Aus der Wörtersammlung: eisen

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ai : VIETNAM

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MENSCH IN GEFAHR: „Die Men­schen­rechts­ver­tei­di­ge­rin Nguyễn Ngọc Như Quỳnh, die als Blog­ge­rin unter dem Namen Mẹ Nấm (Mut­ter Pilz) bekannt ist, wur­de am 10. Okto­ber fest­ge­nom­men und wegen “Pro­pa­gan­da” gegen den Staat nach Para­graf 88 des viet­na­me­si­schen Straf­ge­setz­buchs ange­klagt. Ihr dro­hen Fol­ter und ander­wei­ti­ge Miss­hand­lung. Es ist nicht bekannt, wo sie zur­zeit fest­ge­hal­ten wird. / Nguyễn Ngọc Như Quỳnh wur­de am 10. Okto­ber um 10 Uhr in ihrer Hei­mat­stadt Nha Trang in der Pro­vinz Khánh Hòa in der Regi­on Nam Trung Bộ fest­ge­nom­men. Zum Zeit­punkt ihrer Fest­nah­me beglei­te­te Nguyễn Ngọc Như Quỳnh die Mut­ter eines Akti­vis­ten, die ihren Sohn in einem ört­li­chen Gefäng­nis besu­chen woll­te. Sicher­heits­kräf­te brach­ten Nguyễn Ngọc Như Quỳnh gegen 11:30 Uhr zu ihrem Zuhau­se und führ­ten dort eine Durch­su­chung durch. Dabei beschlag­nahm­ten sie ihren Com­pu­ter, elek­tro­ni­sche Gerä­te und Demonstrationsplakate./ Nguyễn Ngọc Như Quỳnh wur­de wegen “Pro­pa­gan­da” gegen den Staat nach Para­graf 88 des viet­na­me­si­schen Straf­ge­setz­buchs ange­klagt. Bei einer Ver­ur­tei­lung dro­hen ihr zwi­schen drei und 20 Jah­re Haft. Es ist nicht bekannt, wo sie zur­zeit fest­ge­hal­ten wird. In Viet­nam kön­nen Per­so­nen, die mut­maß­li­cher Straf­ta­ten im Zusam­men­hang mit der natio­na­len Sicher­heit beschul­digt wer­den, bis zu zwei Jah­re in Haft ohne Kon­takt zur Außen­welt fest­ge­hal­ten wer­den, bevor es zu einem Pro­zess kommt. / Staat­li­che Medi­en berich­te­ten, dass Nguyễn Ngọc Như Quỳnh straf­recht­lich ver­folgt wer­de, da sie auf Face­book Arti­kel geschrie­ben und gepos­tet sowie Vide­os und Tex­te geteilt hat­te, in wel­chen die seit 2012 regie­ren­de Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Viet­nams (KPV) und der Staat kri­ti­siert wur­den. In dem Bericht wur­de ein Doku­ment zitiert, wel­ches Nguyễn Ngọc Như Quỳnh auf Face­book geteilt hat­te, und in dem 31 Per­so­nen genannt wur­den, die nach Ver­hö­ren durch die Poli­zei gestor­ben waren. Ihnen war »Beein­träch­ti­gung der natio­na­len und sozia­len Sicher­heit und Ord­nung« vor­ge­wor­fen wor­den. / Nguyễn Ngọc Như Quỳnh ist Mit­grün­de­rin des Unab­hän­gi­gen Viet­na­me­si­schen Blog­ger­netz­werks, wel­ches im Dezem­ber 2013 gegrün­det wur­de. Sie ist allein­er­zie­hen­de Mut­ter zwei­er Kin­der und wur­de wegen ihrer fried­li­chen Akti­vi­tä­ten mehr­mals schi­ka­niert, fest­ge­nom­men und ver­hört. Es ist ihr außer­dem nicht gestat­tet, ins Aus­land zu rei­sen. Sie setzt sich seit mehr als zehn Jah­ren für Men­schen­rech­te und gegen Unge­rech­tig­keit ein und ist eine belieb­te und bekann­te Blog­ge­rin.“ — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 24. Novem­ber 2016 hin­aus, unter > ai : urgent action

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aleppo

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hima­la­ya : 0.02 — Viel­leicht darf ich fol­gen­den Bericht in vol­ler Län­ge wie­der­ge­ben. Der jun­ge Jour­na­list Zou­hir al Shim­le berich­tet via E‑Mail für Die Zeit: Seit Alep­po bela­gert ist, flie­gen Assads Trup­pen und sei­ne Ver­bün­de­ten jeden Tag Luft­schlä­ge auf die Vier­tel der Rebel­len, also auch dort, wo ich lebe. Unun­ter­bro­chen dröh­nen Kampf­jets über uns hin­weg, Heli­ko­pter krei­sen über den Häu­sern. Jeden Tag ster­ben hier fast fünf­zig Zivi­lis­ten. Wir leben in einem nie enden­den Getö­se von Schie­ße­rei­en, Explo­sio­nen, Geschrei. Die meis­ten von uns trau­en sich nicht mehr, nach drau­ßen zu gehen. Manch­mal het­zen ein paar Leu­te die Stra­ßen ent­lang, um Lebens­mit­tel zu besor­gen – und ren­nen sofort nach dem Ein­kauf zurück in ihre Woh­nun­gen. Dabei ist es zu Hau­se nicht siche­rer als auf der Stra­ße. Denn die Bom­ben tref­fen auch unse­re Häu­ser. Wäh­rend ich die­se Zei­len schrei­be, höre ich das Don­nern der Kampf­flug­zeu­ge, von irgend­wo her dringt Gefechts­lärm. Gott sei Dank habe ich bis­her alle Angrif­fe über­lebt. Aber vor ein paar Tagen war ich dem Tod so nah wie nie zuvor. Ich war im Vier­tel Al-Mash­had unter­wegs, dort, wo mein Büro ist. Ich stand gera­de im Laden in unse­rer Stra­ße, um mir etwas zu trin­ken zu kau­fen, als die ers­te Fass­bom­be ein­schlug, gera­de mal fünf Häu­ser von uns ent­fernt. Ich duck­te mich für eini­ge Sekun­den vor den umher­flie­gen­den Metall­tei­len. Dann rann­te ich raus auf die Stra­ße. Nur weni­ge Sekun­den spä­ter schlug in der Stra­ße die zwei­te Fass­bom­be ein. Ein Metall­split­ter bohr­te sich in mei­nen Rücken, ein ande­rer in mein Bein. Ich rann­te von der Stra­ße wie­der zurück zum Laden. Und war vor Schock wie gelähmt: Sie­ben Men­schen, die dort Schutz vor der zwei­ten Bom­be gesucht hat­ten, waren tot, zer­quetscht vom Schutt der ein­ge­stürz­ten Decke. Sie star­ben nur, weil sie sich in den Sekun­den der Explo­si­on anders ent­schie­den hat­ten: Sie hiel­ten sich zwi­schen den Rega­len ver­steckt, wäh­rend ich auf die Stra­ße lief. Nur des­we­gen habe ich als Ein­zi­ger von uns über­lebt. Die Hel­fer hat­ten gro­ße Mühe, die ver­dreh­ten und durch­trenn­ten Kör­per aus dem Geröll zu zie­hen. Ange­hö­ri­ge der Toten lagen am Boden und schrien, Kin­der wein­ten. Aus eini­gen Kör­pern quol­len Inne­rei­en, über­all lagen abge­trenn­te Hän­de und Bei­ne. Ins­ge­samt star­ben durch die­se Angrif­fe 15 Men­schen, 25 – mit mir – wur­den ver­letzt. Ich kann die­se Bil­der nicht ver­ges­sen. Ich hät­te einer die­ser Kör­per sein kön­nen. Ich wur­de schnell in ein Kran­ken­haus gebracht, doch hel­fen konn­te mir dort nie­mand. Zu vie­le Men­schen benö­tig­ten Hil­fe, unauf­hör­lich brach­ten Män­ner neue Tra­gen mit Schwer­ver­letz­ten hin­ein. Wäh­rend ich auf den Arzt war­te­te, sah ich so viel Blut, dass ich zu hal­lu­zi­nie­ren begann. Ein Freund brach­te mich des­halb in ein ande­res Kran­ken­haus, wo sich Schwes­tern um mich küm­mer­ten. Sie ent­fern­ten einen Metall­split­ter, der ande­re steckt noch in mei­nem Bein. Sie sagen, er kön­ne erst in eini­ger Zeit ent­fernt wer­den. Doch es sind nicht nur die Bom­ben und Gefech­te, die unser Über­le­ben immer schwe­rer machen. Das Regime hat nun auch die Cas­tel­lo-Stra­ße ein­ge­nom­men. Sie ist eine Todes­zo­ne gewor­den: Stän­dig wird geschos­sen, bren­nen­de Autos lie­gen am Stra­ßen­rand. Das Regime kämpft dort mit aller Macht – und schnei­det uns damit von der Außen­welt ab. Die Cas­tel­lo-Stra­ße war bis­lang die ein­zi­ge Ver­bin­dung von Alep­po nach drau­ßen, in die Vor­or­te und in die Tür­kei. Es war die Lebens­ader der Stadt, von dort haben wir Lebens­mit­tel, Gas, Brenn­stoff, Trink­was­ser und Medi­zin bekom­men.  Die Bela­ge­rung ist für uns dra­ma­tisch. Denn jetzt gibt es kaum noch Obst und Gemü­se zu kau­fen, über­haupt sind die Märk­te fast leer. Auch haben wir immer weni­ger Brenn­stoff, wir ver­brau­chen gera­de die letz­ten Reser­ven der Stadt. Bald schon wer­den wir in kom­plet­ter Dun­kel­heit leben. Das ist es, was das Regime und sei­ne Mili­zen wol­len: dass Alep­po lang­sam stirbt. Sie set­zen dabei allein auf die Zeit. Wir, die noch rund 300.000 Ver­blie­be­nen, wer­den nicht mehr lan­ge ver­sorgt wer­den kön­nen. Ich fürch­te, dass unser Unter­gang schließ­lich dadurch kommt, dass wir alle um Was­ser und Brot kämp­fen. Und dass die, die nicht mehr stark genug sind, dar­um zu kämp­fen, ein­fach ver­hun­gern wer­den. Fakt ist: Wir sit­zen fest. Wir haben kei­ne Chan­ce mehr, aus Ost-Alep­po her­aus­zu­kom­men. Ich habe immer mit drei Freun­den in einer WG zusam­men gewohnt. Jetzt ist nur noch einer von ihnen hier. Malek hat gehei­ra­tet und lebt nun mit sei­ner Frau zusam­men, sie erwar­ten ein Baby. Der ande­re, Jawad, konn­te in die Tür­kei ent­kom­men. Sein Vater wur­de bei einem Angriff schwer ver­letzt und Jawad konn­te mit ihm vor ein paar Wochen in die Tür­kei fah­ren, damit er dort medi­zi­ni­sche Hil­fe bekommt. Jawad ver­sucht, wie­der zu stu­die­ren. Er wird nicht mehr nach Alep­po zurück­kom­men. So zynisch es klingt: Er hat Glück gehabt. Denn nur sehr kran­ke Men­schen dür­fen mit einer Beglei­tung den Grenz­über­gang Bab al-Sal­a­meh in die Tür­kei pas­sie­ren. Die Tür­kei ist da sehr strikt. Für mich gilt das also nicht Selbst, wenn ich Alep­po ver­las­sen woll­te: Ich kann es nicht. Die Bom­bar­die­run­gen in der Stadt sind zu stark, ich wür­de nicht mehr weit kom­men. Ich weiß, dass ich hier nicht mehr weg­kom­men wer­de. Die Bom­ben fal­len wei­ter, jeden Tag, jede Stun­de. Sie tref­fen alles, was sich bewegt. Ich sit­ze in Alep­po fest. Aber noch bin ich am Leben. — stop
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im zug

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nord­pol : 0.02 — Oder aber ich hebe mei­nen Blick vom Bild­schirm mei­ner Schreib­ma­schi­ne. Ich beob­ach­te wie­der­um in einem Nacht­zug rei­send einen Film, der vom Über­le­ben in der Stadt Alep­po erzählt. Plötz­lich glau­be ich zu erken­nen, wie ein Mann im Zug mit einer Pis­to­le um sich schießt. Men­schen flüch­ten und fal­len um. Ich wer­de in die Schul­ter getrof­fen, und ich den­ke noch, ich soll­te wütend wer­den, es wäre gut, wenn man ein Löwe zu wer­den wünscht, wütend zu sein. Ein­mal ste­he ich auf, im Zug herrscht noch Frie­den. Ein älte­rer Mann wirft in die­sem Moment mit Wucht einen Blick auf mich: Bist Du gefähr­lich? Es ist kein ange­neh­mer Blick, es ist ein kal­ter Blick, den man nicht befra­gen kann, weil man weiß, dass man kei­ne kor­rek­te Ant­wort erhal­ten wür­de. Auch so her­um ist das also mög­lich. Selt­sa­me Gedan­ken. — stop
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abschnitt neufundland

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Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 102, Luft­fahrt — 24, Auto­mo­bi­le — 503], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 2, 19. Jahr­hun­dert – 18, 20. Jahr­hun­dert – 326, 21. Jahr­hun­dert — 788 ], Trol­ley­kof­fer [ blau : 3, rot : 77, gelb : 8, schwarz : 866 ] phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 166, gelöscht : 12 ], See­not­ret­tungs­wes­ten : [ 6788 ], Amei­sen [ Arbei­ter ] auf Treib­holz [ 10 ], Brumm­krei­sel : 3, Öle [ 0.88 Ton­nen ], Hör­rausch­ge­rä­te Typ Audi­fon Sue­no T : 2, Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 6, Knie­ge­len­ke – 698, Hüft­ku­geln – 12, Bril­len – 77 ], Halb­schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 551, Grö­ßen 38 — 45 : 43 ], Plas­tik­san­da­len [ 8722 ], Rei­se­do­ku­men­te [ 108 ], Kühl­schrän­ke [ 1 ], Tele­fo­ne [ 536 ], Pup­pen­köp­fe [ 18 ] Gas­mas­ken [ 6 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 1, mit Tau­cher – 2 ], Engels­zun­gen [ 101 ] | stop |

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im nachtexpress

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MELDUNG. In einem Groß­raum­wa­gon des Nacht­ex­pres­ses Mozart von Mün­chen ( Flug­ha­fen ) nach Wien ( Haupt­bahn­hof ) sind gegen Mit­ter­nacht auf­grund ver­se­hent­li­cher Ent­fal­tung eines 2‑Sekundenzeltes drei tas­ma­ni­sche Sing­zi­ka­den ( Cica­di­dae ), 22 aus­tra­li­sche Kno­ten­amei­sen ( rot / Myr­micinae ) sowie ein Dorn­teu­fel­chen ( 25 Gramm ) in die Frei­heit ent­wi­chen. Noch etwas Wei­te­res war flüch­tig, das knurr­te, ehe es ver­stumm­te. — stop

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zwitschern

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kili­man­dscha­ro : 2.02 — Beim Ohren­arzt tre­te ich durch eine schma­le Tür in einen Saal. Vögel flie­gen her­um, sie piep­sen und pfei­fen, dass es eine wah­re Freu­de ist. Da sind Rot­kehl­chen, Sper­lin­ge, Tiger­wald­sän­ger, Sei­den­schwän­ze, Ammern, Tanga­ren, Schwanz­mei­sen, woher ich nur die­se wun­der­ba­ren Namen habe? Zwei Fin­ken lan­den auf mei­nem Kopf, sie sin­gen nicht nur, sie spre­chen, sie sagen: Sie sind zu spät, haben Sie bit­te etwas Geduld! Im Saal lie­gen zwan­zig oder drei­ßig Men­schen in Bade­wan­nen, ande­re sit­zen auf Stüh­len, tra­gen irgend­wel­che blin­ken­den Käfi­ge über dem Kopf. Grad als ich mich hei­misch füh­le, bemer­ke ich einen Korb, in dem mensch­li­che Ohren lie­gen, das war nahe der Jor­al­e­mon Street. Ich sit­ze bald auf einer Bank mit Blick auf die Upper New York Bay. Es ist frü­her Abend. Wol­ken­lo­ser Him­mel. Noch immer kann ich nicht sagen, ob ich wirk­lich wach bin. — stop
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von den katzenschnecken

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alpha : 4.05 — Ich will, ehe es hell wer­den wird, noch schnell von einer beson­de­ren Schne­cken­gat­tung erzäh­len, von den Kat­zen­schne­cken näm­lich. Ich geste­he, ich habe kein Tier die­ser Art mit eige­nen Augen gese­hen, aber ich habe von ihnen gehört, man erzähl­te, nein, man ver­si­cher­te, sie wür­den tat­säch­lich bereits wirk­lich exis­tie­ren. Das Beson­de­re an die­sen Mol­lus­ken­tie­ren soll sein, dass sie mensch­li­cher Schöp­fung sind, jemand muss eine gewöhn­li­che Wein­berg­schne­cke mit­tels eines spe­zi­el­len gene­ti­schen Codes so ver­edelt haben, dass sie sich sehr schnell, in etwa so schnell und hek­tisch wie grö­ße­re Amei­sen bewe­gen. Aber war­um, frag­te ich mich, soll­te man Schne­cken, die doch von Natur aus eher gemüt­li­che Per­sön­lich­kei­ten sind, beschleu­ni­gen? Man erklär­te, man habe über­legt, dass Schne­cken, wenn man sie beschleu­ni­gen wür­de, für die Augen der gemei­nen Land­kat­zen sicht­bar wer­den wür­den und somit zur Beu­te. Kat­zen wür­den fort­an aller­hand Pro­ble­me lösen, die sich für Gar­ten­be­sit­zer im Früh­ling nach und nach ent­fal­ten. Ist das nicht wun­der­bar, rasen­de Sche­cken, ein paar Hun­dert von Ihnen sol­len sich bereits in den Ber­gen auf einer streng behü­te­ten Wie­se tum­meln? Von den Kat­zen, die man vor drei Tagen ins Schne­cken­frei­luft­ge­he­ge warf, soll noch kei­ne ein­zi­ge zurück­ge­kehrt sein. — stop
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ai : SÜDAFRIKA

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MENSCHEN IN GEFAHR: „Im März wur­de der süd­afri­ka­ni­sche Land­rechts­ak­ti­vist und Vor­sit­zen­de des Ama­di­ba Cri­sis Com­mit­tee (ACC), Sik­ho­si­phi Rha­de­be, erschos­sen. Kurz vor sei­nem Tod hat­te er erfah­ren, dass sein Name sowie die Namen zwei­er wei­te­rer Sprecher_innen des ACC auf einer “Abschuss­lis­te” ste­hen. Es gibt Zwei­fel an der Gründ­lich­keit der Unter­su­chun­gen der Tötung. Zudem besteht Sor­ge um die Sicher­heit der bei­den ACC-Spre­cher_in­nen sowie wei­te­rer Aktivist_innen, die in Xolo­be­ni gegen ein Berg­bau­pro­jekt kämp­fen. Sik­ho­si­phi “Bazoo­ka” Rha­de­be wur­de am 22. März 2016 von zwei Män­nern erschos­sen, die ihn bei sich zuhau­se in Lur­hol­we­ni in der Pro­vinz Ost­kap auf­such­ten und sich als Poli­zis­ten aus­ga­ben. Sein min­der­jäh­ri­ger Sohn war bei dem Vor­fall anwe­send. Weni­ge Stun­den vor sei­nem Tod hat­te Sik­ho­si­phi Rha­de­be erfah­ren, dass sein Name auf einer “Abschuss­lis­te” stand. Auf die­ser Lis­te befin­den sich zudem die Namen zwei­er wei­te­rer ACC-Mit­glie­der, Mza­mo Dla­mi­ni und Nonhle Mbut­hu­ma. Sik­ho­si­phi Rha­de­be war Lei­ter des ACC, einer Gemein­schafts­in­itia­ti­ve gegen den Abbau von Titan und ande­ren Schwer­me­tal­len in einem Tage­bau auf Gemein­schafts­land in Xolo­be­ni durch ein loka­les Toch­ter­un­ter­neh­men des aus­tra­li­schen Kon­zerns Mine­ral Com­mo­di­ties Limi­t­ed (MRC). Das ACC befürch­tet, dass infol­ge des Berg­bau­pro­jekts Hun­der­te Ange­hö­ri­ge der Gemein­schaft der Umgun­gund­l­o­vu von ihrem ange­stamm­ten Land ver­trie­ben wer­den, und dass durch Umwelt­schä­den wie z. B. Was­ser­ver­schmut­zung ihr Recht auf einen ange­mes­se­nen Lebens­stan­dard (ein­schließ­lich Zugang zu sau­be­rem Trink­was­ser) ver­letzt wird. Das ACC besteht aus etwa 3.000 Mit­glie­dern und kämpft seit zehn Jah­ren für die Rech­te der Anwohner_innen, die im Fall einer Berg­bau­li­zenz für die MRC-Toch­ter­ge­sell­schaft gefähr­det wären. ACC-Mit­glie­der sind wegen ihrer Arbeit bedroht und ange­grif­fen wor­den, unter ande­rem auch von Anwohner_innen, die das Berg­bau­pro­jekt unter­stüt­zen. Die Orga­ni­sa­ti­on hat die­se Angrif­fe bei der Poli­zei ange­zeigt, die jedoch größ­ten­teils untä­tig geblie­ben ist. Nach der Tötung von Sik­ho­si­phi Rha­de­be sind füh­ren­de ACC-Mit­glie­der äußerst besorgt um ihre Sicher­heit. Kurz nach dem Vor­fall über­gab die ört­li­che Poli­zei die Unter­su­chung der Tötung an die Ein­heit zur Unter­su­chung schwe­rer Straf­ta­ten (Direc­to­ra­te for Prio­ri­ty Cri­mes Inves­ti­ga­ti­on — DCPI) des natio­na­len Poli­zei­diens­tes. Doch die Ermitt­lun­gen wei­sen eini­ge Män­gel auf, was Zwei­fel dar­an auf­kom­men lässt, ob die Fami­lie von Sik­ho­si­phi Rha­de­be Gerech­tig­keit erfah­ren wird.“ — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 6. Juli 2016 hin­aus, unter > ai : urgent action

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louis im gebirge

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nord­pol : 0.02 — Wie­der wäh­rend der Nacht lan­ge sit­zen. Nichts tun. Nur atmen. Gegen zwei Uhr Abstieg über eine stei­le Trep­pe aus der Kam­mer unter dem Dach, wo im Win­ter Tau­ben woh­nen. Die Stu­fen der Trep­pe knar­ren bei jedem Schritt, seuf­zen, spre­chen. Auf dem stei­len, gefähr­li­chen Pfad in der Nähe des Abgrunds vor der Hüt­te leich­ter, küh­ler Höhen­wind. In den Bäu­men Geräu­sche, als wür­den die Vögel mur­meln im Schlaf. Es ist aber des­halb, weil es nie wirk­lich dun­kel wird unterm Him­mel vol­ler Ster­ne. Stun­den­lang kann man sich von hier aus über das Nahen des Mor­gens strei­ten. Wie ich zurück­kom­me, Licht weit oben, ein klei­nes Fens­ter, alle wei­te­ren Fens­ter sind ohne Licht. Plötz­lich bin ich wie­der bei mir, tre­te in die Kam­mer, die vor Kur­zem noch ohne mich gewe­sen ist. Mein Heft auf dem Tisch. Drau­ßen, von den Wie­sen her, die Nacht­glo­cken der Kühe, lei­se, lei­se. Ich notie­re: Beob­ach­te­te unlängst eine japa­ni­sche Rei­sen­de, die im Flug­ha­fen­su­per­markt mit ihrem Mobil­te­le­fon 1 hal­be Stun­de lang Scho­ko­la­den­en­gel film­te. — stop

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lou­is im
gebirge
22. mai
2016

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schatten eines mädchens

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nord­pol : 0.58 — Ich notier­te: Viel­leicht ist das so, dass sich die See­le eines Ortes, bei­spiels­wei­se die See­le eines Fähr­schif­fes, auf Wör­ter über­trägt, wenn die­se Wör­ter an dem Ort, von dem sie erzäh­len, geschrie­ben wer­den wäh­rend einer län­ge­ren Zeit der Beob­ach­tung. Ich sehe, was ich nicht erfin­den kann. Oder ich erfin­de, was ich nur hier erfin­den kann. Ja, so könn­te das sein. South Fer­ry. Hur­ri­ca­ne Deck. Zit­tern­des, schep­pern­des Brum­men. Obwohl Mai, bläst eis­kal­ter Wind durch eine halb­ge­öff­ne­te Tür ins Inne­re des Schif­fes. Ein Mäd­chen, das unent­wegt lei­se spricht, hüpft über den höl­zer­nen Boden des Decks. May i have your atten­ti­on, plea­se. The Fer­ry is docking short­ly. Die Stim­me des Mäd­chens, die kaum hör­bar ist, aber sicht­bar, spricht die Sät­ze der Maschi­nen­stimm­loops nach. Sie lacht und eilt, ihre Mut­ter hin­ter sich her zie­hend, zum Heck des Schif­fes, wo sich in die­sem Moment das Land dem Schiff durch die Dun­kel­heit in Gestalt einer eiser­nen Brü­cke ent­ge­gen fal­tet, Trom­pe­ten­ge­räu­sche, wim­mern­des Metall, Klän­ge, die das lachen­de Mäd­chen imi­tie­rend zu über­tö­nen sucht. Ein paar Möwen, die dicht über dem Schiff krei­sen, ver­ren­ken ihre Köp­fe, als ob sie dem Mäd­chen zuhö­ren wür­den. — stop
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