Aus der Wörtersammlung: gang

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0,087 mm

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india : 0.16 — Drei Jah­re sind seit Ent­de­ckung der Papier­tier­chen ver­gan­gen, ihr küh­ler Mund, ihr Jah­res­atem, der das Volu­men einer Blau­bee­re füllt. stop. Drei Blau­bee­ren Zeit. stop. Denk­bar ist, dass ich in der Beob­ach­tung der Film­strö­me, die mei­nen Com­pu­ter aus Kai­ro errei­chen, eine Vor­stel­lung ent­wi­ckelt habe, inwie­fern sich das Geräusch eines Feu­er­werks­kör­pers von Pis­to­len- oder Gewehr­schüs­sen unter­schei­den könn­te. — stop

ping

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südostnordwest

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tan­go

~ : oe som
to : louis
sub­ject : SÜDOSTNORDWEST
date : july 02 13 8.12 p.m.

Tau­cher Noe seit 851 Tagen unter der Was­ser­ober­flä­che. Tie­fe 812 Fuß. Posi­ti­on: 42°55’NORD 51° 42’ WEST. stop. Es ist kurz nach Mit­ter­nacht, die See wie­der ruhig. Ges­tern, unge­fähr zur sel­ben Tages­zeit, wur­den wir wie aus dem Nichts von einer mäch­ti­gen Wel­le getrof­fen. Bei­na­he wären wir geken­tert. Ent­setzt über das Vor­ge­fal­le­ne, lagen wir eini­ge Minu­ten still. Dann mach­ten wir uns auf die Suche, woll­ten wis­sen, ob wir noch voll­zäh­lig waren. Momen­te vol­ler Demut. Ich erin­ne­re mich an Lid­wi­ens zar­tes, blas­ses Gesicht, wie sie vor dem Funk­ge­rät sitzt und Noe anruft, er möge sich mel­den. Es war wie ein Gebet, sie fürch­te­te, ihn ver­lo­ren zu haben, das Tau, an dem er in der Tie­fe schwebt, könn­te geris­sen sein, aber wir spür­ten ein leich­te, schau­keln­de Bewe­gung unter dem Schiff. Es hat­te den Anschein, als wür­de Noe unter uns durchs Dun­kel pen­deln. Nach einer hal­ben Stun­de gedul­di­gen Hof­fens mel­de­te er sich, woll­te wis­sen, was gesche­hen war. Natür­lich ant­wor­te­ten wir aus­wei­chend, um ihn nicht zu beun­ru­hi­gen. Erst ver­gan­ge­ne Woche war es gewe­sen, da wir Noe erklär­ten, dass zu sei­nen Füßen wei­te­re 10660 Fuß Tie­fe war­te­ten. Noe war für zwei Tage sprach­los gewe­sen, dann begann er Mur­phys Geschich­te zu lesen Stun­de um Stun­de, setz­te immer wie­der von vorn an, das Buch scheint ihn zu beru­hi­gen. In die­sem Moment, da ich Dir schrei­be, geht es wie­der los: Die Son­ne schien, da sie kei­ne ande­re Wahl hat­te, auf nichts Neu­es. Mur­phy saß, als ob es ihm frei stün­de, im Schat­ten, in einer Gas­se West Bromb­tons. Hier hat­te er wohl schon sechs Mona­te lang geses­sen, getrun­ken, geschla­fen, sich an- und aus­ge­zo­gen, in einem mit­tel­gro­ßen Käfig mit Front nach Nord­wes­ten und unun­ter­bro­che­ner Sicht auf mit­tel­gro­ße Käfi­ge mit Front nach Süd­os­ten. – Es ist uns, lie­ber Lou­is, ein gutes Zei­chen, dass Noe wie­der liest. Wir haben ihm ver­spro­chen, noch in die­sem Monat eine Bril­le auf­zu­trei­ben, ein Gestell zu fabri­zie­ren, das an sei­nem Helm befes­tigt wer­den kann. Manch­mal den­ke ich, Noe glaubt uns nicht mehr, kei­nem unse­rer Ver­spre­chen, kei­ner Idee. — Ahoi! Dein OE SOM

gesen­det am
03.07.2013
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oe som to louis »

 

polaroidkueste3

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cairo

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alpha : 4.32 — Ich erin­ne­re mich an ein Gespräch, das ich vor zwei Jah­ren mit einem Bekann­ten führ­te, der lan­ge Zeit in Ägyp­ten leb­te, genau­er in Kai­ro am Nil. Er wur­de in der alten, rie­si­gen Stadt gebo­ren, vor einem hal­ben Jahr­hun­dert. Ich hat­te von unse­rem Gespräch bereits erzählt. Immer, wenn ich ihn seit­her getrof­fen hat­te, stell­te ich ihm Fra­gen: Warst Du zu Hau­se im Som­mer? Wie geht es Dei­ner Fami­lie? Was kos­tet ein Hotel­zim­mer in Kai­ro in siche­rer Lage? Ich bemerk­te, dass Belem sich über mei­ne Fra­gen freu­te, aber er ant­wor­te­te nur sel­ten prä­zi­se, er sag­te immer wie­der, dass es eine Fra­ge des Respekts sei, dass man irgend­wie ler­nen müs­se, gemein­sam zu arbei­ten und zu leben. Vie­le Men­schen sei­en arm, das sei das größ­te Pro­blem, sie könn­ten nicht lesen und schrei­ben. Ein­mal frag­te ich, ob er bereit wäre, einen klei­nen Text aus der ara­bi­schen Spra­che für mich zu über­set­zen, einen Twit­ter­brief, den ich nicht lesen konn­te. Aber das woll­te Belem nicht, er schien sich in die­sem Moment vor mir oder den Zei­len, die ich auf ein Stück Papier gedruckt hat­te,  zu fürch­ten. — Mon­tag. Seit Stun­den kom­me ich nicht wei­ter in der Lek­tü­re digi­ta­ler Nach­rich­ten aus Kai­ro. Ich ver­su­che, zu ver­ste­hen. Es sind sehr selt­sa­me Tex­te, die mir Über­set­zungs­ma­schi­nen lie­fern, Bruch­stü­cke, Ahnun­gen, Wort­sand: Gott Ylank­wa auf der Erde und im Him­mel ein Fluch und Fluch ya Welad El Bha­im o obers­te Kar­te Hun­de vor Aiallk Ein­ak Ahan füh­len Sod­bren­nen Herz Eltern und alle da Les Ahan Scha­fe Iowa euch haben tat­säch­lich Amor­pho­phal­lus Rivie­ri CDDA Scha­fe ich Wor­te von Belei­di­gung und defekt, aber nach Li da Sie lip Tstahl­wa schmut­zigs­ten Belei­di­gung in Alas­han Antua eigent­lich Scha­fe und Hun­de und Skla­ven und Amrk­wa wel­che Hatb­ko­wa brau­chen euch eine Betharb­wa Alhan Cuesh Reli­gi­on und nicht in die Hei­mat Euch Betharb­wa Alhan 7tt jeder Hund und Ely ist Mur­si nicht bei­gelegt. Mur­si da wenn Ragel har­te Masche 7tt Khrong wur­de das Blut Divi­si­on zu hal­ten oder sogar min­des­tens sei­ner Fami­lie und sei­nen Clan aber Lebens­dau­er Staa­ten Khai­nin Brü­dern und bei­de Alai­kum Ya Ya Welad Hun­de Hun­de / Und Gott Staats­si­cher­heit haben sie Gna­de, die uns von DVD Elly Zico Btal­wa ver­ließ die Sicher­heit des Staa­tes und die Her­stel­lung da Ret­tung, wel­che Bek­tosh ken­nen sie lachen über Leu­te und Leu­te ich Tani Les ein Raza Ullah Ein­woh­ner in Sidi Gaber in der elf­ten Run­de ihre Brü­der Embareh Æøá­úæç Úáì Ãç Íþæã Èå Archi­tek­tur und schla­gen den Por­tier und sie in ihrer Woh­nung waren und eine Stim­me hör­te zu mir spre­chen und ich traf den Schuss und Aial­ha Hor­ror und wein­te und floh die besetz­ten Ober­flä­che Btaa Archi­tek­tur, und Vio­li­ne von Atrmi wur­de die Vio­li­ne ein Ver­bre­cher und Embareh füh­ren den Sicher­heits­sta­tus / Ers­te Bewer­tun­gen über den Stau­see ist klar, dass Kin­der nicht müs­sen manu­el­le Illus­tra­tor Gabe Archi­tek­tur der Ein­gang Por­tal Teil­neh­mer arbei­ten und mehr Men­schen sind ent­we­der Kin­der, ihre Eltern-Wäch­ter, die nur Sie der Stau­see-Ent­wick­lung her­aus­neh­men, aber sie Men­schen, die sie benö­ti­gen sind, um Schutz gegen unse­re Herrn sagen Ahan Mikhlinash Brü­der hass­te Sie jeden Bedarf wir sagen ganz klar die Sze­ne zu einem mei­ner Brü­der ist Bdkon NAS Keteer sehr Päd­ago­gen Dkonhm Ägyp­tens und Fami­li­en starr­te ist rüh­rend, mei­ne Brü­der und Les in eine fes­te Schie­ne Und sie neh­men ihre Mode Welaikh und Gen­tle­man und Men­schen Wakhd­in­ha das Alter des Pro­phe­ten Chris­ti­an Leh­man Daq­qoun Kin­der-und Jugend­sport hal­ten Masche einer Bank, es nicht Brü­der, ist vor­aus­ge­setzt die Tah­r­ir Daq­qoun Kteer waren die Rebel­len, nicht Brü­der natür­lich sage ich allen mein Ziel, dass alle Medi­en benö­tig­ten zu Fuß und wir sahen, Schlie­ßung des Auges Ehna Lina in ich weg­ge­las­sen Z Mabens­hov CBC tags­über Dream­Works benö­tigt, fin­den Sie unter Nile News und Ara­bisch und Al-Jaze­era sie­he Ent­war­nung Not­wen­dig­keit gezeigt Nicht alle Kanä­le Val­fol Wahr­heit und Bedau­ern-Ver­län­ge­rung. — stop
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sieben punkte

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hima­la­ya : 5.06 — Drau­ßen, vor weni­gen Stun­den noch, rausch­te Was­ser vom Him­mel. Aber jetzt ist es still. Es ist eine tat­säch­lich nahe­zu geräusch­lo­se Nacht. Die letz­te Stra­ßen­bahn ist längst abge­fah­ren, kein Wind, des­halb auch die Bäu­me still und die Vögel, alle Men­schen im Haus unter mir schei­nen zu schla­fen. Für einen Moment dach­te ich, dass ich viel­leicht wie­der ein­mal mein Gehör ver­lo­ren haben könn­te, ich sag­te zur Sicher­heit ein Wort, das ich ges­tern ent­deck­te: Kapr­un­bi­ber. Das Wort war gut zu hören gewe­sen, mei­ne Stim­me klang wie immer. Aber auf dem Fens­ter­brett hockt jetzt ein Mari­en­kä­fer, einer mit gel­bem Pan­zer, sie­ben Punk­te, ich habe nicht bemerkt, wie er ins Zim­mer geflo­gen war. Es ist nicht der ers­te Käfer die­ses Jah­res, aber einer, den ich mit ganz ande­ren Augen betrach­te. Ich hat­te für eine Sekun­de die Idee, die­ser Käfer könn­te viel­leicht ein künst­li­cher Käfer sein, einer, der mich mit dem Vor­satz besuch­te, Foto­gra­fien mei­ner Woh­nung auf­zu­neh­men, oder Gesprä­che, die ich mit mir selbst füh­re, wäh­rend ich arbei­te. War­um nicht auch ich, dach­te ich, ein Ziel. Ich nahm den Käfer, der sei­ne Geh­werk­zeu­ge unver­züg­lich eng an sei­nen Kör­per leg­te, in mei­ne Hän­de und trans­por­tier­te ihn in die Küche, wo ich ihn in das grel­le Licht einer Tisch­lam­pe leg­te. Wie ich ihn betrach­te­te, bemerk­te ich zunächst, dass ich nicht erken­nen konn­te, ob der Käfer in der künst­li­chen Hel­lig­keit sei­ne Augen geschlos­sen hat­te. Weder Herz­schlag noch Atmung war zu erken­nen, auch nicht unter einer Lupe, nicht die gerings­te Bewe­gung, aber ich fühl­te mich von dem Käfer selbst beob­ach­tet. Also dreh­te ich den Käfer auf den Rücken und such­te nach einem Zugang, nach einem Schräub­chen da oder dort, einer Ker­be, in wel­che ich ein Mes­ser­werk­zeug ein­füh­ren könn­te, um den Pan­zer vom Käfer zu heben. Man stel­le sich ein­mal vor, ein sehr klei­ner Motor wäre dort zu fin­den, Mikro­fo­ne, Sen­der, Lin­sen, es wäre eine unge­heu­re Ent­de­ckung. Gegen­wär­tig zöge­re ich noch, den ers­ten Schnitt zu setz­ten, es reg­net wie­der, jawohl, ich wer­de am bes­ten zunächst noch ein wenig den Regen beob­ach­ten, es ist kurz nach drei. – stop

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tod in peking 3

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oli­mam­bo : 3.12 — Wie­der nach Spu­ren des Foto­gra­fen Ted­dy S. in digi­ta­len Räu­men gesucht, sie­ben Mona­te sind ver­gan­gen, seit er in Peking starb. Es ist merk­wür­dig. Ich kann mit­tels der Such­ma­schi­nen, die mir zur Ver­fü­gung ste­hen, kei­ne Nach­richt fin­den, die davon erzählt, dass er nicht mehr am Leben ist. Weder eine Todes­an­zei­ge noch eine Fra­ge nach sei­nem Ver­bleib ist zu ent­de­cken, aber nach wie vor Hin­wei­se auf sei­ne Arbeit, Foto­gra­fien, Noti­zen, Meta­da­ten zu Licht­fang­ma­schi­nen. Die letz­te schrift­li­che Nach­richt Ted­dys wur­de an einem Flug­ha­fen auf­ge­ge­ben. Es ist der 10. Okto­ber 2012: Pack­ing my bags for ano­ther trip to Chi­na. Tonight I’ll fly to Shang­hai and a litt­le later to Bei­jing for a lon­ger stay. Extre­me­ly hap­py to be back so fast after my last stay in August. — Wenn nun ein Mensch nach ihm such­te, weil er sich nach lan­ger Zeit an Ted­dy erin­ner­te, wenn er ihn nicht per­sön­lich antref­fen könn­te, an Tele­fo­nen nicht und hin­ter E‑Mail-Adres­sen, weil sei­ne vor­dem treu­en Ser­ver­ma­schi­nen Ted­dy nicht län­ger ken­nen, wür­de das Ende sei­nes Lebens viel­leicht denk­bar wer­den. Nichts mehr kommt hin­zu, weder Foto­gra­fien noch Wör­ter. — 27. Juni: A mes­sa­ge that you sent could not be deli­ver­ed to one or more of its reci­pi­ents. This is a per­ma­nent error. The fol­lo­wing address(es) fai­led: t.s@gmx.de SMTP error from remo­te mail ser­ver after RCPT TO:: host mx01.gmx.net [213.165.67.97]: 550 Reques­ted action not taken: mail­box unavailable. This is a copy of the mes­sa­ge, inclu­ding all the hea­ders. Return-path: Recei­ved: from fwd55.aul.x (fwd55.aul.x ) by mai­lout x with smtp id 1UsMG3-00075X-W9; Fri, 28 Jun 2013 02:09:48 +0200 Recei­ved: from local­host (Z w u h M r Z f Y h P e h n f I Z 0 n a e u s T F — d y f y 2 k j p g p s 3 4 m W f n T j B r a Y B Y k g O l M E e t S t u E g P p @ [ 1 7 2 . 2 0 . 1 0 1 . 1 2 4 ] ) by with esmtp id 1UsMG3-3aLg­s­C0; Fri, 28 Jun 2013 02:09:47 +0200 MIME-Ver­si­on: 1.0 Recei­ved: from 79.218.83.163:30332 by cmpweb56.aul.t‑online.de with HTTP/1.1 (NGCS V4‑0–19‑4 on API V3-11–28‑0) Date: 23 Jun 2013 02:09:47 +0200 — Rep­ly-To: To: t.s@gmx.de X‑Priority: 3 X‑UMS: E‑Mail X‑Mailer: DTAG NGCS V4‑0–19‑4 Sub­ject: fra­ge — Con­tent-Type: multipart/alternative; boundary=“=_0 f a 1 e 2 5 5 2 f 2 0 f 4 b e 2 7 4 6 f 4 5 c 4 7 f 7 b 2 0 0” Mes­sa­ge-ID: <1UsMG3-3aLgsC0@fwd55.aul.x> X‑ID: Z w u h M r Z f Y h P e h n f I Z 0 n a e u s T F — d y f y 2 k j p g p s 3 4 m W f n T j B r aY B Y k g O l M E e t S t u E g P p@x.net X‑TOI-MSGID: a e 6 4 0 9 f b — 1 8 7 0 — 4 5 a 9 — b 0 8 b — 9 2 2 8 6 6 a 4 d b a 9 –=_0 f a 1 e 2 5 5 2 f 2 0 f 4 b e 2 7 4 6 f 4 5 c 4 7 f 7 b 2 0 0 Con­tent-Type: text/plain; charset=“UTF‑8” Con­tent-Trans­fer-Enco­ding: 7bit — WO BIST DU? –=_0 f a 1 e 2 5 5 2 f 2 0 f 4 b e 2 7 4 6 f 4 5 c 4 7 f 7 b 2 0 0 Con­tent-Type: text/html; charset=“UTF‑8” Con­tent-Trans­fer-Enco­ding: quo­ted-prin­ta­ble — stop

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regen

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ulys­ses : 6.06 — Ges­tern Abend tele­fo­nier­te ich mit einer Freun­din. Sie hat­te kurz zuvor geschrie­ben, Hoch­was­ser habe den Kel­ler ihres Hau­ses erreicht. Sie erzähl­te, das Was­ser kom­me nun durch zwei klei­ne Löcher in Boden und Wand her­ein, 5 Liter in einer hal­ben Stun­de. Ich hör­te ihre Stim­me, erschöpft, müde, sie wol­le sich einen Wecker stel­len und jede hal­be Stun­de Was­ser schöp­fen. Eine har­te Sache, die noch einen Tag und eine gan­ze Nacht so wei­ter­ge­hen kön­ne. Wäh­rend wir spra­chen, war das Geräusch trop­fen­den Was­sers im Hin­ter­grund zu ver­neh­men, als wür­de mei­ne Gesprächs­part­ne­rin in einer Höh­le sit­zen, in einer ent­fern­ten Zeit, auf dem Mond oder auf dem Mars. Als ich klein und sehr uner­fah­ren gewe­sen war, hat­te ich die Vor­stel­lung, nach star­kem Regen könn­te das Was­ser in Tele­fon­lei­tun­gen drin­gen. Ich wun­der­te mich des­halb, dass das Tele­fo­nie­ren nach Gewit­ter­re­gen noch funk­tio­nier­te. Wenn ich dann etwas spä­ter durch den Gar­ten spa­zier­te, mein­te ich zu beob­ach­ten, wie unse­re Tele­fon­lei­tun­gen aus dem Boden flüch­te­ten. Sie hat­ten sich zu Tei­len auf­ge­löst und schlän­gel­ten, hell­ro­te, glän­zen­de Wür­mer, durch das feuch­te Gras. Ich konn­te sie berüh­ren, und wenn ich sie ihn mei­ne Hän­de nahm, kit­zel­te es sehr ange­nehm auf den Hand­flä­chen. Ein­mal setz­te ich eine flüch­ten­de Tele­fon­lei­tung in ein Mar­me­la­den­glas. Es waren ein gutes Dut­zend Wür­mer gewe­sen, die sich um Aus­gang bemüh­ten. Ich beäug­te sie lan­ge Zeit, die Wän­de des Gla­ses beschlu­gen rasch, sodass ich das Glas immer wie­der öff­nen muss­te. Wenn ich mein Ohr an den Behäl­ter drück­te, konn­te ich sie hören, einen eigen­tüm­li­chen Laut der Not, für des­sen Beschrei­bung ich bis­her kein Wort ent­deck­te. Damals nahm ich das Glas mit in mein Zim­mer. Ich stell­te es unter mein Bett. Am nächs­ten Mor­gen hat­te ich sei­ne Exis­tenz ver­ges­sen. — stop

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am Wasser

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gink­go : 2.08 — Eine Foto­gra­fie, die mich ges­tern Abend per E‑Mail erreich­te, zeigt eine älte­re Frau auf der Dach­ter­ras­se eines Hau­ses, das voll­stän­dig aus Holz zu bestehen scheint. Das Gebäu­de befin­det sich an der Küs­te des Atlan­tiks auf Sta­ten Island. Ein blü­hen­der Gar­ten umgibt das Anwe­sen weit­räu­mig, man kann das gut erken­nen, weil der Foto­graf zum Zwe­cke der Auf­nah­me auf einen höhe­ren Baum gestie­gen sein muss, im Hin­ter­grund das Del­ta des Lemon Creek, zwei schnee­wei­ße Segel­boo­te, die vor Anker lie­gen, und Schwä­ne, sowie ein paar ame­ri­ka­ni­sche Sil­ber­mö­wen, die sich zan­ken. Die Frau nun winkt mit ihrer lin­ken Hand zu dem Foto­gra­fen hin. Mit der ande­ren Hand drückt sie ihren Som­mer­hut fest auf den Kopf, ver­mut­lich des­halb, weil an dem Tag der Auf­nah­me eine fri­sche Bri­se vom Meer her weh­te. Far­ben sind auf dem Schwarz-Weiß-Bild nur zu ver­mu­ten. Ich erin­ne­re mich jedoch, dass mir jemand erzähl­te, das Haus sei in einem leuch­ten­den Rot gestri­chen. Bei der Frau auf der Foto­gra­fie han­delt es sich übri­gens um Emi­ly im Alter von 62 Jah­ren. Ich kann das so genau sagen, weil in einer Notiz, die der E‑Mail bei­gefügt wur­de, einen Hin­weis zu fin­den war, eben auf Emi­ly, die sich im Moment der Belich­tung auf der Dach­ter­ras­se ihres Hau­ses damit beschäf­tig­te, eine Salz­wie­se anzu­le­gen: Das ist mei­ne Emi­ly als sie noch leb­te. Ein hei­ßer Tag. Wir waren von einem Spa­zier­gang zurück­ge­kom­men, hat­ten in Ufer­nä­he Salz­mie­ren, Strand­a­s­tern, Mit­tags­blu­men, Fuchs­schwän­ze, Blei­wurz und Was­ser­nüs­se gesam­melt. Am Nach­mit­tag mach­te sich Emi­ly an die Arbeit. Sie brach­te san­di­ge Erde auf ihren Blu­men­ti­schen aus, in wel­cher Lei­tun­gen für Flut, für Ebbe ver­bor­gen lagen. Sie war glück­lich gewe­sen, aber sie ahn­te bereits, dass das Was­ser stei­gen wird. Sie fürch­te­te sich vor den Win­ter­stür­men, ihren Namen, ihrer tosen­den Wild­heit. An dem Abend, als ich die Auf­nah­me mach­te, sag­te Emi­ly, dass es selt­sam sei, sie habe das Gefühl, an einem Ort zu woh­nen, der eigent­lich bereits dem Meer gehö­re. Dein S. – stop
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ai : KOLUMBIEN

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MENSCH IN GEFAHR : „Das Haus des indi­ge­nen Men­schen­rechts­ver­tei­di­gers Pedro Manu­el Lope­re­na im Nord­os­ten Kolum­bi­ens wur­de am 11. Mai von einer Gra­na­te getrof­fen. / Am 11. Mai war­fen zwei unbe­kann­te Motor­rad­fah­rer eine Gra­na­te auf das Haus von Pedro Manu­el Lope­re­na im Bezirk Don Car­me­lo in Val­le­du­par, der Haupt­stadt des Depart­a­men­to Cesar. / Pedro Manu­el Lope­re­na ist Koor­di­na­tor der Men­schen­rechts­kom­mis­si­on der Indi­ge­nen­ver­ei­ni­gung Orga­ni­za­ción Wiwa Yugu­mai­un Bun­ku­a­nar­rua Tay­ro­na (OWYBT), die das indi­ge­ne Volk der Wiwa ver­tritt, wel­ches in der Berg­ket­te der Sier­ra Neva­da de San­ta Mar­ta lebt. Die Men­schen­rechts­kom­mis­si­on setzt sich seit eini­ger Zeit in meh­re­ren Fäl­len für Gerech­tig­keit ein, bei denen es um die Ver­let­zung der Men­schen­rech­te geht, wie z. B. im Fall der außer­ge­richt­li­chen Hin­rich­tung von elf Ange­hö­ri­gen der Gemein­schaft der Wiwa durch Sicher­heits­kräf­te zwi­schen dem 15. Febru­ar 2005 und dem 3. August 2006 sowie in ande­ren Fäl­len, in denen auf der einen Sei­te Sicher­heits­kräf­te gemein­sam mit Para­mi­li­tärs, auf der ande­ren Sei­te Gue­ril­la­ein­hei­ten Men­schen­rechts­ver­stö­ße began­gen haben. Die Men­schen­rechts­kom­mis­si­on kämpft zudem gegen zahl­rei­che Bergbau‑, Infra­struk­tur- und Tou­ris­mus­pro­jek­te im Gebiet der Sier­ra Neva­da, da das Volk der Wiwa der Ansicht ist, die­se Pro­jek­te wür­den ihre Nah­rungs­mit­tel­ver­sor­gung ein­schrän­ken, ihre tra­di­tio­nel­le Lebens­wei­se beein­träch­ti­gen und somit ihr Über­le­ben gefähr­den. Pedro Manu­el Lope­re­na hat sich zudem öffent­lich gegen das anhal­ten­de Ope­rie­ren von ille­ga­len bewaff­ne­ten Grup­pen im Lebens­raum der Wiwa aus­ge­spro­chen. / Zum Zeit­punkt des Gra­na­ten­an­schlags auf das Haus von Pedro Manu­el Lope­re­na befan­den sich zudem sei­ne Frau, die im Büro des Men­schen­rechts­be­auf­trag­ten (Defen­so­ría del Pue­blo) als Ver­tre­te­rin der Gemein­schaft tätig ist, sowie sei­ne vier Kin­der (sie­ben, zehn, 18 und 19 Jah­re alt) im Haus. Nie­mand von ihnen kam bei der Explo­si­on zu Scha­den. / Im Febru­ar wähl­te die Gemein­schaft der Wiwa neue Gemein­de­spre­che­rIn­nen. Das kolum­bia­ni­sche Innen­mi­nis­te­ri­um hat sich bis­lang gewei­gert, die neu­en Spre­che­rIn­nen anzu­er­ken­nen.” — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 27. Juni 2013 hin­aus, unter »> ai : urgent action

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sier­ra : 5.28 — Eine Amei­se hat­te trotz der gro­ßen Höhe, in der sich mei­ne Woh­nung befin­det, zu mir gefun­den. Sie klet­ter­te vor­sich­tig gegen den Boden zu, tas­te­te sich über war­mes Holz, erreich­te ein Tisch­bein, um kurz dar­auf direkt vor mei­nen Augen zu erschei­nen. Viel­leicht wird sie mei­nen Atem wahr­ge­nom­men haben, einen Wind, denn sie duck­te sich kurz, ich hat­te den Ein­druck, dass sie mich betrach­te­te. Aber dann lief sie wei­ter, umrun­de­te mei­ne Schreib­ma­schi­ne, kreuz­te über den Tisch, um auf der ande­ren Sei­te wie­der abzu­stei­gen und in der Dun­kel­heit des Fens­ters zu ver­schwin­den. Nur weni­ge Minu­ten spä­ter, ich hat­te das Zim­mer kurz ver­las­sen, beweg­te sich eine dun­kel schim­mern­de Amei­sen­her­de exakt auf dem Pfad, den zuvor das ein­sa­me Tier genom­men hat­te, durch den Raum. Ein doch äußerst bemer­kens­wer­ter Vor­gang. Mög­li­cher­wei­se hat­te es sich zunächst um eine Kund­schaf­ter­amei­se gehan­delt, die mich besuch­te. Ihre Brü­der, ihre Schwes­tern waren nun sehr ziel­stre­big in mei­nem Zim­mer unter­wegs. Ich mein­te, das Geräusch hun­der­ter Bei­ne ver­neh­men zu kön­nen. Sie tru­gen Papie­re in ihren Zan­gen wie Fah­nen. Tat­säch­lich waren Zei­chen oder Tei­le von Zei­chen auf der Amei­sen­beu­te zu erken­nen, die sie gleich hin­ter mei­ner Schreib­ma­schi­ne zu einem Berg schich­te­ten, um sofort wie­der zum Boden hin abzu­stei­gen. Nach einer hal­ben Stun­de, alle Amei­sen waren ver­schwun­den, schloss ich das Fens­ter. Ich hät­te schwö­ren kön­nen, mir den Besuch der Amei­sen nur ein­ge­bil­det zu haben, wenn nicht auf dem Tisch das Papier­werk der Wan­de­rer als Beweis zurück­ge­blie­ben wäre. Natür­lich mach­te ich mich sofort an die Arbeit. Eine Stun­de ver­ging, dann war ich mir sicher gewe­sen, dass es sich bei dem Arte­fakt auf mei­nem Tisch um eine ein­zel­ne, zer­teil­te Buch­sei­te han­deln muss­te. Vier wei­te­re Stun­den spä­ter hat­te ich die Sei­te und ihre Zei­chen rekon­stru­iert. Fol­gen­der Text wur­de sicher­ge­stellt: ZUVIEL / Die Welt ist „unzähl­bar“, gefüllt mit Din­gen, Büchern, Büchern, die über Din­ge spre­chen, / die Welt trägt zusam­men und die Bücher tra­gen zusam­men, was die Welt zusam­men­trägt, / und auf sei­nem Tisch Bücher und noch­mals Bücher zu sehen / und Foto­bü­cher, Kunst­bü­cher und Bücher, die von ande­ren Büchern reden, und sich nun selbst eben­falls anschi­cken, die Welt auf einem Blatt Papier zu erfas­sen, die­se ver­fluch­te Sum­me von Aus­las­sun­gen zu erfas­sen, um dem Sta­pel noch ein eige­nes Echo hin­zu­zu­fü­gen … Es ist fünf Uhr gewor­den. Ich bin zufrie­den. Ich habe den Ursprung des Tex­tes erin­nert. Er wur­de von Yas­mi­na Reza in ihrer Sona­te Ham­mer­kla­vier ver­öf­fent­licht und von Eugen Helm­lé aus der fran­zö­si­schen in die deut­sche Spra­che über­tra­gen. Drau­ßen wird es lang­sam hell, Regen fällt. — stop
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mr. ganga datt padong

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echo : 5.15 — Nicht zum ers­ten Mal stell­te ich mir eine Minu­te vor, dann eine Stun­de, dann einen Tag. Ich stand auf und ging von Zim­mer zu Zim­mer. Ich aß eine Bana­ne, sah aus dem Fens­ter, set­ze mich an den Schreib­tisch und stell­te mir eine Woche vor, dann einen Monat, dann ein Jahr. Und wie­der sah ich aus dem Fens­ter, ver­ließ das Haus, spa­zier­te, kam zurück und mach­te einen Plan. Ich mach­te ihn gründ­lich, ich for­mu­lier­te die alt­be­kann­te Fra­ge, ob es wohl mög­lich ist, einen Zeit­raum von 5022 Jah­ren zu den­ken, das heißt, ein Gefühl zu fin­den für eine bibli­sche Zeit­di­men­si­on? Bald war Abend, bald war Nacht gewor­den und ich habe mich mit der Suche und Erfin­dung von Namen ver­gnügt. Wenn ich aus dem Fens­ter schaue, die Kro­nen der Bäu­me unter mir, in wel­chen Vögel schla­fen, fal­len mir tat­säch­lich sehr schö­ne Namen ein, Namen, die es ver­dien­ten, dass man die Geschich­ten, die hin­ter ihnen ste­hen, auf­spü­ren wird. Über­haupt sind Namen, genau genom­men, die Geräu­sche, die sie im Kopf erzeu­gen, gut dazu geeig­net, erzähl­ba­re Räu­me zu öff­nen. Einer der heu­te Nacht gefun­de­nen Namen lau­tet so: Mr. Ganga Datt Padong. Ich bemerk­te, dass ein Mann, der die­sen Namen tat­säch­lich trägt, sich ein­mal bei mir mel­den könn­te. Er schreibt: Mr. Lou­is, ich habe in die Such­ma­schi­ne geschaut. Woher ken­nen Sie mei­nen Namen? Ich ant­wor­te: Ver­ehr­ter Mr. Padong, ich habe Sie und ihren Namen erfun­den, könn­ten wir viel­leicht Freun­de wer­den? — Fol­gen­de Namen sind wei­ter­hin ver­zeich­net: Han­nah Pie­pen Pal­le Peter­son Pete Mai­do Franz Dant­zer Swet­la­na Anti­bes Julie P. Gol­ding Emil Dimit­rov Zine Hamm­dai Max Bus­ser Mer­go­zi­le Bier­manns Sophia Wie­sel­ha­gen Sarah Loui­sa Emmer Vero­ni­ka Pig­mat­ter Bas­heer Zeid Chris­tie Lee Ewe­li­na Zen­c­zak Miria Iri­na Save­do Sam Kek­ko­la Hoah Phat Cynet­te Krom­bou­te Laris­sa Todic Linea Apo Ludu Hil­mer Lil­li Marie Lorenz. — stop

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