echo : 22.58 — In dem unterirdisch im Verborgenen liegenden Saal, von dem ich berichte, arbeiten 5756 Menschen. Gerade eben hat die Nachtschicht begonnen. Es ist feucht und warm, 36° Celsius, feiner warmer Regen hängt in der Luft, auch ein Rauschen vielfältiger Stimmen, die flüstern. Man sitzt vor kleinen Tischen, welche mit dem Boden verschraubt worden sind, wie auch die Stühle, auf welchen man arbeitet in allen möglichen Positionen. Über jedem der 5756 Tische befindet sich ein Körbchen, dort ruhen Briefe, die scheinbar endlos von der Decke wie vom Himmel fallen. Beobachtet man nun einen der Tische genauer und für eine gewisse Zeit, wird man bemerken, dass es sich bei der Arbeit der Menschen, die sich im Saal eingefunden haben, um die Arbeit des Brieföffnens handelt, keine körperlich schwere Arbeit, weil die Luft des Saales so feucht ist, dass sich die Briefumschläge in den Händen der arbeitenden Menschen wie von selbst öffnen wollen. Kaum liegen die Eingeweide eines der Briefe flach auf dem Tisch, werden sie fotografiert von allen Seiten her, um sodann wieder in ihren Umschlag gelegt und verschlossen zu werden. Eine Wolke von Klebstoff tritt zu diesem Zweck aus einer Düse, die sich je an der rechten Seite der Tische befindet, eine Art Rüssel, aus welchem kurz darauf ein heißer Luftstrom pfeift. Prüfende Blicke, ist alles so gefaltet und beschriftet wie vor der Öffnung gewesen? Und schon fällt der nächste Brief auf den Tisch, wird geöffnet, belichtet, verschlossen, in Form gepresst, Minute um Minute, ein Brief und noch ein Brief, gelesen wird an anderer Stelle, es ist viel zu warm hier, um noch studieren und nachdenken zu können, rasende Pulse. Da und dort fallen Sand, fallen glitzernde Papierherzen aus den geöffneten Kuverts, Schlüssel, Gebetsketten, Banknoten, Federn, digitale Speicherkärtchen, auf welchen, faszinierend, weitere geheime Schriftstücke zu entdecken sind. – stop / Versuchsanordnung
Aus der Wörtersammlung: iss
ferdinands letztes ende
sierra : 5.52 — Vom Ferdinand habe ich lange Zeit nichts gehört. Als ich das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte, war ich überzeugt gewesen, dass er gefährlich geworden war, verrückt, er brüllte herum, sobald er bemerkte, dass man ihm nicht länger zuhören wollte. Kurz darauf plötzlich Stille. Kein Anruf, niemand hatte ihn gesehen, niemand erwähnte seinen Namen, ich traf ihn niemals auf der Straße, nicht im Kino, nicht in den Cafés, nicht im Theater, als wär er eine Erfindung gewesen. Wenn ich an ihn dachte, sagte ich leise, gut so, vielleicht bist du tatsächlich nicht länger hier. Bei dem Gedanken aber, dass er überhaupt aufgehört haben könnte zu existieren, hatte ich ein eigenartiges Gefühl, als ob ich etwas versäumte, noch einmal ein Gespräch, ein oder zwei Fragen, ein Spaziergang ohne zu sprechen, eine Korrektur. Deshalb doch leise Freude, als er anrief, fragte, ob er mich treffen könne. Fünf Jahre, wie die Zeit vergeht, wie siehst du denn aus, kennen wir uns noch? Ich sagte, dass ich mich vermutlich kaum verändert haben würde, und sofort erwiderte er, dass auch er sich kaum verändert habe, dass er noch immer derselbe sei, ein paar neue Zellen, sonst aber derselbe. Also habe ich mich gefreut, dass Ferdinand noch lebte, obwohl wir uns nicht wiedersehen werden, weil er immer noch derselbe ist, weil er unverzüglich losbrüllte am Telefon, als ich von ihm wissen wollte, ob er noch immer gern betrunken sei. Er brüllte also, dann legte er auf. Das war so, als ob er in diesem Moment aufhörte zu atmen, Ruhe, Frieden, ein stillstehendes Herz. — Späte Nacht. Sitze auf einem Stuhl am Fenster und lese im neuen Salterroman. Habe das Buch in zweifacher Ausgabe, einerseits einen schweren Körper, in dem ich blättern kann, anderseits einen derart leichten elektrischen Körper, dass mein Notebook kein Gramm schwerer wurde, als der Roman durch die Leitung zu mir gesendet wurde. All night in darkness the water sped past. — stop
ai : TSCHECHISCHE REPUBLIK
MENSCH IN GEFAHR: „Tatiana Paraskevich, eine Asylbewerberin aus Kasachstan, befindet sich seit mehr als 18 Monaten in der Tschechischen Republik in Haft. Ihr droht nun die unmittelbare Auslieferung in die Ukraine oder die Russische Föderation. In beiden Fällen wird sie anschließend vermutlich nach Kasachstan zurückgeführt, wo ihr aufgrund ihrer Verbindungen zu dem kasachischen Oppositionellen Mukhtar Ablyazov Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren drohen. / Die 49-jährige Tatiana Paraskevich besitzt die russische und die kasachische Staatsbürgerschaft und befindet sich derzeit als Asylbewerberin in der Tschechischen Republik. Sie wurde im Mai 2012 mit einem Haftbefehl von Interpol verhaftet, als sie sich in Karlovy Vary (Karlsbad) im Nordwesten Tschechiens wegen eines Herzleidens medizinisch behandeln ließ. Im Juni 2012 beantragten die ukrainischen Behörden wegen vermeintlicher Finanzdelikte die Auslieferung von Tatiana Paraskevich. Zudem haben die russischen Behörden ein Auslieferungsersuchen eingereicht. Der Gerichtshof in Pilsen hat zweimal gegen die Auslieferung von Tatiana Paraskevich in die Ukraine geurteilt: im Oktober 2012 und im Januar 2013. Im Februar 2013 entschied der Oberste Gerichtshof in Prag jedoch, dem Auslieferungsersuchen stattzugeben. Ein anschließendes Rechtsmittel vor dem Verfassungsgericht wurde im Mai 2013 zurückgewiesen. Einen Monat zuvor, im April 2013, hatte Tatiana Paraskevich Asyl beantragt, die Entscheidung über die Asylgewährung steht jedoch aus. Nach gegenwärtigem tschechischem Recht kann die Auslieferung eineR AsylbewerberIn nicht erfolgen, solange das Asylverfahren noch läuft. Tatiana Paraskevich befindet sich seit über 18 Monaten in Pilsen in Haft. /Die Auslieferungsersuchen der ukrainischen und russischen Behörden sind allem Anschein nach auf die Verbindungen von Tatiana Paraskevich zu dem kasachischen Oppositionellen Mukhtar Ablyazov zurückzuführen. Dieser war 2009 aus Kasachstan geflohen und wurde 2011 in Großbritannien als Flüchtling anerkannt. Mukhtar Ablyazov befindet sich derzeit in Frankreich in Auslieferungshaft. Auch er soll in die Ukraine oder die Russische Föderation ausgeliefert werden. Tatiana Paraskevich ist die ehemalige Geschäftsführerin einer Investmentgruppe. Ihr wird von der ukrainischen sowie der russischen Staatsanwaltschaft vorgeworfen, zusammen mit Mukhtar Ablyazov Finanzdelikte begangen zu haben. Mukhtar Ablyazov ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der kasachischen BTA Bank. / Auf der Grundlage des Völkerrechts hat die Tschechische Republik die uneingeschränkte Verpflichtung, niemanden in ein Land auszuliefern, in dem ihm oder ihr Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverbrechen drohen. Dies bezieht sich auch auf die Abschiebung in Länder, in denen einer Person die Rückführung in ein anderes Land droht, in dem sie wiederrum solchen Verstößen ausgesetzt wäre. Die tschechischen Behörden müssen also die Auslieferung von Tatiana Paraskevich in die Ukraine oder die Russische Föderation verhindern, denn dies würde einen Verstoß gegen die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Tschechiens darstellen.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 2. Dezember 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action
im gebirge
echo : 22.02 — Vor längerer Zeit begegnete mir ein alter Mann im Gebirge. Ich erinnere mich deshalb gut an ihn, weil er rasant aufwärts gestiegen war. Er musste über achtzig Jahre alt gewesen sein, ich war damals Mitte dreißig, konnte ihm aber nicht folgen. Er trug ein kariertes Hemd, dessen Muster durch dichten Nebel leuchtete, der sich langsam über den Rücken des Berges bewegte. Ameisen überquerten die steinigen, sehr steilen Pfade. Sie waren so leise wie die Wolken um uns her. Auch der alte Mann bewegte sich fast geräuschlos. Manchmal hörte ich einen Stein, der abwärts rollte und das Pfeifen der Dohlen von weit oben. Nach einer Weile war der alte Mann verschwunden, zwei oder drei Stunden später tauchte er in der Nähe des Gipfels wieder auf. Er saß auf einem Stein unweit des Weges. In seiner Nähe, in Sichtweite, war an einem Felsen ein Bildstock befestigt. Das Marterl beherbergte die Schwarz-Weiß-Fotografie eines jungen Mannes. Ich grüßte den alten Mann und stieg weiter zum Gipfel auf. Nach einer halben Stunde machte ich mich auf den Rückweg. An der Stelle, an welcher der alte Mann gerastet hatte, rauften sich ein paar Dohlen um etwas Brot. Noch heute meine ich, ihre schrillen Rufe hören zu können. — stop
ai : SUDAN
MENSCH IN GEFAHR: „Ein Anwalt befindet sich im sudanesischen Bundesstaat Süd-Darfur ohne Anklage in Haft. Er könnte gefoltert und anderweitig misshandelt werden. / Adam Sharief arbeitet als Anwalt und ist Koordinator der Anwaltsvereinigung Darfur Bar Association im sudanesischen Bundesstaat Süd-Darfur. Er wurde am 26. September festgenommen und wird ohne Anklage und Zugang zu einem Rechtsbeistand vom sudanesischen Geheimdienst in Nyala festgehalten. / Sechs Tage vor seiner Festnahme gab Adam Sharief dem unabhängigen Radiosender Radio Dabanga ein Interview. Darin kritisierte er den Gouverneur von Süd-Darfur wegen der schlechten Sicherheitslage in Nyala, der Hauptstadt des Bundesstaates. Er erhob den Vorwurf, die örtlichen Behörden würden Milizen für sich arbeiten lassen, welche die Verantwortung für eine Reihe von Tötungen tragen, die in jüngster Zeit in Nyala begangen wurden. Unter anderem töteten sie Ismail Ibrahim Wadi, einen bekannten Geschäftsmann der Region, sowie dessen Sohn und Neffen. Adam Sharief übte zudem Kritik daran, dass die Sicherheitskräfte am 19. September scharfe Munition gegen Demonstrierende einsetzten, die sich am Tag der Beisetzung von Ismail Ibrahim Wadi versammelt hatten. Berichten zufolge wurden dabei mindestens fünf Menschen getötet und 48 so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. / Amnesty International befürchtet, dass Adam Sharief allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde. Die Organisation fordert daher seine sofortige Freilassung, sofern er keiner als Straftat anerkannten Handlung angeklagt wird.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 13. November 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action
hände
alpha : 3.12 — Ein junger Mann erklärt, was zu tun ist, damit ich unter Menschen, also unter seinen Freunden, nicht unangenehm auffallen werde. Er sagte: Wenn ich Dich mitnehme ins Viertel, hältst Du am besten den Mund. Coole Männer sprechen wenig, und wenn sie einmal sprechen, dann verwenden sie Wörter so sparsam wie möglich! — Der junge Mann, von dem hier die Rede ist, verbrachte seine frühe Kindheit in Marokko. Da, wo ich zu Hause war, das ist ein Dorf oder eine kleine Stadt am Rande des Atlasgebirges, die er jedes Jahr im Herbst besucht. Seine Verwandten leben dort seit Jahrhunderten. Er zeigte mir eine Fotografie, deutete auf ein Haus von rot erdiger Farbe: Das ist das Haus meiner Geburt. Im Hintergrund waren schroffe, baumlose Berge zu erkennen, das Dorf selbst ruhte geborgen in einem Kranz saftiger Wälder, Palmen, Datteln, Feigen, Zypressen, Orangen, Zitronen. Der junge Mann erklärte, das Wasser, das diese schöne grüne Farbe mache, entkomme stetig den steinernen Hügeln nahe der Häuser, die eigentliche Türme seien, steile, enge Treppen führten in Zimmer, welche nach oben hin schmaler und schmaler würden. Ich bin Afrikaner, setzte er hinzu, mit Leib und Seele, eigentlich bin ich mit Leuten wie Dir nicht bekannt, aber nun, da wir uns schon einmal begegnet sind! Wenn ich Dich mitnehme, hältst also am besten den Mund. Sie werden Dich begrüßen, weil sie freundlich sind. Dann hebst Du die rechte Hand bis in Höhe der Schulter, Du öffnest Deine Hand und sie werden einschlagen, sie werden Deine Hand fest drücken und das wird wehtun, aber Du wirst Dir nichts anmerken lassen. Nach einiger Zeit, Du hast nicht gesprochen, sondern nur zugehört, werden sie Dich mögen, weil Du cool bist. Zum Abschied machst Du eine Faust. Mit dem Rücken Deiner Faust berührst den Rücken der Fäuste, die sich Dir entgegenstrecken, dann hast Du alles richtig gemacht, das mit den Händen ist notwendig, und alles ist gut, und Du weißt ein wenig mehr als vorher. — stop
stille
tango : 22.15 — Am 21. Dezember des vergangenen Jahres notiert Wolfgang Herrndorf auf Position Arbeit und Struktur : Agota Kristofs Trilogie zum dritten Mal nacheinander in Folge gelesen, das Personal verirrt sich schon in meine Träume. Einer der eineiigen Zwillinge, Klaus, Schriftsteller wie im Buch, steht von Gaffern und Polizisten umringt auf dem Nürnberger Hauptmarkt und hält ein Manuskript mit dem Titel Die glückliche Stadt hoch, dessen sofortige Publikation er verlangt. Es handle von Ungeheuerem, Skandalösem, Verborgenem. Doch niemand, scheint ihm, nimmt ihn ernst; man behandele ihn wie einen Wahnsinnigen. Ein Polizist sagt: Warum bringen Sie es nicht zur Zeitung, um es dort veröffentlichen zu lassen? / Klaus betritt ein Gebäude, dessen Flure und Räume an einen vor Jahrzehnten stillgelegten Bürokomplex der Deutschen Post erinnern, und gibt sein Manuskript zusammen mit einem kleinen Zettel an der zuständigen Stelle ab. Beim Verlassen der Redaktion bemerkt er, dass alle ihm mitleidig nachschauen. Er kehrt um. Ein junger Mann erklärt: Sie kommen jedes Jahr einmal mit Ihren Dokumenten hierher und geben sie zusammen mit einem Zettel ab, auf dem steht: “Bitte nehmen Sie mein Manuskript entgegen, tun Sie so, als ob Sie es drucken, und lassen Sie mich niemals wissen, was auf diesem Zettel steht.” / Das große Heft. / Der Beweis. / Die dritte Lüge. / Die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts in einer Nussschale, die die Dimensionen eines Riesentankers hat, ungeheuer, wahnsinnig, maximal kaputt. — Stille. - stop
ai : USBEKISTAN
MENSCH IN GEFAHR : “Abdumavlon Abdurakhmonov ist seit April ohne Zugang zu seiner Familie in Usbekistan inhaftiert. Seine Familie befürchtet, dass ihm Folter und andere Misshandlungen drohen. / Der 38-jährige Tadschike Abdumavlon Abdurakhmonov ist am 25. April in Usbekistan angekommen, um sein Kind aus erster Ehe zu besuchen. Er hätte am 28. April wieder nach Tadschikistan zurückkehren sollen. Am 29. April erhielt Abdumavlon Abdurakhmonovs Bruder in Tadschikistan einen Anruf von dessen Ex-Frau, die ihn darüber in Kenntnis setzte, dass Abdumavlon Abdurakhmonov am 27. April vom usbekischen nationalen Sicherheitsdienst festgenommen worden war. Seine Angehörigen hatten seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm. Berichten zufolge wurde er zwei Tage lang auf einer Polizeiwache in Bekobod in Ost-Usbekistan, 150 km von der Hauptstadt Taschkent entfernt, festgehalten. Am 10. Juni erhielt die Familie einen Anruf von einem Mann, der angab, in einer vorübergehenden Hafteinrichtung in Taschkent inhaftiert gewesen zu sein, in der auch Abdumavlon Abdurakhmonov inhaftiert war. Abdumavlon Abdurakhmonovs Familie weiß nicht, ob er Zugang zu einem Rechtsbeistand hat. / Sein Bruder kontaktierte das tadschikische Konsulat in Taschkent, um sich über die Gründe für die Inhaftierung von Abdumavlon Abdurakhmonov zu erkundigen. Das tadschikische Konsulat bat das usbekische Außenministerium um Auskunft und erhielt am 30. Mai die Rückmeldung, dass Abdumavlon Abdurakhmonov nicht von der Polizei in Bekobod festgenommen worden war. Abdumavlon Abdurakhmonovs Vater schrieb daraufhin im Juni an den tadschikischen Menschenrechtsombudsmann, um Unterstützung und Hilfe bei der Aufklärung des Verbleibs seines Sohnes zu erhalten. Der tadschikische Ombudsmann leitete die Anfrage an den usbekischen Ombudsmann weiter. Bisher hat der tadschikische Ombudsmann jedoch keine Antwort erhalten. / Menschen, die ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert sind, drohen unabhängig von der Länge der Inhaftierung Folter und andere Misshandlungen.” — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 2. Oktober 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action
ein faden
victor : 2.37 — Ich habe eine kurze Geschichte entdeckt, vielmehr einen Gedanken oder eine Beobachtung, die bedeutend zu sein scheint. Der ungarische Dichter István Örkény verzeichnet sie in seinen Minutennovellen unter dem Titel Der Sinn des Lebens. Diese Geschichte, ich bin mir nicht sicher, ob ich sie wiedergeben darf, geht so: Wenn wir viele Kirschpaprikas auf einen Faden auffädeln, bekommen wir einen Paprikakranz. Wenn wir sie allerdings nicht auffädeln, bekommen wir keinen Kranz. Dabei sind es genauso viele Paprikas, sie sind genauso rot, genauso scharf. Und trotzdem sind sie kein Kranz. Sollte es nur der Faden sein, der den Ausschlag gibt? Es ist nicht der Faden. Dieser Faden ist, wie wir wissen, ein nebensächliches, drittklassiges Ding. Was ist es dann? Wer sich darüber Gedanken macht und darauf achtet, dass seine Gedanken nicht alle Richtungen abschweifen, sondern in die richtige Richtung voranschreiten, kann großen Wahrheiten auf die Spur kommen. — stop
babuschka
echo : 4.12 — Vor einiger Zeit hatte ich einen Text geschrieben, den ich nur deshalb notierte, um ihn mittels eines Verschlüsselungsprogramms in einen Zustand der Unlesbarkeit zu versetzen. Genaugenommen hatte ich den Text mit einer besonderen Haut, mit einer Zeithaut umgeben. Um ihn nämlich lesen zu können, müsste man den Text zunächst decodieren, das heißt, solange mittels einer Computermaschine seine Öffnung probieren, bis der richtige Schlüssel gefunden ist. Gestern, bei großer Hitze, stellte ich mir vor, was geschehen würde, wenn nun nach Tagen, Wochen oder Jahren des Rechnens das suchende Programm melden würde: Ich bin fündig geworden! Wie ein menschlicher Analyst sich in diesem Moment zufrieden seinem Bildschirm nähert, um festzustellen, dass sich hinter den Zeichen eines verschlüsselten Textes weitere verschlüsselte Zeichen befinden. stop – Auf den ersten Blick ist folgendem kodierten Text nicht anzusehen, hinter wie vielen Zeithäuten sein lesbarer Ursprung verborgen liegen könnte: ANFANG === B U C W 0 G c o a G j I B W W f k p h Z L v 0 h 4 Y J j 9 4 4 t m c e K C l x B M b L 4 q T d x Y I w B U v V 3 E b p b X y A z Y B e R 5 C a 9 n b s E B p U I 6 z q 3 Z C 6 a Q A R Q 1 a 8 P I N 1 j T L B b V 9 e O F 0 j 5 G s F f y 5 E M D 3 5 a r / C G 0 j V z 4 v n e u M z p T K W Y t 4 D m s J t e / F E C Y C a j 3 Z L Z / h l x G M W I 4 7 v 8 / B I g H c E / Q 2 F 9 G s W Z i z Q K 0 7 k t O W 7 8 k S k A t q u J Z 5 2 F A u n a J 6 C G B u A 7 R o C u P p D n C m 8 F 7 9 F E e m H / T T 3 K x z S 7 r 3 i 0 y 4 g M Z u m G m x i A q 4 l z d A x i o P m 0 O I b x M i T I x P w X j 5 A I i 1 z c e + T W i i x A + 6 A h k p q h o n a D e M / y s A l y W r i p 4 s Z m m / q X y n 2 o P H R q z g U i + T s H B c z + J v K 3 A a d v j Z F L 9 i R M s C f m W y U d 6S 4 4 O f z l 8 x P z H B W z 1 H 2 6 z Z o z F s C U U D Y v k +Y N F 0 f U t A y k a Y 7 E L j / u N X s s q 1 K 1 V z A C i z K Z Y 7 F N J C q y t x s Q c b W r C 3 k 4 i f V 1 l K u g f b N i P t y O 8 1 7 e l u y x d r o i d 5 d X 3 E D g O V s X i T e e 5 Q q i 0 U 6 E o 3 G 5 y r 2 9 a f a w X M a U U r Q V d b i U A V 8 F e y 4 m k e W b 9 e u b 1 i S W F g m K y 4 P 1 0 m 0 e 3 x 5 V q b N W c v i 3 6 j L h / u O I j K 8 L s t Y B s 9 F 4 l l c Q A h B J s Q h U 6 i b R U 5 B 4 f g 3 f j r 2 C I i k c M q R U C 4 4 F E u o Y i R w A r D x H W u 2 2 P w 9 d 8 f A 1 f A r 3 5 D l V 3 B G p / J m h b h 8 w F n 7 p v x g x z 9 i b / S h F t K M v 6 l 6 W L A 5 r 7 U F R S O k l C f 0 L H B a J h n V y w Q 0 e Y k 9 w 9 y / Z M 4 Y m F W O T m x 4 s s A W 5 w X 2 N z L g 3 + 9 + d x L 7 T 8 U + A Y C U L b T M J y l M + H Q y S F 7 S T D I / 8 O 6 4 K F 0 4 d 7 g v I === ENDE / codewort : babuschka — stop