Katzen jagen wie irr umher, am Tisch im Wohnzimmer ist dem ein oder anderen Gast vor Schreck bereits eine Tasse oder ein Löffel oder eine Gabel aus der Hand gefallen. Vor dieser Uhr nun steht die alte Frau, vor einer Zeitmaschine, die sie für die Nacht zum Schweigen brachte, ihre pendelnde Bewegung demzufolge stoppte, um sie morgens wieder ins Leben zurückzurufen. Folgendes geschieht: Die zierliche Frau stellt sich auf ihre Zehenspitzen und beginnt damit, den Minutenzeiger der Uhr vorwärtszubewegen. Es geht darum, die verlorene Zeit einzuholen, Stunde um Stunde, ein Anblick, der Philosophen begeistert. Draußen im Garten bewegt sich die Welt plötzlich schneller, und wieder fliegen die Vögel auf und die Katzen beißen sich in den Schwanz, und die Fische gehen schwungvoll über den Rasen spazieren, nur die Frösche, sie tun so, als wäre all das nichts Besonderes. Nach fünf Minuten ist Ruhe. – stop
arteria marau
romeo : 0.26 — Ich beobachtete meine Hände. Plötzlich der Wunsch, alle entdeckten Strukturen, Haut, Sehnen, Muskeln, Blutgefäße, Ströme, Atolle, Verzweigungen, Äste, bezeichnen zu können in lateinischer oder griechischer Sprache. Oder vielleicht einmal eigene Begriffe wählen. Ich könnte nach geografischen Phänomenen suchen: arteria japura . arteria solimoes . arteria madeira — stop
am karibasee
alpha : 20.22 — Nadine Gordimer erzählte vor wenigen Tagen in einem Fernsehgespräch, man habe vor langer Zeit ihren Roman Burger’s Daughter auf geheimen Wegen zu Nelson Mandela ins Gefängnis geschmuggelt. Auf denselben geheimen Wegen sei ihr kurz darauf ein persönlicher Brief Nelson Mandelas übermittelt worden, zeitlebens ein kostbares Dokument. Ich hörte Nadine Gordimer’s helle Stimme zum ersten Mal. Während ich lauschte und ihr anmutiges Gesicht betrachtete, erinnerte ich mich an den ersten Moment, da ich vor Jahren die Lektüre einer ihrer Erzählungen aufgenommen hatte, Something out There. Ich folgte damals nach wenigen Sätzen dem Wunsch, in der digitalen Sphäre eine Fotografie des Karibasees zu suchen, weil Nadine Gordimer vom künstlichen Gewässer in der Savannenlandschaft erzählte, von Elefanten gleichwohl, die sich in seine Fluten stürzten, um uralten Wanderrouten zu folgen. — Was hatten die ertrinkenden Tiere dort unter dem Wasserspiegel gesehen? — Wovon hatten sie gehört in ihrer letzten Lebenssekunde? — Ich las von der Tiefe des Sees, von Fischen, die in ihm leben sollen, von der Luftfeuchtigkeit und vom Gewicht der Elefantenkörper, von der Biodichte ihrer Körper und von Kulturen in Seenähe siedelnder Menschen. Und während ich so vor mich hin studierte, von Seite zu Seite, von Link zu Link, verging eine Stunde Zeit. Plötzlich erinnerte ich mich an das Buch, das ich neben mir abgelegt hatte, und setzte meine Lektüre fort. — Heute ist Nadine Gordimer gestorben. — stop
tucholsky : dos passos
echo : 5.32 — Um kurz nach vier Uhr entdecke ich das Patent eines Bürostuhls, der sich mit Strom versorgen lässt, um Schlafende durch leichte oder mittelschwere elektrische Schläge zu wecken. Kurz darauf, schon hell, ein Text Kurt Tucholskys aus dem Jahr 1928. Ich zitiere: John Dos Passos, ›Manhattan Transfer‹ Da ist ›Manhattan Transfer‹ von John Dos Passos (bei S. Fischer in Berlin). Dieser halbe Amerikaner, dessen ›Drei Soldaten‹ (im Malik-Verlag) gar nicht genug zu empfehlen sind, hat da etwas Gutes gemacht. Ich denke, dass die Mode der amerikanischen Romane, die uns die Verleger und die Snobs durch Übermaß sacht zu verekeln beginnen, nachgelassen hat – und das ist auch gut so. Nicht etwa, weil nervöse und wenig erfolgreiche Reaktionäre der Literatur, zum Beispiel in den ›Münchner Neuesten Nachrichten‹, gegen die Übersetzungen aus dem Fremdländischen poltern –, sondern weil es zwischen der Hysterie der Anbetung und der Neurasthenie der Verdammung ein vernünftiges Mittelmaß gibt. Man soll fremde Länder kennenlernen – man soll sie nicht sofort segnen und nicht gleich verfluchen. ›Manhattan Transfer‹ ist ein gutes Buch – die Amerikaner haben sich da einen neuen Naturalismus zurechtgemacht, der zu jung ist, um an den alten französischen heranzureichen, aber doch fesselnd genug. Es sind Fotografien, nein, eigentlich gute kleine Radierungen, die uns da gezeigt werden; ob sie echt sind, kann ich nicht beurteilen, die Leute, die lange genug drüben gelebt haben, sagen Ja. Es ist die Lyrik der Großstadt darin, eine männliche Lyrik. Der Einsame auf der Bank: »Fein hast du dein Leben versaut, Josef Harley. Fünfundvierzig und keine Freude und keinen Cent, um dir gütlich zu tun.« Das hat einmal so gehießen: »Qu’as tu fait de ta jeunesse?«, und das ist von Verlaine und ist schon lange her, aber doch neu wie am ersten Tag. Das Mädchen da liegt auf ihrem Zimmer in der großen Stadt, schwimmt in der Zeit und ist so allein. Sehr schön, wie ein Mann auf der Bettkante sitzt, und da ist eine Frau, seine Frau, und ein Kind, sein Kind – und plötzlich sieht er, dass er »hagere rötliche Füße hat, von Treppen und Trottoirs verkrümmt. Auf beiden kleinen Zehen saß ein Hühnerauge.« Und da hat er Mitleid mit sich und weint. Das Buch ist auch formal gut – Dos Passos ist nicht nur ein Dichter, sondern auch ein begabter Schriftsteller. Sehr hübsch ist diese Denkfigur, der man öfter bei ihm begegnet: »Auf dem Treppenabsatz befand sich ein Spiegel. Kapitän James Merivale blieb stehen, um Kapitän James Merivale zu betrachten.« Und diese, die gradezu programmatisch ist und viel tiefer als sie, leichtgefügt, wie sie ist, zu sein scheint: »Nichts hat so viel Erfolg wie der Erfolg.« Eine ähnliche Drehtür des Stils steht bei Sinclair Lewis, im ›Elmer Gantry‹, einem Buch von dem hier noch ausführlich die Rede sein soll … Ein einziger Klub, heißt es da, wird Herrn Gantry, den Prediger, vielleicht aufnehmen. »Des Ansehens wegen. Um zu beweisen, dass sie unmöglich den Gin in ihren Schränken haben können, den sie in ihren Schränken haben.« Die Übersetzung von ›Manhattan Transfer‹ durch Paul Baudisch ist sauber und anständig. Kleine Anmerkung: Man sagt im Deutschen kaum: »Das macht mich zipflig« –, sondern wohl immer: »Das macht mich kribblig«. Und was ist dies hier? »Dü Mauretania läuft öben eun; vürundzwanzig Stunden Verspötung« – Spricht eine alte gezierte Dame so? ein Oberhofprediger? Nein, das ist die Übersetzung irgendeines ›slang‹, und die Männer, die sich mit Übertragungen aus dem Englischen befassen, sollten sich das abmachen. — Der Morgen kommt. Tauben sitzen auf dem Fensterbrett. Sie haben tief geschlafen. — stop
bafra
emilia nabokov no2
himalaya : 5.15 — Vor längerer Zeit hatte ich von einem Freund erzählt, der den fotografischen Schatten einer Künstlerin via Internet verfolgte. Er arbeitet selbst seit vielen Jahren in digitalen Räumen, beinahe könnte ich sagen, dass er seit vielen Jahren in digitalen Räumen zu existieren scheint. Zahlreiche seiner Arbeiten verbinden sich mit Arbeiten anderer Menschen, weil man auf ihn verweist, weil man auf ihn wartet, auf Texte, auch auf Bilder, Filme, Geräusche, die er aufnimmt, sobald er etwas Interessantes zu hören meint. Mit jeder Minute der vergehenden Zeit wächst sein elektrischer Schatten. Er macht das ähnlich wie eine New Yorker Fotografin, die stundenlang durch die Stadt spaziert und mit einem iPhone all das fotografiert, was ihr ins Auge fällt. Manchmal sind es hunderte Fotografien an einem einzigen Tag, die nur Sekunden nach Aufnahme von ihrem Fotoapparat, mit dem sie gleichwohl telefonieren kann, an das Flickr – Medium gesendet werden. Mein Freund erzählte, dass er den Eindruck habe, die junge fotografierende Frau in Echtzeit zu beobachten, ihr im Grunde so nah gekommen zu sein, dass er kurz vor Weihnachten fürchtete, etwas Ernsthaftes könnte ihr widerfahren sein, weil drei Tage in Folge keine Fotografie gesendet wurde. Am vierten Tag erkundigte er sich mittels einer E‑Mail, die er an Flickr sendete, ob es der schweigsamen Fotografin gut gehe, er mache sich Gedanken oder Sorgen. Man muss das wissen, mein Freund hatte der Fotografin nie zuvor geschrieben, kannte nicht einmal ihren wirklichen Namen, sondern nur ein Pseudonym: Emilia Nabokov No2. Eine halbe Stunde, nachdem die E‑Mail gesendet worden war, erschien, als habe ihm die spazierende Künstlerin zur Beruhigung geantwortet, eine Fotografie ohne Titel. Diese Fotografie erzählte davon, dass sich Emilia Nabokov No2 vermutlich nicht in New York aufhielt, sondern in Montauk, weil auf der Fotografie ein Leuchtturm auf einem verschneiten Hügel zu sehen war, der eindeutig zur kleinen Stadt Montauk an der nordöstlichen Spitze Long Islands gehörte. Im Hintergrund das Meer, und vorn, ob nun mit Absicht oder nicht, ein Fuß in einem Gummistiefel von knallroter Farbe. stop. Es ist jetzt April 2014 geworden. Nach Erscheinen der Fotografie, die den roten Gummistiefel zeigt, wurden von der Künstlerin Emilia Nabokov No 2 weitere 2756 Fotografien gesendet, im Oktober des vergangenen Jahres dann die letzte Aufnahme, seither Stille. — stop
schirmqualle
~ : oe som
to : louis
subject : SCHIRMQUALLE
date : dez 06 13 6.22 p.m.
Gestern ist Marlen zu ihrer zweiten Exkursion in die Tiefe zu Noe aufgebrochen. Seit sie von ihrem ersten Besuch zurückgekehrt war, hatte sie nicht viel mit uns gesprochen. Sie erzählte lediglich, dass sie sich während der ersten Stunden ihres Aufenthaltes unter der Wasseroberfläche in ihrem Taucheranzug vor allem darauf konzentriert habe, sich möglichst nicht zu bewegen. Immer dann, wenn sie sich bewegte, sei die Enge ihres Habitats deutlich spürbar geworden, sie habe dann unter Atemnot gelitten. Solange sie sich jedoch kaum bewegte, sei alles gut gewesen. Noe habe keine Notiz von ihr genommen. Sie habe seine Augen bestens erkannt hinter der Scheibe seines Helmes, aber er selbst habe nicht einmal versucht, ihre, Marlens Augen, aufzusuchen. Es sei ihr unheimlich gewesen, entweder sei Noe sehr diszipliniert oder längst verrückt geworden. Natürlich habe sie geschlafen, selbstverständlich habe sie während des Schlafens ihre Augen geschlossen, und natürlich könne sie nicht ausschließen, dass Noe ihr in dieser Zeit nicht doch etwas Aufmerksamkeit gewidmet haben könnte. In den langen Stunden ihres Besuches habe er ohne Unterbrechung vorgelesen. Er habe das Buch indessen mit seinen eisernen Handschuhen festgehalten. Fische waren nicht in ihre Nähe gekommen, weshalb sie Fische nicht beschreiben könne, aber eine blau leuchtende Schirmqualle. Sie habe das Seil, an dem Noe befestigt ist, genauer betrachtet, es sei doch sehr dünn, auch Noe’s Atemversorgung wirke höchst zerbrechlich. Natürlich habe sie nicht unmittelbar verstanden, welche Wörter und Sätze Noe formulierte, obwohl sie ihm sehr nah gekommen war. Sie habe jedoch Noe’s Stimme mittelbar über den Funk des Schiffes gehört, eine Stimme, wie aus einer großen Entfernung. – Weiterhin Schneefall und heftiger Wind. Es wird früh dunkel und spät wieder hell. Bob ist seekrank. Ich melde mich wieder. Ahoi. Dein OE SOM
gesendet am
6.12.2013
1878 zeichen
prada
tango : 5.16 — Die Handtasche, der ich mich in der vergangenen Nacht eingehend widmete, ist rot und weiß und von feinstem Leder. Zwei Fächer sind in ihrem schmalen Bauch zu finden, die man mit Druckknöpfen verschließen kann. In diesem Moment steht die Tasche auf vier metallenen Füßchen vor mir auf dem Schreibtisch, Schulterriemen, Tragehenkel, Außenfächer, ein wirklich ansehnliches Exemplar, das glänzt und leicht ist. Die Tasche wiegt in nicht befülltem Zustand gerade einmal 400 Gramm, so leicht ist diese Tasche, ganz erstaunlich. Nun habe ich Folgendes unternommen, ich habe zunächst in sorgfältigster Weise einen prächtigen Hautballon gefaltet und in das linke Seitenfach der Leichthandtasche abgelegt. Es handelt sich um ein filigranes, flugfähiges Naturprodukt, welches aus der Schwimmblase eines Mondfisches gefertigt wurde. Ein feiner Schlauch, nicht sichtbar auf den ersten Blick, führt vom Hals des Ballons wiederum zu einem Siphon, in dem sich Helium befindet. Ich habe ihn, nach längerer Überlegung, auf der gegenüberliegenden Seite, im zweiten Außenfach der Tasche untergebracht. Er verfügt über ein Ventil, welches unkontrolliertes Ausströmen des Gases verhindert, über einen Verschluss also, der mit einer sanften Fingerbewegung jederzeit geöffnet werden könnte, sodass das Gas im Bruchteil einer Sekunde in den Ballon schießen, das Futteral des Ballons öffnen und die Handtasche mit Auftrieb ergreifen würde. Sollte ich zu diesem Zeitpunkt das Ventil der Tasche öffnen, endete ihr Flug an der Decke meines Zimmers. — Kurz vor fünf Uhr am Morgen. Schon zu spät, um inmitten der Stadt heimlich einen Freiluftversuch unternehmen zu können. Noch etwas schlafen darum, dann eine Spindel mit äußerst feinem, aber zugfestem Faden in der Länge von 100 Metern an der Tasche befestigen, dann wieder Nacht. — stop
kilimandscharo
~ : malcolm
to : louis
subject : KILIMANDSCHARO
date : aug 05 12 8.08 p.m.
Es war gegen Mitternacht gestern, als Frankie das Haus in der 11. Straße über eine Feuerleiter verließ. Unverzüglich kehrte er an den Hudson River zurück, hockte einige Stunden auf einer Mauer am Wasser, von dem in diesen Tagen ein strenger Geruch ausgeht. Es ist heiß und schwül. Wir haben tote Fische beobachtet, deren Körper an den Quai schlagen. Der Fluss schäumt in seinen Presswirbeln, New Jersey scheint nah, als würde die Luft eine unsichtbare Lupe formieren. Alles geht einen guten Weg. Vor zwei Wochen hatten wir Frankie zuletzt betäubt, um Brennstoffzellen seiner Sender zu erneuern. Weit in das kommende Jahr werden sie kraftvoll arbeiten. Tatsächlich scheint sich unser Eichhörnchen von den Strapazen der Narkose schnell erholt zu haben. In den Minuten seines Aufbruchs hatte er es nicht eilig. Rose sagte, sie habe den Eindruck, Frankie würde darauf achten, dass wir ihm folgen. Im Morgengrauen setzte er seine Wanderung südwärts fort. Fröhlich seine Bewegungen hin und her, und da die Bäume wieder ernst zu nehmende Höhen erreichen, auf und ab. Es ist jetzt längst Abend geworden, wir ruhen Höhe Moore Street auf einer Bank. Frankie betrachtet Schiffe, die den Fluss passieren. Manchmal richtet er seinen Blick auf uns, ich glaube, wir sind ihm tatsächlich vertraut gewesen, Freunde, die ihn jederzeit mit einem Knopfdruck töten könnten. Ein kaum hörbares Geräusch. Ein Herz, das zerbricht. Ich habe von diesem Moment eines unglücklichen Endes geträumt, von meinem Finger, der Frankies Leben löscht, von einer Sekunde zur anderen, ohne Erklärung, ohne Warnung, weil wir den Befehl dazu erhalten haben. Es war ein Albtraum, den wir alle schon träumten. Aber wir sprechen nicht viel davon, nicht vom Ende, aber natürlich davon, dass Frankie bald Battery Park erreicht haben wird. Niemand weiß, wie es weitergehen wird. — Ihr Malcolm / codewort : kilimandscharo
empfangen am
05.08.2013
1880 zeichen